Reise

Magisch und rauschhaft Siegen zeigt Cy Twomblys Fotos

Siegen wartet mit einer besonderen Attraktion auf: Eine Ausstellung im Museum für Gegenwartskunst führt in die rauschhafte Lichtwelt Cy Twomblys ein. Der erst vor wenigen Tagen verstorbene US-Künstler Cy Twombly war für seine "Kritzelbilder" berühmt. Dass er auch ein leidenschaftlicher Fotograf war, ist wenig bekannt.

"Tulips", Cy Twombly, Rome 1985.

"Tulips", Cy Twombly, Rome 1985.

(Foto: © 2011 Cy Twombly / courtesy Schirmer/Mosel)

Verwackelt, unscharf, überbelichtet und deshalb misslungen - so würde ein Profi-Fotograf wohl urteilen. Die Fotografien des am 5. Juli in seiner Wahlheimat Rom gestorbenen US-Malers Cy Twombly sind so rätselhaft wie viele seiner berühmten "Kritzelbilder".

Verschwommene Stillleben von Zitronen und Kohlköpfen, überbelichtete Blumen, die in einem Lichtball zu zerstäuben scheinen, oder Farbdosen in seinem Atelier - Natur und Alltagsgegenstände fotografierte Twombly. Durch ein heute veraltetes Druckverfahren vergrößerte und vervielfältigte der Künstler die Unikate in limitierter Auflage, so dass sie grobkörnig und unscharf wirken und dadurch eine magische Ausdruckskraft entfalten.

"Verschwommen, ausschnitthaft und unbestimmt"

Von Sonntag bis zum 30. Oktober werden im Museum für Gegenwartskunst rund 100, oft durch Lichteffekte bestechende Fotografien von 1951 bis 2010 präsentiert. "Es sind poetische Bilder, verschwommen, ausschnitthaft und unbestimmt, aber voller Leuchtkraft und einer Präsenz, die typisch ist für Twomblys Werk", sagt die Museumsdirektorin Eva Schmidt über die zuvor im Museum Brandhorst in München präsentierte Schau. Der lange verkannte Künstler war bereits 1987 mit dem Rubenspreis der Stadt Siegen geehrt worden. Seinen Durchbruch auf dem Kunstmarkt erlebte Twombly erst Mitte der 90er Jahre.

"Brushes", Cy Twombly, Lexington, 2005

"Brushes", Cy Twombly, Lexington, 2005

(Foto: © 2011 Cy Twombly / courtesy Schirmer/Mosel)

Seit den 50er Jahren fotografierte Twombly, doch erst 1993 zeigte er erstmals seine Bilder. 1944 stilisierte sich der 1928 in Virginia geborene Twombly als halbwüchsiger Jüngling in einem Selbstporträt: Es zeigt ihn in der Pose eines Malers des Impressionismus vor der Staffelei in freier Natur. In den 50er Jahren experimentierte er mit Fotos von Ausschnitten weißer Tischtücher oder der Säulen antiker Tempel.

Italien wird für Twombly zu einer existenziellen Erfahrung des Lichts. In Rom ließ Twombly sich dann nieder. Menschen kommen in seinen Bildern nie vor. Er fotografierte Gläser auf dem Garagen-Flohmarkt, Wald, die Blütenkelche von Engelstrompeten, Tulpen, ja sogar Hausschuhe. Die banalen Gegenstände des Alltags werden durch das Verschwommene und die Sicht aus nächster Nähe verfremdet, als stammten sie aus vergangenen Zeiten. In ihrer verschwommenen Unbestimmtheit werden Twomblys Fotos manchmal auch mit den Werken Gerhard Richters verglichen.

Geheimnisvoll erscheinen die Blicke in Ateliers, Lager und Interieurs. Schließlich fotografierte Twombly sogar seine eigenen Gemälde und fand damit zurück in seine malerische Welt.

Quelle: ntv.de, Dorothea Hülsmeier, dpa

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