Dirk Nowitzki verlässt die NBA Dallas huldigt Mister Maverick
10.04.2019, 10:51 Uhr
Ein ganz Großer verlässt die Basketball-Bühne: Dirk Nowitzki macht Schluss. Mit ihm beendet nicht nur Deutschlands bester Basketballer seine Karriere, sondern auch das Gesicht, das Herz und die Seele der Dallas Mavericks. Es ist ein emotionaler und durchaus überraschender Abschied.
Die Musik ist schwer, als Dirk Nowitzki am Dienstagabend die Halle verlässt. Er klatscht sich mit den Fans ab, schreibt Autogramme. Es sind die letzten Meter, die der Deutsche hier nach seinem letzten Heimspiel geht. Und es ist zugleich das Ende einer Ära. Wenige Minuten zuvor hatte der Mann, der Ende Januar 1999 als dünner, ungelenkig wirkender 20-Jähriger aus dem bis dahin unbekannten Würzburg nach Dallas gekommen war, bekannt gegeben, "dass das hier mein letztes Heimspiel war." Nun schreitet er mit gesenktem Haupt die Katakomben entlang, wie jemand, der gerade ein entscheidendes Spiel verloren hat.
Es ist eine Mischung aus Erleichterung und Bitterkeit, die ihn auf diesen Metern begleitet. Bislang hatte Nowitzki stets betont, dass er sich "im Sommer entscheiden" wolle, ob er noch ein Jahr weitermache. Nun wird seine glorreiche Karriere in der Nacht zu Donnerstag mit einem Auswärtsspiel bei den San Antonio Spurs enden.
Knöchel hält keine weitere Saison durch
Vor einigen Tagen war der 40-Jährige zur Erkenntnis gekommen, dass sein vor einem Jahr operierter linker Knöchel "keine weitere Saison mit 82 Spielen überstehen" werde, sagt Nowitzki. Von daher sei ihm "die Entscheidung leicht gefallen, obwohl es natürlich schon emotional war."
Während er in der Gewissheit zum American Airlines Center fuhr, dass er gegen die Phoenix Suns das letzte Heimspiel seiner Karriere bestreiten werde, hatten die Fans noch die Hoffnung, ihren Mister Maverick vielleicht doch noch ein weiteres Jahr genießen zu können. Bereits zwei Stunden vor Spielbeginn hatten sie sich auf dem Arena-Vorplatz eingefunden - in ihren grünen, weißen und blauen Nowitzki-Trikots. Einige tragen Trikots mit der Aufschrift "Dallas for Dirk", andere lassen sich Nowitzkis Rückennummer 41 auf die Wangen oder sogar den Bauch pinseln.
Jeder Zuschauer erhält ein Dirk-T-Shirt. An den Verpflegungsständen werden "Dirkburger" und "Dirkwurst" gegrillt. Es dreht sich an diesem Dienstag in Dallas einfach alles um den Deutschen. Und natürlich ist auch Nowitzki der Grund, warum die Halle gegen die Phoenix Suns ausverkauft ist. Denn für die Mavericks geht es in dieser NBA-Saison 2018/19 schon seit Wochen um nichts mehr, die Playoffs wurden bereits am 19. März verpasst. "Is it auf wiedersehen for Dirk?", fragte die Tageszeitung "Dallas Morning News" in ihrer Dienstagausgabe. Vereinseigner Mark Cuban hatte den Fans den Tipp gegeben, "reichlich Taschentücher mitzubringen". Es war ein guter Rat. Denn es wird äußerst emotional.
"Onkel Dirk" kämpft mit den Tränen
Als der alternde Superstar als letzter der fünf Mavericks-Starter kurz vor Spielbeginn aufs Parkett kommt, brüllt der Hallensprecher ein zehn Sekunden langes "DÖÖÖÖRRRKKK" Nowitzki in sein Mikrofon. Nowitzki trifft gleich seinen ersten Wurf. Der Bayer nimmt die ersten acht Versuche der Mavericks, erzielt so die ersten zehn Punkte. Jedes Mal, wenn er den Ball bekommt, wird es umgehend laut in der Halle.
Knapp vier Minuten vor der Pause übermannen Nowitzki die Emotionen. Auf dem Videowürfel über dem Parkett wird ein Film eingespielt, der "Onkel Dirk" beim Besuch von Kindern in Krankenhäusern zeigt oder in der Rolle des Weihnachtsmannes. Als der Clip endet, wischt sich Nowitzki Tränen aus den Augen. Während er seinen Kopf senkt, erheben sich die Zuschauer von ihren Sitzen.
Als Nowitzki gleich zu Beginn der zweiten Halbzeit mit einem Dreier erfolgreich ist, rufen die Fans "MVP, MVP". Viele Jahre war er für den Verein eben dieser "wertvollste Spieler", dieser MVP. Nun ist sein Körper nach 21 Spielzeiten in der besten Basketballliga der Welt verschlissen. Dennoch erzielt er die letzten vier Mavericks-Punkte und kommt beim 120:109-Heimsieg auf einen Saisonbestwert von 30 Zählern. Seine Mitspieler suchen ihren gealterten Anführer förmlich, passen stets zu ihm, sind uneigennützig.
Einstige Idole überraschen Nowitzki
Nach Spielschluss wird es dunkel in der Halle. Doch niemand verlässt seinen Platz. Auf dem Videowürfel wird eine "special celebration" angekündigt und ein Clip von Nowitzki eingespielt, der von seinen einstigen Idolen, Charles Barkley, Scottie Pippen, Larry Bird, Shawn Kemp und Detlef Schrempf spricht. Als der Clip endet, kommen alle fünf zu ihm aufs Feld. "Leute fragen mich oft, wie ist dieser oder jener Spieler eigentlich", sagt Barkley. "Über Dirk kann ich nur sagen: er ist der netteste Mensch, den ich je kennengelernt habe." Pippen bescheinigte Nowitzki, "Menschen auf der gesamten Welt inspiriert" zu haben. Bird betonte, es sei eine Ehre gewesen, "dich über all die Jahre spielen zu sehen." Und Schrempf sagte auf Deutsch: "Ich wollte dir sehr gerne gratulieren und ich bin sehr stolz auf dich."
Dann griff Nowitzki zum Mikro und sagte den Satz, den Fans zwar nicht hören wollten, mit dem sie aber irgendwie rechnen mussten. Mit Nowitzki verlässt das Gesicht, das Herz und die Seele den Verein. Er werde vieles vermissen, ist sich Nowitzki bereits bewusst. Und es werde wohl "ein, zwei Jahre sehr schwer" werden. Andererseits freue er sich, "zum Frühstück mal Eiscreme oder Pizza zu essen", nicht mehr penibel aus seine Ernährung achten zu müssen. Er wolle nun reisen, Zeit mit seiner Familie verbringen, "schlafen und vielleicht sogar mal Ski fahren." Denn das habe er "bestimmt 25 Jahre nicht mehr gemacht". Kurzum: Dirk Nowitzki will einfach das tun, was er möchte und was ihm Spaß macht. Er hat es sich verdient.
Quelle: ntv.de