Reise

Verstopfte Straßen und schmutzige Luft Peking will Radkultur neu beleben

In Peking hat sich viel verändert. Die Bilder tausender Radler sind Geschichte. Heute schieben sich Autolawinen durch die 17-Millionen-Stadt. Doch jetzt gibt es ein neues Verkehrskonzept. Ziel ist es, knapp ein Viertel der Pekinger bis 2015 wieder aufs Fahrrad zu bringen.

Weder der Verkehr ...

Weder der Verkehr ...

(Foto: dpa)

Mit dem Rad durch Peking zu fahren ist für die Rentnerin Dai Haiping ein täglicher Kampf. Wo früher Millionen Menschen mit dem Fahrrad unterwegs waren, schieben sich heute Autolawinen durch die 17-Millionen-Stadt. Die berühmten Bilder von tausenden Radlern, die an den Kreuzungen der chinesischen Metropole ihre Klingeln erschallen lassen, sind Geschichte. Ersetzt wurden sie durch riesige Staus zu den Stoßzeiten und ohrenbetäubendes Gehupe. "Es gibt nicht genug Radwege", sagt Dai. "Die Autos sind immer im Weg, und es ist sehr gefährlich." Um den drohenden Verkehrsinfarkt zu verhindern, besinnen sich die Behörden nun auf das gute alte Fahrrad. Kernstück eines neuen Verkehrskonzepts ist ein Mietrad-Projekt.

... noch der häufige Smog sind besonders radfahrerfreundlich.

... noch der häufige Smog sind besonders radfahrerfreundlich.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Im Januar wurde das Verkehrskonzept "Grüne Bewegung" vorgestellt. Ziel ist es, knapp ein Viertel der Pekinger bis zum Jahr 2015 wieder aufs Rad zu bringen. Im Moment nutzen noch knapp ein Fünftel den Drahtesel als Fortbewegungsmittel. Im März wurden Leihräder wie in manchen europäischen Städten bereitgestellt. Mithilfe einer Magnetkarte können Einwohner eines der hundert zentral platzierten Räder nutzen. Die ersten 20 Stunden sind gratis, danach kostet eine Karte umgerechnet 23 Euro. Bis zum Jahr 2015 wollen die Behörden 50.000 Leihräder zur Verfügung stellen. "Mieträder sind für die Einwohner gedacht, die weniger als einen Kilometer von einer U-Bahn-Station entfernt wohnen", sagt die Beamtin Guo Yun.

Autos für die Wirtschaft, Fahrräder für die Umwelt

Dai ist Mitglied der Vereinigung "Freunde der Natur". Die Organisation erstellt Karten der fahrradfreundlichsten Wege in Peking oder macht Umfragen bei den Radfahrern der Stadt. "Um die Wirtschaft voranzubringen, müssen die Leute Autos kaufen, aber für die Umwelt müssen wir die Zahl der Autos im Zentrum begrenzen", sagt Dai. Sie bleibt ihrem Fahrrad treu, auch wenn Peking in den vergangenen Jahren von mehr als vier Millionen Autos überrollt wurde. Um vierspurigen Straßen Platz zu machen, wurden Teile der Altstadt mit ihren engen Gassen abgerissen.

"Ich fahre gerne Rad, die öffentlichen Verkehrsmitteln sind mir zu voll", sagt Dai lächelnd. Mit seinen ebenen Straßen ist Peking für Radfahrer ideal, obwohl ihnen die brütende Hitze im Sommer und die beißende Kälte im Winter das Leben schwermacht. In den 1980er Jahren zu Beginn der Wirtschaftsreformen diente das Fahrrad acht von zehn Pekingern als Transportmittel. Inzwischen sind es nicht einmal mehr zwei von zehn, die auf zwei Rädern Kopf und Kragen riskieren.

Statussymbol Auto

Noch bis vor einigen Jahren sperrte sich die Pekinger Verwaltung gegen Maßnahmen zur Begrenzung des Autoverkehrs, im Gegensatz zu anderen chinesischen Metropolen wie Shanghai. Doch vor den Olympischen Spielen 2008 gab es ein Besinnen, und es wurde ein Fahrverbot an einem Tag der Woche pro Auto verhängt.

Solche Bilder werden immer seltener. (Pekinger Radfahrer im November 2005).

Solche Bilder werden immer seltener. (Pekinger Radfahrer im November 2005).

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Die Studentin Huang Li findet die Leihfahrräder gut. "Es ist umweltfreundlich, gleichzeitig animiert es die Leute zum Sport. Sehr gut, dass alle zusammen etwas tun, um die Umwelt zu schützen", sagt sie am Ausgang der U-Bahn-Station Dongsi im Herzen Pekings.

Doch der Weg zurück zur Fahrradstadt ist lang. Frühere Versuche mit Mieträdern sind fehlgeschlagen. Denn in einer boomenden Volkswirtschaft wie China ist das Auto nicht nur ein Fortbewegungsmittel. Für die aufstrebende Mittelschicht ist es wie überall inzwischen ein Statussymbol.

Quelle: ntv.de, François Bougon, AFP

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