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Drei gefährliche WM-Gegner Das ist Deutschlands Weg zurück in die Weltelite

DHB-Keeper Andreas Wolff ist bereit für die Rückkehr in die Weltelite.

DHB-Keeper Andreas Wolff ist bereit für die Rückkehr in die Weltelite.

(Foto: dpa)

Die deutsche Handball-Nationalmannschaft geht zum ersten Mal seit 2017 bei einem großen Turnier wieder mit der maximalen Punkteausbeute in die Hauptrunde. Die Voraussetzungen, die K.-o.-Runde zu erreichen, sind prächtig.

Im Lager der deutschen Handball-Nationalmannschaft ist die Stimmung nach der Vorrunde prächtig: Mit Siegen gegen Katar (31:27), Serbien (34:33) und Algerien (36:21) hat sich die Mannschaft von Alfred Gislason eine "breite Brust" (Linksaußen Rune Dahmke) erspielt, der Bundestrainer selbst ist "extrem stolz". Mit der maximalen Ausbeute von vier Punkten nimmt das Team ein kleines Polster mit in die Hauptrunde, in die es am Abend als Favorit gegen Argentinien startet. Je nach Konstellation könnte dort schon ein Sieg reichen, um zum ersten Mal seit der Heim-WM 2019 wieder die K.o.-Spiele bei einer WM oder EM zu erreichen. Mit Argentinien, den Niederlanden und Norwegen warten auf den Weltmeister von 2007 drei vollkommen unterschiedliche Aufgaben. "Die Aufgaben werden nicht leichter", sagte Kapitän Johannes Golla und Gislason forderte, man müsse "jedes Spiel eine Schippe drauflegen. Wenn wir das schaffen, kann viel passieren." Ein Gruppencheck:

Die "Hausaufgaben": Argentinien (18 Uhr/ ARD und im Liveticker auf ntv.de): Kein Zweifel: Mit Argentinien wartet am Abend zum Auftakt der leichteste Gegner auf dem Weg zu etwas Zählbarem. Die Südamerikaner gewannen zwar das "Gruppenendspiel" gegen Nordmazedonien klar, verloren gegen Norwegen (21:31) und die Niederlande (19:29) aber jeweils deutlich. "Wir werden sie ernst nehmen, denn wir wollen das Spiel natürlich gewinnen", sagte der Bundestrainer und lieferte noch eine Kurzanalyse des Gegners: "Das ist eine sehr leidenschaftliche Mannschaft, die sehr beweglich agiert. Die Spieler sind sehr schnell auf den Beinen." Mit Torwart Lionel Maciel, der in der vergangenen Saison noch beim FC Barcelona spielte, und Regisseur Diego Simonet (Montpellier) konnten zwei Argentinier schon die Champions League gewinnen. "Das ist eine ausgebuffte Mannschaft", mahnte der deutsche Keeper Andreas Wolff, "auf uns wartet harte Arbeit." Kreisläufer Jannik Kohlbacher, gegen Algerien im letzten Vorrundenspiel mit zehn Treffern erfolgreichster deutscher Torschütze, machte die Bedeutung des Auftaktspiels der zweiten Etappe klar: "Wenn wir das nicht bestehen, wird es auch mit dem Weiterkommen sehr, sehr schwer."

Der ehemalige Außenseiter: Niederlande (Samstag, 20.30 Uhr/ ZDF und im Liveticker auf ntv.de): Sie hatten den großen Favoriten Norwegen mit all den Weltklassespielern im letzten Vorrundenspiel schon am Rande des Abgrunds: Erst als die Nordeuropäer bei einem Fünf-Tore-Rückstand zu Beginn der zweiten Hälfte schon mit einem Bein in der Luft hingen, drehten Superstar Sander Sagosen und Co. auf, am Ende verloren die Niederlande noch 26:27. Eine "sensationelle Entwicklung" bescheinigte Deutschlands Rückraumspieler Kai Häfner dem Team, das sich mit zwei klaren Siegen gegen Nordmazedonien und Argentinien in die Hauptrunde gespielt hatten. Die Niederlande rechtfertigen also voll das Vertrauen, das die IHF in sie gesetzt hatte: Der Weltverband ermöglichte der Mannschaft von Bondscoach Staffan Olsson die erste WM-Teilnahme seit 1961 (!) mit einer Wildcard. In der Qualifikation waren die Niederlande nach einem überraschenden Auswärtssieg und einer deutlichen Heimniederlage noch an Portugal gescheitert.

