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Üble Stürze bei Tour de France "Das ist kein Radsport mehr"

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Caleb Ewan erwischt es im Zielsprint - es ist das Aus.

(Foto: imago images/Panoramic International)

Die diesjährige Tour de France ist überschattet von folgenschweren Stürzen. Mehrere Fahrer scheiden mit Verletzungen aus. Das erzürnt nicht nur sie, sondern auch ihre Kollegen. Der Vorwurf: Die Strecke ist zu gefährlich, der Weltverband setze andere Prioritäten. Die Kritik kommt schlecht an.

Nach den erneut schweren Stürzen bei der 108. Tour de France wächst die Kritik an den Organisatoren. Das verwinkelte Finale der dritten Etappe am Montag in Pontivy sowie die vorherige Abfahrt hatten für Hektik im Peloton geführt - mit teils dramatischen Folgen. "Die Straße ist eng, es wird um die Positionen gekämpft - Sprinter wie Gesamt-Klassementfahrer", sagte der deutsche Radprofi Roger Kluge: "Es passiert leider immer wieder."

Kluges Teamkollege bei Lotto-Soudal, der australische Top-Sprinter Caleb Ewan, war im Zielsprint heftig zu Fall gekommen und hatte dabei Ex-Weltmeister Peter Sagan (Slowakei/Bora-hansgrohe) mitgerissen. Für Ewan ist die Tour mit einem Schlüsselbeinbruch beendet. "Ich kann mich nicht an allzu viel erinnern, es ist alles so schnell passiert. Ich habe sofort starke Schmerzen gehabt", sagte der 26-Jährige: "Der Knochen ist an vier Stellen gebrochen. Ich werde operiert werden müssen." Sagan immerhin blieb bis auf Prellungen und Schürfwunden unverletzt.

Zuvor hatte es unter anderem den slowenischen Vorjahreszweiten Primoz Roglic (Jumbo-Visma) erwischt, der wertvolle Zeit verlor. Er war blutend und mit zerrissener Hose ins Ziel gerollt. Mehr als 1:21 Minuten Rückstand auf den Tagessieger Tim Merlier und rund eine Minute auf den großen Konkurrenten Tadej Pogacar hatte er schließlich.

"Immer einfach zu sagen, dass es gefährlich ist"

"Es muss sicherlich nicht sein. Wäre das Finish vielleicht zehn Kilometer später, wäre es in der Abfahrt nicht so wichtig, vorne zu sein", sagte Kluge: "Wenn unten die Drei-Kilometer-Marke ist, will jeder die Abfahrt von vorne nehmen." Der frühere Weltklasse-Profi Marc Madiot, Teamchef des französischen FDJ-Teams, hatte seinen Siegsprinter Arnaud Demare wenige Kilometer vor dem Ziel bei einem Sturz verloren und sagte völlig aufgebracht: "Wenn ich so etwas sehe, möchte ich nicht, dass mein Kind Radprofi wird. Das ist kein Radsport mehr." Der einstige Tour-Etappensieger forderte: "Wir müssen das ändern, sonst wird es Tote geben."

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Der Berliner Simon Geschke vom Team Cofidis schoss via Twitter gegen den Weltverband UCI. Dieser hatte im Verlauf des Jahres neue Sicherheitsregeln erlassen. So ist etwa der sogenannte Supertuck verboten, bei dem der Fahrer auf dem Oberrohr des Rades sitzt. Zudem dürfen die Unterarme nicht mehr auf dem Lenker für eine aerodynamischere Fahrweise abgelegt werden. Es sei schon witzig, dass diese Positionen aus "Sicherheitsgründen" verboten würden, "während wir zur gleichen Zeit Zielankünfte wie diese haben", so Geschke.

Renndirektor Thierry Gouvenou wies die Kritik an der Strecke zurück: "Es ist immer einfach zu sagen, dass es gefährlich ist, aber man muss erkennen, dass es immer schwieriger wird, Zielorte zu finden", sagte Gouvenou der Sportzeitung "L'Equipe". "Für diese Etappe mussten wir Lorient, Lanester, Hennebont und Plouay von der Liste streichen, was uns zu gefährlich erschien. Wir haben keine mittelgroße Stadt mehr ohne Verkehrsinsel, Kreisverkehr oder Verengung", so Gouvenou. Vor zehn Jahren habe es bei der Tour de France 1100 gefährliche Punkte gegeben. "In diesem Jahr sind wir bei 2300."

Quelle: ntv.de, ara/sid

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