Sachsen Zwei große Prozesse ab November vor dem OLG Dresden
08.10.2025, 14:22 Uhr
Ab November beschäftigen das Oberlandesgericht Dresden zwei Mammutprozesse. In einem geht es um das NSU-Umfeld, im anderen um das Umfeld von Lina E..
Dresden (dpa/sn) - Vor dem Oberlandesgericht (OLG) Dresden beginnen im November zwei Mammutprozesse mit zusammen mehr als 110 Sitzungstagen. In einem stehen sieben Beschuldigte ab dem 4. November wegen Mitgliedschaft oder Unterstützung einer linksextremistischen kriminellen Vereinigung vor Gericht. Für das Verfahren sind rund 70 Verhandlungstage bis Juli 2026 vorgesehen. Der andere Prozess – gegen eine mutmaßliche Vertraute der NSU-Terroristin Beate Zschäpe – beginnt am 6. November. Hier sind 43 weitere Prozesstage angesetzt.
Die Bundesanwaltschaft hatte die sieben Beschuldigten, darunter eine Frau, aus dem Umfeld von Lina E. im Juni angeklagt - darunter den mutmaßlichen Anführer der Gruppe, Johann G.. Die Karlsruher Behörde wirft sechs von ihnen die Mitgliedschaft und einem die Unterstützung einer linksextremistischen kriminellen Vereinigung vor. Neben Mitgliedschaft und Unterstützung einer kriminellen Vereinigung geht es in dem Prozess auch um versuchten Mord.
Gewaltsame Angriffe gegen Personen aus der rechten Szene
"Die auch überregional vernetzte Gruppierung soll über mehrere Jahre hinweg gewaltsame Angriffe gegen Personen verübt haben, die ihrer Ansicht nach aus der "rechten Szene" kamen", heißt es in der OLG-Mitteilung.
Neben mehreren Angriffen in Thüringen und Sachsen sollen Johann G. und ein weiterer Angeklagter im Februar 2023 in Budapest mit Komplizen Menschen angegriffen haben, die aus Sicht der mutmaßlichen Täter dem rechten Spektrum zuzuordnen waren. Mehrere Menschen wurden verletzt.
Beamte des Landeskriminalamts Sachsen hatten den damals 31-jährigen G. im November 2024 in einem Regionalzug nahe Weimar festgenommen. Der Mann soll nach Angaben der Bundesanwaltschaft innerhalb der Vereinigung zusammen mit Lina E. "eine herausgehobene Stellung" eingenommen haben.
Lina E. sitzt bereits eine Haftstrafe ab. Das OLG Dresden hatte sie unter anderem wegen der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen.
Susann E. soll Zschäpe geholfen haben
Der mutmaßlichen Zschäpe-Vertrauten Susann E. legt die Bundesanwaltschaft unter anderem zur Last, den "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) unterstützt zu haben. Vorgeworfen wird ihr, seit spätestens Anfang 2007 von den rassistisch motivierten Morden des NSU gewusst und Zschäpe ab September 2008 ihre Krankenkassenkarte und ihre Personalien zur Verfügung gestellt zu haben. Zudem soll sie bei der Abholung eines Wohnmobils, das der NSU am 4. November 2011 beim letzten Raubüberfall in Eisenach verwendete, mitgewirkt haben.
Ihr Ehemann André E. wurde 2018 zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Die Richter des Oberlandesgerichtes München sahen es als erwiesen an, dass E. dem NSU-Trio in den Jahren 2009 bis 2011 mehrere Bahncards organisiert hatte, die auf ihn und seine Frau ausgestellt waren, aber Fotos von Zschäpe und Uwe Böhnhardt zeigten. Unter anderem wegen Beihilfe zum versuchten Mord sprachen sie ihn hingegen frei.
Der NSU war eine Neonazi-Terrorzelle, bestehend aus Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos, die von 2000 an jahrelang unerkannt zehn Morde in ganz Deutschland verübte. Ihre Opfer waren neun Gewerbetreibende türkischer und griechischer Herkunft sowie eine deutsche Polizistin. Mundlos und Böhnhardt verübten zudem zwei Bombenanschläge in Köln mit Dutzenden Verletzten. Die beiden töteten sich 2011, um ihrer Festnahme zu entgehen – erst da flog der NSU auf.
Zschäpe wurde 2018 nach gut fünf Jahren Prozessdauer zu lebenslanger Haft verurteilt. André E. war einer von vier weiteren Mitangeklagten im Prozess.
Quelle: dpa