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NBA-Legende Mutombo gestorben "Ein Riesen-Herz, das viele vermissen werden"

Dikembe Mutombo (r.) und Kobe Bryant.

Dikembe Mutombo (r.) und Kobe Bryant.

(Foto: imago images/ZUMA Wire)

Er ist einer der besten Verteidiger der NBA-Geschichte. Sein ausgestreckter, drohender Zeigefinger nach einem seiner unzähligen Blocks wird zur ikonischen Geste. Sein wahres Vermächtnis jedoch bleibt seine unermüdliche humanitäre Arbeit. Jetzt ist Dikembe Mutombo 58-jährig gestorben.

Er war ein Unikat. Einer der unverwechselbaren Stars seiner Ära. Seine tiefe, dröhnende Stimme war immer schon von ganz weit weg zu hören, seine Lache konnte Zeit und Raum durchdringen. Wo auch immer Dikembe Mutombo Mpolondo Mukamba Jean-Jacques Wamutombo auftauchte, berührte er dank seiner unverwechselbaren Aura seine Mitmenschen. Jetzt ist einer der besten Abwehrspieler aller Zeiten nach schwerer Krankheit im Alter von nur 58 Jahren an einem Gehirntumor verstorben.

Als viermaliger Verteidiger des Jahres schrieb Mutombo Basketball-Geschichte. Er war der erste NBA-Spieler, dem dieses Kunststück gelang. Sein ikonischer, wedelnder Zeigefinger wurde zu seinem Markenzeichen und machte Defensiv-Arbeit sexy. Er spielte 18 Jahre in der Liga, erreichte mit den Philadelphia 76ers die NBA Finals und wurde 2015 in die Ruhmeshalle des Basketballs aufgenommen. All das verblasst jedoch im Vergleich zu seiner humanitären Arbeit in den vergangenen drei Jahrzehnten und dem riesigen Einfluss, den er abseits des Sports hatte.

"Mein Herz schmerzt", schrieb Magic Johnson auf X. "Dikembe Mutombo war mein Freund. Er war nicht nur ein großartiger Basketballer und einer der besten Shotblocker aller Zeiten, sondern hatte ein Herz aus Gold. Er widmete einen Großteil seines Lebens, um anderen zu helfen. Sein Wirken bleibt bestehen, hier und in Afrika. Er war einer der globalen Botschafter der NBA und der Vereinten Nationen und hat für sein humanitäres Engagement zurecht viele Preise gewonnen. Ich werde sein Lächeln, seine Stimme und seine Seele wahrlich vermissen."

NBA All-Star statt Doktor

Als Dikembe Mutombo 1987 dank eines Stipendiums in die USA kam, um an der Georgetown Universität in Washington zu studieren, hatte er nicht vor, mit Sport Geld zu verdienen. Zwar hatte er in seiner Heimat (damals noch als Zaire bekannt) Basketball, Fußball und Kampfsport betrieben, sein Ziel jedoch war, wie sein älterer Cousin, Doktor zu werden. Der legendäre Hoyas-Coach John Thompson rekrutierte ihn dennoch für die Basketball-Mannschaft, und der Rest war Geschichte, wie man sagt.

Nachdem Mutombo, der mittlerweile neun Sprachen sprach und in den Semesterferien beim US-Kongress und bei der Weltbank Praktika absolvierte, in Linguistik und Diplomatie seinen Abschluss machte, wechselte er im Alter von 25 Jahren in die NBA. Die Denver Nuggets drafteten ihn 1991 an vierter Stelle. Bereits als Rookie war er mehr als bereit für die beste Basketball-Liga der Welt, schaffte ein Double-Double mit 3,0 Blocks im Schnitt und direkt den Sprung ins All-Star Team.

Die Nuggets avancierten dank Mutombo vom schwächsten Defensiv-Team der Liga schon bald zu einem der besten. Sie sorgten in den Playoffs 1994 für den damals größten Überraschungserfolg der Historie, als sie als Nummer acht der Setzliste die hochfavorisierten, top-platzierten Seattle Supersonics mit 3:2 besiegten. Das Video des auf dem Rücken liegenden Mutombo, der den Ball triumphierend mit beiden Händen festhält, läuft immer noch als Highlight auf Dauerschleife über die NBA-Kanäle.

Unüberwindbarer Mount Mutombo

Der 2,18 Meter Riese wurde achtmal ins All-Star Team, sechsmal ins All-Defensive Team und dreimal ins All-NBA Team gewählt. Er führte die Liga drei Jahre in Folge bei den Blocks und zweimal bei den Rebounds an, und beendete seine Karriere mit den zweitmeisten geblockten Würfen aller Zeiten - nach dem gebürtigen Nigerianer Hakeem Olajuwon. Weil ihn Denver nicht angemessen bezahlen wollte, wechselte Mutombo 1996 zu den Atlanta Hawks, wo er 1997, 1998 und 2001 drei weitere "Defensive Player of the Year" Trophäen abräumte. Vier Abwehrtitel hatte zu jenem Zeitpunkt noch nie jemand gewonnen. Mutombo bleibt bis heute einer von nur drei Profis (Ben Wallace und Rudy Gobert sind die anderen), denen dieses Kunststück gelang.

Nachdem er zunächst bei gelungenen Defensiv-Aktionen noch vehement mit dem Kopf geschüttelt hatte, entwickelte der gefürchtete, physische Center schon bald seinen patentierten, wackelnden Fingerzeig in Richtung Gegenspieler, wann immer er einen weiteren Wurf blockte. "Not in my house" wurde zum Markenzeichen der baldigen Werbe- und Pop-Ikone "Mount Mutombo". Es wurde nahezu unmöglich, gegen ihn erfolgreich am Ring abzuschließen. Michael Jordan dunkte 1997 ins Gesicht des Giganten, nachdem der ihn zuvor beim All-Star Wochenende daran erinnert hatte, dass ihm das noch nie gelungen war - und feierte das seltene Highlight, indem er stolz mit dem "Mutombo-Finger" fuchtelte.

