Sport

Sportler müssen doppelt arbeiten Bogenschützen sind die Ärmsten

Höchstleistungen für Gerstensaft?

Höchstleistungen für Gerstensaft?

(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)

"Eine Kiste Bier" bekäme ein Olympiasieger in Deutschland. So kritisierte Weltmeister Robert Harting das deutsche Sportfördersystem. Wie es um die finanzielle Lage bei Spitzensportlern steht, zeigt eine Studie der Deutschen Sporthilfe. DLV-Sprecher Peter Schmidt sagt im Gespräch mit n-tv.de: "Wir müssen mit dem System arbeiten, das wir haben."

Wann immer Großereignisse im Sport anstehen, wächst der Medaillendruck auf deutsche Athleten. Den Rest des Jahres steht es im fußballverrückten Deutschland eher schlecht um das Interesse für andere Sportarten. So auch bei der Leichtathletik. Bei vielen Sportler sind die Rahmenbedingungen für Höchstleistungen nicht optimal. Diskus-Weltmeister Robert Harting, der oft mit provokanten Aussagen auf sich aufmerksam macht, hatte sich diesmal vor der Leichtathletik-WM das Thema finanzielle Versorgung ausgesucht. "Der DOSB lässt sich das Sponsoring teuer bezahlen, und wir kriegen dann eine Kiste Bier", sagte Harting. "Da müsste man sich lieber etwas einfallen lassen, wie man Olympiasieger besser absichern kann."

Die Hälfte denkt ans Aufhören

Wie es im Schnitt tatsächlich um die finanzielle Situation von Spitzensportlern bestellt ist, hat eine Studie der Deutschen Sporthilfe im Jahr 2009 untersucht. Das Ergebnis: Auch Spitzensportler kämpfen mit einer Doppelbelastung von Training und Arbeit und verfügen nur über ein geringes Einkommen. Etwa 36 Prozent der Athleten arbeiteten neben dem Spitzensport, der restliche Großteil studierte oder ging noch zur Schule. Durchschnittlich verdienten Athleten 1919 Euro im Monat. Das ergab einen Brutto-Stundenlohn von 7,38 Euro. Für finanzielle Aufwendungen wie etwa Reisekosten, Sportgeräte und Kleidung kamen Verbände oft nicht auf, sodass Athleten im Monat von etwa 626 Euro leben mussten. Finanziell fuhren die alpinen Skifahrern vorneweg, am Ende des Feldes standen die Bogenschützen. Insgesamt 35 Prozent der Athleten sahen ihre finanzielle Zukunft als nicht abgesichert an. Die Folge: Die Hälfte der Befragten dachte daran, die Karriere aus beruflichen oder finanziellen Gründen vorzeitig zu beenden, obwohl es sportlich keinen Grund dazu gäbe. Um das Problem zu lösen, wünschten sich die Spitzensportler aus der Studie mehr Geld und dass Spitzensport und Ausbildung besser zu vereinbaren sind.

Wer einen Platz im Spitzenförderprogramm bei der Bundeswehr bekommt, kann eine kürzere und leichtere Ausbildung machen und sich die meiste Zeit aufs Training konzentrieren. Kritiker den Konzepts "Sportsoldat" bemängeln, dass dies keine nötige Absicherung ist und viele Sportler diesen Weg nur wählen, weil ihnen nichts anderes übrig bleibt. Auch die Polizei bietet solche dualen Wege an. Von 70 Startern bei der Leichtathletik-WM sind etwa 25 bei der Polizei, darunter auch der Weltmeister im Kugelstoßen, David Storl, und die Bronze-Gewinnern im Siebenkampf, Jennifer Oeser.

Seltener Anblick: Sportsoldatin Fatmire Bajramaj in Bundeswehr-Uniform, mit dem damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler.

Seltener Anblick: Sportsoldatin Fatmire Bajramaj in Bundeswehr-Uniform, mit dem damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Aus Hartings Sicht wird das Medaillenpotenzial deutscher Athleten so nicht komplett ausgeschöpft. "Wir Deutschen machen die Vorbereitung noch viel zu schlecht. Da agieren wir teilweise wie Anfänger", kritisierte er. "Das sieht man dann auch an der Ausbeute der Medaillen." In Polen hätten die Athleten ein voll finanziertes Trainingslager von 14 Wochen gehabt. "In Deutschland lässt das sehr zu wünschen übrig."

Beim Deutschen Leichtathletik-Verband will man die Kritik nicht verallgemeinern. "Die Bedingungen sind nicht eins zu eins vergleichbar. Wir haben Athleten, die in einer Fördergruppe sind, welche die studieren, bei der Bundeswehr oder bei der Polizei sind. Wir haben einige Weltklasseathleten, bei 27 Disziplinen kann man das nicht über einen Kamm scheren", sagt DLV-Sprecher Peter Schmidt im Gespräch mit n-tv.de.

Ein Weltmeistertitel bringt 6000 Euro

Wer viel leistet, bekommt zwar auch mehr. Doch zum Leben reichen die Extra-Zuwendungen für sportliche Erfolge nicht. Für eine Goldmedaille bei Weltmeisterschaften zahlt die deutsche Sporthilfe eine Prämie von 6000 Euro. Das gilt allerdings nur für olympische Disziplinen. Silber bringt 4500 und Bronze 3000 Euro. Vom vierten bis zum achten Platz gibt es zwischen 2400 und 1500 Euro. Der größte Erfolg für einen Sportler, das Olympische Gold, wird mit 15.000 Euro honoriert. Mit Förderprogrammen wie "Elite plus" will die Sporthilfe deutsche Chancen bei den Olympischen Spielen 2012 in London steigern. Besonders vielversprechende Athleten erhalten monatlich 1500 Euro während ihrer Vorbereitung. Platz ist jedoch nur für die 30 Besten.

Der Vergleich mit erfolgreicheren Nationen wie den USA, wo Spitzensportler sich komplett auf ihr Training konzentrieren können, sei nicht angebracht, meint Schmidt. "In den USA gibt es das College-System, das ist nicht mit Deutschland vergleichbar. Wir müssen mit dem System arbeiten, das wir hier haben". Vom sogenannten Medaillendruck weiß man beim DLV offenbar nichts. "Das Feld rückt immer enger zusammen, es gibt nicht mehr die Nation, die die Medaillen sammelt", so Schmidt.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen