"Bienvenue à l'Allemagne" DFB-Elf landet in Evian - und muss bangen
07.06.2016, 20:10 Uhr
Ist die EM für Antonio Rüdiger gelaufen?
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Jeder Ballkontakt beim Training wurde stürmisch gefeiert, das Luxus-Hotel Ermitage ist bezogen und ganz Evian glänzt schwarz-rot-gold. Der Weltmeister ist da! Und dann wird es 19.17 Uhr - und die Miene des Bundestrainers verfinstert sich.
Für Bundestrainer Joachim Löw und die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hat die "Tour de France" am Nachmittag ganz nach Plan begonnen. Gegen 15.00 Uhr war die Sondermaschine LH 342 in Chambéry im Departement Savoyen gelandet - dort war ein grüner Teppich für "La Mannschaft" ausgerollt. Bei 24 Grad und Sonnenschein zogen die in graue Pullover oder schwarze T-Shirts gekleideten Nationalspieler ihre Rollkoffer über das Vorfeld. Nicht mit dabei war Lukas Podolski, der am Sonntag Vater einer Tochter geworden war und von Löw einen Baby-Urlaub gewährt bekam.
In Chambéry wurden die 22 Nationalspieler vom Vorauskommando des DFB um Cheforganisator Georg Behlau in Empfang genommen, ehe es per Bus ins 130 Kilometer entfernte Evian ging. Gegen 17 Uhr erreichte der DFB-Tross schließlich sein Ziel: Das Vier-Sterne-Hotel, in dem er während der am Freitag beginnenden EM wohnen wird.
Schon rund 90 Minuten nach der Ankunft stand das DFB-Team erstmals auf dem Platz, 2000 überwiegend jugendliche Fans jubelten. Doch die bis dahin allseits spürbare Euphorie wurde genau um 19.17 Uhr abrupt gestoppt. Der zuletzt starke und für das deutsche EM-Auftaktspiel gegen die Ukraine am Sonntag gesetzte Innenverteidiger Antonio Rüdiger verletzte sich bei einem Zweikampf mit Thomas Müller möglicherweise schwer. Der 23-Jährige vom AS Rom, der als Ersatz des verletzten Mats Hummels fest eingeplant war, musste minutenlang behandelt werden und humpelte anschließend von zwei Helfern gestützt vom Feld. Seine Kollegen schauten betroffen. Auch Joachim Löw blickte sorgenvoll auf seinen Schützling.
"Wir meistern das!"
Die 8000-Einwohner-Gemeinde am Genfer See hatte am Ortseingang die Willkommensbotschaft "Bienvenue à l'Allemagne" in großen Lettern aufgestellt. Die Kreisverkehre schmückten schwarze, rote und goldene Blumen, mittendrin waren aus Kinder-Bildern zusammengesetzte Fußbälle. Überall im Dorf hängen Bilder von Löw und den Spielern. Die Sondermaschine war für den rund einstündigen Flug von Frankfurt/Main nach Chambéry zur "Fanhansa" umgestaltet worden. Die Namen von 300 Fans, ausgewählt aus 65.000 Online-Bewerbern, zierten den Rumpf der Maschine. Diese bestieg der DFB-Tross über einen roten Teppich, vorbei an den Spalier stehenden Flugbegleiterinnen. Zuvor hatten sich die DFB-Mitarbeiter in der Zentrale zur Verabschiedung präsentiert.
Einziges Missgeschick: Die Tür des Fliegers schloss zunächst nicht richtig. Im zweiten Versuch klappte es. Auf den Mannschaftsbussen, die den DFB-Tross in Frankfurt zum Flughafen fuhren und in Chambéry abholten, stand die deutsche Losung für das Turnier: "Wir meistern das!"
Da wollten sich auch die Stars mit übertriebener Symbolik nicht zurückhalten. So schrieb Sami Khedira nach Vorbild von "CR7" Cristiano Ronaldo bei Twitter sogar: "#SK6 ist bereit!" Mario Götze und Manuel Neuer veräppelten derweil Thomas Müller: Götze veröffentlichte ein Foto des schlafenden Müller, Neuer schnitt dahinter Grimassen.
DFB bringt seinen Rasen mit
Am Abend präsentierte sich das deutsche Team beim öffentlichen Training - auf einem von DFB-"Rasenpapst" Rainer Ernst frisch verlegten Rasen im Stadion Camille Fournier. Bürgermeister Marc Francina empfing die berühmten Gäste auf dem Trainingsplatz mit einer Scherpe in den französischen Nationalfarben und übergab DFB-Präsident Reinhard Grindel einen riesigen Blumenstrauß in schwarz-rot-gold. "Wir sind stolz, dass wir den Weltmeister zu Gast haben. Ich hoffe, dass es ein Finale Deutschland gegen Frankreich gibt", sagte Francina unter dem Jubel der Fans. "Es ist wunderschön hier", antwortete Grindel: "Bessere Rahmenbedingungen kann man sich nicht wünschen." Und die Spieler wirkten gelöst. Bis 19.17 Uhr.
Das Hotel hat "eine gewisse Weite"
Auch das 2012 renovierte Ermitage baute eine Pforte für die Weltmeister, zudem schützen hohe Hecken vor ungewollten Blicken. Auf dem Schwesternhaus gibt es einen Hubschrauber-Landeplatz, rund um das Hotel einen 19 Hektar großen Park, einen Pool, einen Teich, drinnen einen Tischkicker, Billardtische und Tischtennisplatten. Alle Wünsche wurden erfüllt, "aber die letzten Tage waren noch einmal ein wenig stressig", sagte Hotelchef Yannick Le Hec dem "Hamburger Abendblatt".
Auf das Quartier habe den DFB Co-Trainer und "Reise-Experte" Thomas Schneider gestoßen, berichtete Teammanager Oliver Bierhoff. "Wir haben alles, was wir brauchen", berichtete der Europameister von 1996: "Das Hotel ist kompakt, es liegt recht hoch, hat eine gewisse Weite, schönes Licht. Wenn man fünf Wochen aufeinanderhängt, braucht man etwas zum Durchschnaufen. Vor allem, wenn man zu den Spielen in den Städten ist, durch den Verkehr von Paris fährt und erst um zwei oder drei Uhr nachts zu Hause ist." Wichtig sei außerdem, "dass wir das Hotel exklusiv für uns haben und uns frei bewegen können."
Quelle: ntv.de, Holger Schmidt und Jürgen Zelustek, sid