Reise

Ruhr.2010 geht mit großer Geste Projekte laufen weiter

Ein riesengroßer Aluminium-Herkules auf einem stillgelegten Zechenturm: Die Kulturhauptstadt 2010 im Ruhrgebiet verabschiedet sich mit großer Geste. Für die Fortführung wichtiger Projekte sieht es so aus, als ob Geld dafür da sei.

Jetzt, wo der Herkules steht, sind viele Gelsenkirchener stolz.

Jetzt, wo der Herkules steht, sind viele Gelsenkirchener stolz.

(Foto: dpa)

Zum Finale der Kulturhauptstadt brauchen 5000 Besucher lange Unterhosen und dicke Wintermützen: Wie bei der Eröffnung im Schneetreiben vor einem Jahr verabschiedet sich die Ruhr.2010 mit einem Festakt bei Minus-Temperaturen unter freiem Himmel. Auf der ehemaligen Großzeche "Nordstern" in Gelsenkirchen wollen die Ruhr.2010-Organisatoren an diesem Samstag noch einmal auf die Höhepunkte im Kulturhauptstadtjahr zurückblicken.

Für die im Fernsehen übertragene 65-minütige Liveshow mit Musik und Videoschaltungen nach Essen, Dortmund und Duisburg sagen die Meteorologen minus eins bis minus zwei Grad und leichten Schneefall voraus.

"Wandel durch Kultur"

Das Ruhr.2010-Motto des "Wandels durch Kultur" für das strukturschwache Ruhrgebiet verdeutlicht in Gelsenkirchen eine pompöse Architektur-Geste: Der Düsseldorfer Künstler Markus Lüpertz hat im Auftrag der Ruhr-Immobilienfirma THS einen 18 Meter großen, verfremdeten Aluminium-Herkules gestaltet und auf das Dach des über 80 Meter hohen Nordstern-Zechenturms hieven lassen. Dort bleibt er dauerhaft.

Der zwei Millionen Euro teure antike Mythenheld mit blau angemaltem Haar hat - wie oft bei Lüpertz-Arbeiten - schon weit im Vorfeld für heftige Debatten gesorgt. Frühere Zechenangehörige in Gelsenkirchen-Horst sorgten sich um das Ansehen des 1993 stillgelegten Bergwerks. "Zu spektakulär, zu teuer - passt nicht ins Ruhrgebiet", lautete die Kritik. Bisher schmückte in der Vorweihnachtszeit immer ein Stahl-Tannenbaum das Zechendach.

Zuvor hatte das zwei Millionen Euro teure Kunstwerk für Diskussionen gesorgt.

Zuvor hatte das zwei Millionen Euro teure Kunstwerk für Diskussionen gesorgt.

(Foto: dpa)

Seitdem Herkules immer öfter in der Zeitung steht, wachse aber auch der Stolz bei den Gelsenkirchener, sagt ein Stadtsprecher. "Der hat das Zeug zum neuen Wahrzeichen." Das Ruhr.2010-Team um Fritz Pleitgen sieht die Diskussion gelassen. "Wir wussten, dass die Figur irritiert und zu Diskussionen anregt", sagt Pleitgen. "Das war gewollt."

Die Kulturhauptstadt-Macher haben ihre offizielle Bilanz längst gezogen. "Voller Erfolg", lautet das Urteil meist. Zwar glückten nicht alle Projekte. So haben etwa die Insel-Installationen "Ruhr- Atolle" auf dem Essener Baldeney-See manche Besucher enttäuscht. Ein brutaler Dämpfer für die Festfreude im Kulturjahr war die Love-Parade-Katastrophe mit 21 Toten.

Region im Medienmittelpunkt

Unter dem Strich gab es aber viel Lob für das Kulturjahr, das eine lange unterschätzte Region wirkungsvoll in den Medienmittelpunkt rückte. Das Schwung des Festjahres scheint auch in die Zukunft zu tragen: Anfang dieser Woche beschlossen die sonst eher zerstrittenen Ruhr-Kommunen, trotz leerer Kassen ihren Anteil am Kulturhauptstadtjahr von 2,4 Millionen Euro auch weiter für Kulturprojekte bereitzustellen. Dieselbe Summe will das Land zuschießen. Damit zeichnet sich eine Basis für die dauerhafte Fortsetzung wichtiger Kulturvorhaben ab.

Weitergehen werde etwa die enge Zusammenarbeit von 20 Museen im Ruhrgebiet mit thematischen Bus-Museumstouren durch die Region, sagt Ruhr.2010-Sprecher Marc Oliver Hänig. Auch der Multi-Kultizug "Melez" ("Mischling") mit künstlerischen Projekten zum Rahmenthema Integration wird wohl weiter durchs Revier rollen. Spätestens 2013 soll es wieder einen revierweiten Gesangstag geben. Auch eine Autobahnsperrung für Kulturprojekte wie im Kulturhauptstadtjahr ist für die fernere Zukunft geplant.

Dass die Feier am Fuß des neuen Ruhrgebiets-Herkules eine "Krönung der Kulturhauptstadt" wird, ist für Sprecher Hänig und seinen Chef Pleitgen ausgemachte Sache - obwohl der Held der Sage nach nicht nur stark, sondern auch ein Hitzkopf war. Im Zorn hat Herkules den Erzählungen zufolge nicht nur seinen Musiklehrer, sondern auch Frau und Kinder erschlagen. Andererseits habe er danach alle Aufgaben zu seiner Läuterung gelöst - "mit viel Kraft, aber auch mit Köpfchen - das passt zum Ruhrgebiet", sagt Pleitgen.

Quelle: ntv.de, Rolf Schraa, dpa

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