Rheinland-Pfalz & Saarland Abschied mit offenen Fragen
10.09.2025, 14:03 Uhr
Rheinland-Pfalz will neue Wege im Umgang mit dem Tod gehen. Doch nicht jeder begrüßt die Abschaffung der traditionellen Vorgaben.
Mainz (dpa/lrs) - Die umstrittene Reform des Bestattungsrechts in Rheinland-Pfalz sorgt für Aufmerksamkeit. Stimmt der Landtag in Mainz am Donnerstag zu, soll nach rund 40 Jahren das Gesetz ab Oktober in neuer Fassung gelten. Vorgesehen sind tiefgreifende Änderungen: Die Sargpflicht entfällt, womit Tuch- oder Flussbestattungen möglich werden. Bestatter erhalten eine gestärkte Rolle, insbesondere bei der Verabschiedung am offenen Sarg und der Verstreuung von Totenasche – dies bleibt ihnen vorbehalten.
"Grundsätzlich begrüßen wir als Kirche das Bemühen um ein zeitgemäßes Bestattungsgesetz", sagt der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf. So sei etwa das Thema Bestattung von Sternenkindern in das Gesetz aufgenommen worden - also von Babys, die vor der 24. Schwangerschaftswoche sterben oder mit weniger als 500 Gramm tot auf die Welt kommen. Die Novelle sei ein Antwortversuch auf geänderte Bedürfnisse der Menschen, meint Kohlgraf. "Allerdings bleiben Anfragen an diverse Bestattungsformen bestehen."
Privatisierung von Trauer
"Die Diskussion um das Gesetz zeigt deutlich, dass es unser Ziel sein muss, die Themen Tod und Sterben zu enttabuisieren", sagt der Mainzer Bischof. Es brauche Gespräche über das Sterben. "Das ist eine Aufgabe in Familien und Gesellschaft – aber auch für die Seelsorge."
Das Gesetz verstärke Tendenzen, Trauer zu privatisieren. "Etwa durch das mögliche Platzieren von Urnen in der eigenen Wohnung und die Bestattung in ausgewählten Flüssen. Aber auch im Tod ist der Mensch nicht nur privat."
Sterben und Totengedenken seien Akte der Solidarität, die die Gesellschaft insgesamt angehen und Gemeinschaft stiften würden, meint Kohlgraf. "Man muss um jemanden trauern dürfen - und das ist ohne einen Ort der Bestattung kaum möglich." Eine Privatisierung von Trauer schwäche den Friedhof als öffentlich zugänglicher Trauerort.
"Bestattungen dürfen auch in Zukunft kein Luxusgut werden"
Auch der Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz hat Beanstandungen. Die Novelle habe es versäumt, einem modernen Bestattungsgesetz auch eine moderne Finanzierungsregelung zur Seite zu stellen, kritisiert Geschäftsführer Moritz Petry. "Wenn die Friedhofsgebühren nur von denen erhoben werden, die sich für eine Beisetzung auf dem kommunalen Friedhof entscheiden, brechen bei rückläufigen Bestattungszahlen zwangsläufig die Einnahmen weg." Aber Kosten für Infrastruktur und die Erhaltung der Trauerkultur bestünden fort.
"Bestattungen dürfen auch in Zukunft kein Luxusgut werden", betont Petry. "Wir bedauern, dass unser Vorschlag nicht angenommen wurde, eine solidarische Abgabe aller einzuführen – ähnlich wie bei anderen kommunalen Infrastrukturleistungen." Wenn sich nichts ändere, stünden viele Gemeinden vor der Wahl. "Entweder müssen die Gebühren für Grabstellen und Bestattungen drastisch steigen, oder die Friedhöfe geraten in einen Zustand, der nicht mehr den gesellschaftlichen Ansprüchen an würdige letzte Ruhestätten entspricht."
Verstreuen der Totenasche nicht unproblematisch
Ende Juni dankte das Katholische Büro Mainz dem Vorsitzenden des Gesundheitsausschusses, Josef Winkler (Grüne), dass "eine Reihe der von unserer Seite im Rahmen des ministeriellen Anhörungsverfahrens vorgetragenen Änderungsvorschläge umgesetzt" worden seien.
Man bitte aber um Beachtung weiterer Hinweise. "Die nun vorgesehene mögliche Verstreuung der Totenasche in Begräbniswäldern ohne besondere Ausweisung des Bereichs ist problematisch. Besucher des Begräbniswaldes müssen nun davon ausgehen, dass sie auf Totenasche gehen, ohne hierauf hingewiesen zu werden", heißt es unter anderem in einem längeren Schreiben.
Zudem sei ein gesellschaftlicher Diskurs über Bestattungsformen in Rheinland-Pfalz vor Bekanntwerden der Gesetzesinitiative nicht wahrnehmbar gewesen. "Sie wurde erst durch den Gesetzentwurf ausgelöst", betont das Katholische Büro, das die Diözesen mit rheinland-pfälzischen Gebietsanteilen (Trier, Speyer, Mainz, Limburg und Köln) bei der Landesregierung vertritt.
Die vorgesehene Frist des Gesetzgebungsverfahrens sei kaum geeignet, in breiterer Form zu einer öffentlichen Meinungsbildung für den parlamentarischen Prozess beizutragen. "Das erachten wir als problematisch."
Quelle: dpa