Hessen Weiteres Urteil im Skandal um Arbeiterwohlfahrt gefallen
20.10.2025, 16:56 Uhr
Auch nach der Entscheidung gegen den Geschäftsführer einer Awo-Tochterfirma beschäftigt der Skandal die Justiz weiterhin. So warten die Hauptakteure noch auf ihren Prozess.
Frankfurt/Main (dpa/lhe) - Im Zuge der juristischen Aufarbeitung des Skandals um die Frankfurter Arbeiterwohlfahrt (Awo) ist ein weiteres Urteil gefallen. Das Landgericht verurteilte den ehemaligen Geschäftsführer einer Awo-Tochterfirma zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und neun Monaten. Der Mann sei der Untreue in 14 Fällen, der vorsätzlichen Insolvenzverschleppung sowie der Beihilfe zur Untreue und zum Betrug schuldig, sagte die Vorsitzende Richterin der Wirtschaftsstrafkammer. Das Gesellschaftsvermögen habe er "ganz erheblich geschädigt", sein moralischer Kompass sei während seiner Tätigkeit bei der Awo verschoben worden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Der Mann hatte die Awo Protect gGmbH geleitet. Diese war 2017 für Schutzmaßnahmen in Frankfurter Flüchtlingsunterkünften gegründet worden. Im Rahmen seiner Tätigkeit wies der Geschäftsführer die Zahlung von Scheinrechnungen zugunsten etwa von Freunden an, zum Beispiel für angebliche Minijobs.
Spätestens im Herbst 2019 war ihm laut Urteil klar, dass die Firma insolvent war: Das Konto war im Minus, die Gehälter der Mitarbeiter konnten erst nach der Aufnahme von Darlehen überwiesen werden, Rechnungen wurden nicht gezahlt. Der Mann vertuschte die Situation jedoch und nutzte die Darlehen weiterhin zur Begleichung von Scheinrechnungen.
Aufwendige Beweisaufnahme
Der Untreue-Prozess im Frankfurter Landgericht gegen ihn begann im April 2025 und dauerte deutlich länger als geplant. Dies lag auch an der aufwendigen Beweisaufnahme mit zum Teil schwierigen Zeugenvernehmungen. Der Angeklagte gestand zwar die Taten teilweise, aber nach den Worten der Richterin erst, wenn die entsprechenden Beweise vorlagen.
Am Ende der Beweisaufnahme lagen die Anträge von Staatsanwalt und Verteidigung weit auseinander. So plädierte der Anklagevertreter auf eine Haftstrafe von dreieinhalb Jahren. Die Rechtsanwälte des Mannes beantragten eine Bewährungsstrafe von maximal einem Jahr.
Oberbürgermeister verurteilt
Der Awo-Skandal um überhöhte Gehälter, Luxus-Dienstwagen und Scheinanstellungen war im Jahr 2019 nach Medienberichten ins Rollen gekommen. Der frühere Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) wurde wegen Vorteilsannahme verurteilt und musste seinen Posten räumen. Seine frühere Partnerin wurde wegen Beihilfe zur Untreue verurteilt.
Derzeit läuft seit über einem Jahr noch ein Zivilverfahren am Frankfurter Landgericht, in dem die Stadt Frankfurt von der Awo Geld zurückverlangt. Insgesamt beläuft sich die Klage auf rund 2,6 Millionen Euro. Bislang sind Termine bis ins kommende Jahr geplant.
Noch nicht begonnen hat der Hauptstrafprozess gegen das Ehepaar, das die Kreisverbände Frankfurt und Wiesbaden geführt hat. Der nun verurteilte Mann soll mit dem Paar eng in Beziehung gestanden haben.
Quelle: dpa