Mit den Philadelphia 76ers scheiterte Mutombo 2001 in den NBA Finals an den Los Angeles Lakers. Danach blieb er auch im Trikot der New Jersey Nets, New York Knicks und Houston Rockets bis ins hohe Alter ein Unterschiedsspieler am hinteren Ende sowie an den Brettern. 2009 beendete er seine aktive Laufbahn. Mehr als 1.000 absolvierte Partien (1.196), mehr als 3.000 Blocks (3.289) und mehr als 10.000 Rebounds (12.359) haben nur vier Spieler jemals geschafft: Olajuwon, Kareem Abdul-Jabbar, Tim Duncan, und eben Mutombo. Sowohl in Denver als auch in Atlanta wurde seine Trikotnummer 55 für immer unter die Hallendecke gezogen und wird nie wieder vergeben.

Unermüdliches humanitäres Engagement

Seine zurückweisende, kantige Art auf dem Hartholz stand seiner Persönlichkeit abseits des Parketts polar gegenüber. Der Mann hatte stets ein Lächeln auf den Lippen, nahm sich Zeit für all seine Mitmenschen. Er legte immer Wert darauf, einen positiven Unterschied zu machen. Er war der perfekte Botschafter seiner Sportart, nutzte seinen Ruhm, seine Kontakte und seine Strahlkraft unermüdlich, um anderen zu helfen.

1997 gründete er die "Dikembe Mutombo Stiftung", um bessere Lebensbedingungen für die Bevölkerung in seinem Heimatland Demokratische Republik Kongo zu schaffen. Noch während seiner aktiven Zeit engagierte sich der Philanthrop unentwegt für Benachteiligte. Mutombo hörte nie auf, Zeitgenossen für seine Projekte zu sensibilisieren und mobilisieren. Er erbaute, mit mehr als 15 Mio. US-Dollar aus eigener Tasche, das "Biamba Marie Mutombo Krankenhaus" in seiner Geburtsstadt Kinshasa, benannt nach seiner Mutter.

2020 erbaute die Mutombo-Stiftung das "Samuel Mutombo Institute of Science & Entrepreneurship", eine nach seinem Vater benannte moderne Grundschule im Süden des Landes. Mutombo war einer der entscheidenden Gründe, warum die Liga 2019 die "Basketball Africa League" gründete, und war Jahr für Jahr einer der Fixpunkte bei der "Basketball Without Borders" Initiative der NBA. Seine Kaffeemarke "Mutombo Coffee" wurde dafür berühmt, dass ein Großteil der Einnahmen an weibliche Kaffee-Farmer aus Afrika und Lateinamerika flossen.

Der langjährige NBA-Veteran Serge Ibaka, ebenfalls aus dem Kongo und vergangene Saison noch in Diensten des FC Bayern Basketball, schrieb: "Du hast den Weg für mich und viele afrikanische Youngster geebnet, dank deiner legendären Basketball-Kariere und deinem wohltätigen Engagement. Du bist eine Legende und eine afrikanische Ikone, die viele kommende Generationen inspirieren wird."

"Größer als das Leben selbst"

Masai Ujiri ist Nigerianer, Präsident der Toronto Raptors und via seiner eigenen Stiftung "Giants of Africa" selbst einer der größten modernen Entwickler des Spiels in Afrika. Für ihn war Mutombo "der größte Riese, den es gab. Er hatte das größte Herz. Der Typ hat uns zu dem gemacht, der wir heute sind. Wer sind wir ohne ihn? Unmöglich. Es ist nicht in Worte zu fassen, wie viel Dikembe Mutombo bedeutet hat."

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Die Nachricht von Mutombos Tod platzte ausgerechnet in die am Montag von fast allen Teams abgehaltenen "Media Days", die offiziell den Startpunkt der neuen NBA-Saison 2024-25 markieren. Überall hatte der sanfte Hüne seine Spuren hinterlassen. Für Superstar Joel Embiid in Philadelphia war und bleibt Mutombo "ein Vorbild, dem er nachzueifern versucht"; Karl-Anthony Towns, der am Wochenende von Minnesota zu den New York Knicks getradet wurde, sagte: "Wir haben nicht nur einen sehr guten Basketballer, sondern einer der besten Menschen aller Zeiten verloren"; sein ehemaliger Mitspieler in New Jersey und heutige Cheftrainer der Dallas Mavericks, Jason Kidd, nannte Mutombo einen "großartigen Menschen, einen furchtlosen Verteidiger und einen der besten Teamkollegen, die ich je hatte"; "Alle, die ihn kannten, haben ihn bewundert und geliebt", bestätigte NBA-Champion Pau Gasol; und Chris Paul schrieb einfach nur: "Ein riesiges Herz, das sehr viele vermissen werden. Ruhe in Frieden, Dikembe."

"Er war ein wahrer Humanitarier. Größer als das Leben selbst", erklärte NBA-Commissioner Adam Silver schliesslich in einem Liga-Statement. "Auf dem Parkett war er einer der besten Shotblocker und Defensivspieler der Geschichte. Abseits des Parketts hat er sein Herz und seine Seele dafür aufgeopfert, anderen zu helfen. Er liebte die internationale Basketball-Community wie niemand sonst, und sie hat ihn zurück geliebt. Wir werden ihn sehr vermissen."

Quelle: ntv.de

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