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"Eine höllenstarke Mannschaft" Eishockey-Aschenputtel feiert die Sensation

"Nur wir. Buchstäblich nur wir": Europas Eishockeyspieler beim Sieg gegen Schweden.

"Nur wir. Buchstäblich nur wir": Europas Eishockeyspieler beim Sieg gegen Schweden.

(Foto: imago/Bildbyran)

Das zusammengewürfelte Eishockeyteam Europa hat beim World Cup das Finale erreicht und damit alle Erwartungen übertroffen. Im Endspiel wartet in Kanada ein schier übermächtiger Gegner. "Schande über uns, wenn wir sie nicht ernst nehmen sollten."

Nachdem sie das nächste Kapitel ihrer sensationellen Geschichte geschrieben hatten, hüpften Leon Draisaitl und Kollegen vor Freude wie kleine Kinder auf dem Eis. "Ole, ole, ole, ole", sangen die Eishockeyprofis nach dem Overtime-Coup im Halbfinale des World Cups gegen den Olympiazweiten Schweden. Auf die Textzeile "We are the Champions" verzichteten sie aber, denn für den Titel müssen sie noch einen schier übermächtigen Gegner aus dem Weg räumen: die Cracks aus Kanada um Superstar Sidney Crosby. Bei der am Dienstag in Toronto beginnenden Endspielserie im Modus "best of three" ist das mit Spielern aus acht Ländern besetzte Team Europa krasser Außenseiter - aber in dieser Rolle fühlt es sich pudelwohl.

Plötzlich im Finale: Christian Ehrhoff.

Plötzlich im Finale: Christian Ehrhoff.

(Foto: dpa)

"Auf einmal stehen wir im Finale, wer hätte das gedacht? Nur wir. Buchstäblich nur wir", twitterte der deutsche Nationalspieler Christian Ehrhoff nach dem überraschenden 3:2 (0:0, 1:1, 1:1, 1:0) nach Verlängerung gegen Schweden. Sein norwegischer Teamkollege Mats Zuccarello ging sogar noch einen Schritt weiter: "Ich denke, keiner wollte uns bei diesem Turnier dabei haben - und jetzt sind wir im Finale. Das macht uns stolz."

"Etwas sehr, sehr Spezielles"

Schon jetzt hat das Außenseiter-Team mit sechs deutschen Profis und dem Deutsch-Kanadier Ralph Krueger als Trainer hinter der Bande viel mehr erreicht als angenommen. "Wir wollten der Welt zeigen, dass die kleinen Länder auch Eishockey spielen können", sagte Draisaitl. Die "Cinderella Story" gehe weiter, stand auf der Internetseite des World Cups. Und: "Es ist Team Canada gegen Team Canada". Der Olympiasieger, Weltmeister und Gastgeber könne sich also nur selbst schlagen. Im letzten Gruppenspiel hatte das Eishockey-Mutterland gegen Team Europa mit 4:1 gewonnen, auch deshalb blieb Europas Trainer Krueger realistisch. Um über die kanadischen NHL-Stars zu triumphieren, brauche es "magische Tage, eine weltklasse Torhüterleistung und etwas sehr, sehr Spezielles".

Der Zusammenhalt im Team ist definitiv etwas Spezielles. Kaum jemand hatte damit gerechnet, dass aus dem Viel-Nationen-Mix ein verschworener Haufen werden würde, der die weitaus höher eingestuften USA (3:0), Tschechien (3:2) und Schweden besiegen kann. Gegen das Drei-Kronen-Team hatten die Europäer aber auch Glück, dass die Schiedsrichter beim Schlittschuh-Tor in der vierten Minute der Verlängerung dem Slowaken Tomas Tatar keine Absicht unterstellten. Der Teamgeist der Europäer beeindruckt auch Kanada, das mit einem 5:3-Erfolg gegen Rekordweltmeister Russland ins Finale eingezogen war. "Schande über uns, wenn wir sie nicht ernst nehmen sollten", sagte Doug Armstrong, Generalmanager der Kanadier: "Jetzt sieht jeder, dass sie eine höllenstarke Mannschaft sind und nicht nur eine gute Geschichte."

Dass Crosby und Co. mit Überheblichkeit an die Pflichtaufgabe gehen werden, glaubt Trainer Mike Babcock aber nicht: "Das Team Europa lässt dich arbeiten, den Erfolg musst du dir verdienen. Ich denke, jeder weiß, was auf dem Spiel steht." Alles andere als ein kanadischer Sieg beim ersten World Cup of Hockey nach zwölfjähriger Pause wäre eine große Enttäuschung für den Gastgeber. Die Europa-Auswahl kann dagegen nur gewinnen. Für die meisten Spieler ist es die erste und wohl auch letzte Chance auf einen internationalen Titel. "Sonst kämpfen sie mit ihren Ländern gegen den Abstieg oder darum, überhaupt bei Olympia dabei zu sein", sagte Krueger: "Das erste Mal in ihrem Leben können sie sich wirklich mit den Besten messen."

Quelle: ntv.de, Jörg Soldwisch, sid

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