Sprintkönig "lächelt" über Fall Dopingbetrug könnte Olympiamedaille kosten
13.08.2021, 11:57 Uhr
Ujah (l.) war Startläufer der britischen Staffel.
(Foto: imago images/Shutterstock)
Die britischen Sprinter jubeln über Olympiasilber mit der Staffel. Doch nun wird einer des Quartetts wegen mutmaßlichen Dopings suspendiert. Das Vergehen von Chijindu Ujah könnte allen die Medaille kosten. Das belustigt Doppel-Olympiasieger Lamont Marcell Jacobs, der selbst nicht frei von Zweifeln ist.
Keine Woche sind die Olympischen Spiele in Tokio beendet, schon könnte die erste Medaille aberkannt werden: Der britische Sprinter Chijindu Ujah ist nach seinem Silbermedaillen-Erfolg mit der 4x100-Meter-Staffel bei den Olympischen Spielen in Tokio wegen mutmaßlichen Dopings suspendiert worden. Dies gab die Athletics Integrity Unit (AIU) des Weltverbandes Word Athletics bekannt.
Bei dem 27-Jährigen soll laut AIU "das Vorhandensein/die Verwendung der verbotenen Substanzen Ostarin und S-23" festgestellt worden sein, "bei denen es sich um selektive Androgenrezeptor-Modulatoren (SARM) handelt". Die Substanzen werden häufig zum Muskelaufbau verwendet. Sollte der Fall bestätigt werden, müsste das Team um Ujah die Silbermedaille abgeben. Italien war Olympiasieger geworden, Kanada hatte Bronze geholt, China wurde Vierter. Die deutsche Staffel kam auf Platz sechs ins Ziel.
Dabei sind auch die Italiener nicht frei von Zweifeln. Lamont Marcell Jacobs - der neue Sprintkönig, der Nachfolger von Usain Bolt als Olympiasieger über die 100 Meter - ist durch zweifelhafte Kontakte ins Zwielicht geraten. Die "Times" hatte berichtet, dass sich der 26-Jährige im März von seinem Ernährungsberater trennen musste, weil gegen diesen in Italien wegen des betrügerischen illegalen Handels mit Steroiden ermittelt wird.
Giacomo Spazzini, ein Profi-Bodybuilder und Fitnesstrainer, hatte nach Jacobs' Olympiasieg die Zusammenarbeit als Schlüssel zum Erfolg gerühmt. "Es war sein Ziel, unter zehn Sekunden zu laufen", sagte der 26-Jährige der Zeitung "Libero Quotidiano". Gegen jenen Spazzini ermitteln allerdings die Behörden in Mailand, weil er zu einer Gruppe gehören soll, die mit gefälschten Rezepten schwunghaften Handel mit leistungssteigernden Präparaten betrieben haben soll. Jacobs' Manager Marcello Magnani sagte gegenüber der "Times", dass der Sprinter die Zusammenarbeit mit Spazzini beendet habe, nachdem er über die Ermittlungen informiert worden war. "Die Untersuchungen haben Marcell nie berührt, deshalb haben wir auch keine weiteren Informationen dazu", sagte Magnani.
"Das bringt mich zum Lächeln"
Dass ausgerechnet eine britische Zeitung dies öffentlich machte, kommentiert Jacobs nach Bekanntwerden der Suspendierung seines britischen Konkurrenten süffisant gegenüber Rai1: "Nachdem ich die Ermittlungen über Ujah mitbekommen habe, würde ich sagen, dass es vielleicht besser ist, zuerst vor der eigenen Haustür zu kehren und dann andere anzugreifen. Das bringt mich zum Lächeln."
Die Anschuldigungen gegen ihn selbst kommentierte er gelassen: "Die Situation hat mich nicht sonderlich berührt, denn ich weiß, welche Opfer ich gebracht habe, um hierherzukommen, und ich möchte es stattdessen zu 100 Prozent genießen." Auch mit einer längeren Auszeit: Jacobs kündigte an, in diesem Jahr keine Rennen mehr zu bestreiten. "Im Jahr 2022 gibt es sehr wichtige Termine, ich habe die Messlatte hoch gelegt und möchte im nächsten Jahr an der Spitze der Spitze stehen, mich bestätigen und verbessern."
Dass der Doppel-Olympiasieger so reagiert, ist klar. Bislang weiß nur er, was er getan hat, um an die Weltspitze zu kommen. Doch Doping-Experte Fritz Sörgel hegt Zweifel: "Ich wage zu sagen, dass hier noch etwas herauskommen wird, was nicht zugunsten dieser zwei Olympiasiege sein wird", hatte er dem Deutschlandfunk gesagt. Jacobs hatte sich in Tokio über die Maßen schnell präsentiert: Lag seine Bestzeit im vergangenen Jahr bei 10,10 Sekunden, steigerte er sich zu Jahresanfang auf 10,03 Sekunden - bei den Olympischen Spielen verbesserte er im Halbfinale und Finale dann den Europarekord gleich zweimal auf schließlich 9,80 Sekunden - eine Welt im Sprint.
Doch wie bei allem gilt auch im Sport die Unschuldsvermutung. Die bei Jacobs britischem Konkurrenten Ujah jetzt nicht mehr gilt. Gegen den 27-Jährigen wird wegen positiver Doping-Proben ermittelt. Es könnte Großbritannien eine Silbermedaille kosten. Im Einzel über 100 Meter war Ujah bereits im Halbfinale ausgeschieden.
Quelle: ntv.de, ara/sid