Mit dem nur 1,73 Meter großen Luc Steins (Paris Saint-Germain) verfügen sie über einen Spielmacher mit gewaltiger Geschwindigkeit, Magdeburgs Kay Smits steuerte aus dem Rückraum 24 Tore zum Weiterkommen bei. Smits und Steins wirbelten auch wenigstens eine Halbzeit lang die deutsche Mannschaft bei der Europameisterschaft 2020 durch: Erst spät konnte das DHB-Team damals einen klaren Sieg (35:23) organisieren, Smits traf siebenmal, Steins, der seinerzeit zum Spieler des Spiels gekürt wurde, traf sechsmal. Mit Rechtsaußen Bobby Schagen (TBV Lemgo) und Rückraumspieler Dani Baijens (HSV Hamburg) gehören weitere Bundesligaprofis zu den Säulen in Oranje.

Vorne stimmt die Durchschlagskraft, doch auch am und im eigenen Kreis steht eine Menge Qualität: Mit einer Fangquote von 41 Prozent gehaltener Bälle gehört Bart Ravensbergen, der in der 2. Bundesliga für die HSG Nordhorn-Lingen spielt, zu den überragenden Torhütern der Vorrunde. Zum Vergleich: Welthandballer Niklas Landin hielt 38 Prozent der Bälle, die auf sein Tor rauschten, der überzeugende deutsche Keeper Andreas Wolff nur 32 Prozent. Durch den letztlich hauchzart verpassten Coup gegen Norwegen startet das bisherige Überraschungsteam mit "nur" zwei Zählern in die zweite Gruppenphase.

Der Favorit: Norwegen (Montag, 20.30 Uhr/ ARD und Liveticker bei ntv.de): Kein Zweifel, am Ende der Hauptrunde wartet mit Norwegen "der stärkste Gegner", wie Rechtsaußen Patrick Groetzki ntv.de nach dem überzeugenden Algerien-Spiel sagte. Die Mannschaft um den Starspieler Sagosen gehört zu den Mitfavoriten bei diesem Turnier, die Vorrunde überstand man nach einem finalen Kraftakt gegen die Niederlande schadlos: Wie die deutsche Mannschaft nimmt auch Norwegen vier Punkte mit auf dem Weg in die K.-o.-Runde. Vor dem mühsamen, für die eigene Perspektive so wichtigen Sieg hatte man ordentliche Klatschen verteilt: Dem 39:27 über Mazedonien zum Auftakt folgte ein 32:21 gegen Argentinien am zweiten Spieltag. Sagosen, der derzeit sein drittes und letztes Jahr für den THW Kiel in der Bundesliga spielt, geht mit reichlich Toren voran, vor allem Flensburgs Magnus Röd hält Schritt. Bei den Skandinaviern steckt in allen Mannschaftsteilen Weltklasse.

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In den vergangenen Jahren stieg Norwegen so zum mächtigen Angstgegner des deutschen Teams auf: Bei der (mit Dänemark geteilten) Heim-WM 2019 zerschellten in Hamburg im Halbfinale die Träume auf ein Endspiel gnadenlos (25:31). Was damals, im Halbfinale von Hamburg, als eine mutige DHB-Auswahl das Land begeistert hatte, niemand ahnen konnte: Es war das letzte K.o.-Spiel einer deutschen Männer-Nationalmannschaft bei einem großen Turnier: Egal, ob die Europameisterschaften 2020 und 2022, die WM 2021 oder Olympia: Nie kam man über die Hauptrunde hinaus. Im vergangenen Jahr waren Golla und Co., heftig von Coronaattacken durchgeschüttelt, in der Hauptrunde beim 23:28 erhobenen Hauptes, aber letztlich chancenlos gegen Norwegen vorentscheidend untergegangen.

Auch wenn sich die Skandinavier im Vorrundenfinale erstmals angreifbar zeigten, bleiben sie doch der Favorit. Zu konstant sind die Ergebnisse bei den vergangenen Turnieren (EM-Dritter 2020, WM-Sechster 2021, EM-Fünfter 2022), zu dominant und zuverlässig die prägenden Spieler um Sagosen und Röd. Die gute Nachricht: Mit zwei Siegen über Argentinien und die Niederlande hätte Gislasons Ensemble den fest angepeilten Einzug ins Viertelfinale bereits vor dem Gruppenfinale sicher. Aber Angst hat man im deutschen Lager ohnehin nicht, vor niemandem: "Wir sehen, dass die Dinge funktionieren", sagte Golla jüngst. "Wenn wir es schaffen, unsere Leistung konstant 60 Minuten abzurufen, kann das ein gutes Turnier werden. Dann können wir mit jedem Gegner mithalten." Ein gutes Turnier, das wäre diese Weltmeisterschaft ab dem Viertelfinale.

Quelle: ntv.de

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