Unbekannte Legende van Niekerk Der neue Bolt setzt auf die Kraft der Uroma
07.08.2017, 11:30 Uhr
Die schnellste Hoffnung der Leichtathletik: Wayde van Niekerk.
(Foto: REUTERS)
Er kann 100 Meter. Er kann 200 Meter und er beherrscht die 400 Meter: Wayde van Niekerk soll das neue Gesicht der Leichtathletik werden. Und damit Nachfolger des legendären Usain Bolt. Dem hat der Südafrikaner einen erstaunlichen Rekord voraus.
Sie hat weiße Haare, drei Kinder, fünf Enkel, fünf Urenkel und ist 75 Jahre alt. Und diese Oma macht Wayde van Niekerk Beine: Der schnellste 400-Meter-Läufer der Welt wird seit fünf Jahren von Ans Botha trainiert. Und irgendwie harmoniert das ungleiche Duo. Van Niekerk ist erst 25, er läuft schon wie ein junger Gott und wird von vielen als neues Gesicht der Leichtathletik und möglicher Nachfolger seines Idols Usain Bolt gesehen.
Olympia-Gold vor einem Jahr in Rio und ein fantastischer 400-Meter-Weltrekord könnten der Appetizer für eine große Karriere gewesen sein. Aber der Südafrikaner weiß selbst: Titel, Medaillen und Rekorde reichen nicht, um Millionen Fans zu begeistern und das Charisma eines neuen Weltbürgers der Leichtathletik auszustrahlen. So wie beim Jahrhundert-Sprinter und Entertainer von der Karibik-Insel.
Bolt geht nach der Leichtathletik-WM mit 31 in Rente, und er könnte sich den schmächtigen van Niekerk durchaus als seinen Nachfolger vorstellen. "Er hat gezeigt, dass er die Herausforderung annimmt, er ist bodenständig und bescheiden, er ist eine große Person", hat der Jamaikaner schon über den Südafrikaner gesagt. "Es ist eine riesige Ehre, von Usain zu lernen und ihn zu treffen", sagt van Niekerk über die Bekanntschaft mit Bolt. Dies sei sehr aufregend für ihn, zugleich bringe das ein "hohes Maß an Verantwortung" mit sich.
"Er ist nicht für Bronze hier"
Der junge Wayde spielte zunächst Rugby, als Leichtathlet war er erst ein passabler Hochspringer, dann entschied er sich für den Sprint. Der Mann ist tief religiös, in der knappen Freizeit entspannt er sich mit einer Spielkonsole. Von seiner Trainerin ist der junge Mann begeistert. "Sie ist eine fantastische Frau. Sie spielt eine riesengroße Rolle für das, was ich heute bin", lobte van Niekerk. "Sie sorgt dafür, dass ich dabei diszipliniert und fokussiert bleibe." Am Anfang der Zusammenarbeit hat Ans Botha ihren Schützling zunächst mal davon überzeugt, sich mehr auf die 400 Meter zu konzentrieren.
Bei seinem Olympiasieg hatte van Niekerk den 400-Meter-Weltrekord von US-Legende Michael Johnson auf 43,03 Sekunden verbessert. Die 200 Meter ist er im WM-Jahr schon in sehr überzeugenden 19,84 Sekunden gerannt. Selbst die 100 Meter kann er verdammt schnell: In der Jahresbestenliste steht er mit 9,94 Sekunden, der siebtschnellsten Zeit - ein Hundertstel schneller als Bolt. Im WM-Finale am Samstagabend, beim Sieg des unbeliebten Ex-Dopers Justin Galtin aus den USA, hätte das zu Silber gereicht. Der Südafrikaner, der in London über die kurze Sprintdistanz nicht antrat, ist seit dem vergangenen Jahr übrigens der erste Mensch überhaupt, der 100 Meter in unter 10 Sekunden, 200 Meter in unter 20 Sekunden und 400 Meter in unter 44 Sekunden lief.
Bei der WM 2017 ist das Double über 200 und 400 Meter das Ziel. Der legendäre Johnson hat das sogar zweimal geschafft hat: bei der WM 1995 in Göteborg und bei den Olympischen Spielen 1996 in Atlanta. Ans Botha stellte in London klar: "Er ist nicht für Bronze hier." Die Trainerin wird van Niekerk wohl noch ein paar Jahre begleiten, denn die rüstige Urgroßmutter will weitermachen. "Ich sehe keinen Grund, warum ich mich zur Ruhe setzen und Däumchen drehen sollte", sagt sie. Das wird ihren Schützling freuen. Seinen Startplatz im 400-Meter- Finale hat der Sprinter vom Kap der guten Hoffnung schon gebucht.
Quelle: ntv.de, tno/dpa