Telekom Baskets nach Ausverkauf Champions-League-Trophäe noch da, alle Helden weg
20.09.2023, 19:12 Uhr
Die neuen Baskets spielen um den International Cup.
(Foto: picture alliance / Jürgen Schwarz)
Als Champions-League-Sieger dürfen die Telekom Baskets Bonn in Singapur beim FIBA International Cup spielen, von den gefeierten Titelgewinnern ist aber keiner mehr da. Aber es muss ja immer irgendwie weitergehen. So auch bei den Baskets, die den Preis des Erfolgs gezahlt haben.
Erfolgstrainer Tuomas Iisalo? In Paris. Topstar TJ Shorts? In Paris. Tyson Ward? Auch in Paris - genau wie Sebastian Herrera, Michael Kessens, Leon Kratzer und Collin Malcolm. Eine regelrechte Massenabwanderung hat Bonn mit Wucht getroffen, die Telekom Baskets haben nach der erfolgreichsten Saison der Klubgeschichte durch den Großangriff aus Frankreich nicht nur ihr Gerüst verloren - einfach alle sind weg. Und so tritt beim FIBA International Cup in Singapur für den Champions-League-Sieger niemand mehr an, der etwas mit dem Titel zu tun hatte.
Es ist überhaupt nicht ungewöhnlich, dass Profis nach einer starken Saison in der Bundesliga Angebote aus dem Ausland erhalten. Von Klubs wie Paris Basketball etwa, die mehr zahlen können. Auch Überraschungsmeister ratiopharm Ulm kann ein Lied davon singen, so sind in Finals-MVP Yago dos Santos und Bruno Caboclo zwei Stützen weg. Der Fluch des Erfolges, der Fluch der guten Tat.
Doch der Personalaustausch in Bonn, sozusagen ein Zwangsumbau, hat schon eine besondere Dimension. Entsprechend unglücklich war Wolfgang Wiedlich wegen der Vorgänge im Sommer. "Es hat sich früh abgezeichnet, dass wir für den Gewinn der Champions League einen Preis zahlen werden", sagte der Präsident, "in einem Wort kann man diesen Preis 'Ausverkauf' nennen." Ausstiegsklauseln sind häufig der Grund für Abgänge, aber ohne diese sind manche Profis eben nicht zu bekommen.
"Wir wollen dennoch gewinnen"
Den Finnen Iisalo, der Bonn zum allerersten Titelgewinn und zur Vizemeisterschaft führte, hat Roel Moors beerbt. Der Belgier kam vom Ligakonkurrenten BG Göttingen und führt beim unfreiwilligen Neustart Regie. Die ersten Pflichtspiele werden interessant, es geht um eine Art Weltpokal, und Bonn vertritt Europa. Das Format des FIBA International Cup wurde immer mal wieder geändert. Mal nahm der Sieger aus der Königsklasse EuroLeague teil, mal nicht. Mal gab es nur ein Finale, mal ein Turnier. Diesmal sind sechs Mannschaften dabei, gespielt wird im Singapore Indoor Stadium.
Bonn betritt Neuland, 2016 standen die Frankfurt Skyliners als bislang einziges deutsches Team durch ihren Triumph im FIBA Europe Cup im Finale und verloren zu Hause gegen Guaros de Lara aus Venezuela. An der Seitenlinie der Hessen stand damals übrigens Gordon Herbert, Weltmeistertrainer des deutschen Nationalteams. Die runderneuerten Bonner um EM-Bronzegewinner Christian Sengfelder starten am Donnerstag (9 Uhr MESZ) gegen Al Manama/Bahrain, es folgt am Samstag (13 Uhr /beide kostenfrei bei MagentaSport) das zweite Gruppenspiel gegen die Zhejiang Golden Bulls/China. Zum Einzug ins Endspiel (Sonntag) muss der erste Platz her.
Bei fünf der vergangenen sechs Auflagen setzte sich jeweils das europäische Team durch. Für die Telekom Baskets hat der Titel aber nicht die ganz große Bedeutung. Überhaupt geht es darum, Ziele anzupassen. "Wenn nach einer Wolke-sieben-Saison alles neu aufgestellt werden muss, ist ein realistisches Erwartungsmanagement angesagt - von Klub, Fans, Medien", sagte Wiedlich dem Bonner "General-Anzeiger". "Für mich sind die Spiele ein Teil unserer Vorbereitung. Aber wir wollen dennoch gewinnen", meinte Moors zum Singapur-Abenteuer. Auch wenn er genau um die Gefahr des Erfolges weiß.
Quelle: ntv.de, sue/sid