Sport

Erdbeben in der WM-Affäre? Ermittler knacken "Warner"-Datei des DFB

Der DFB unter Präsident Reinhard Grindel verzichtete auf die Entschlüsselung der "Warner"-Datei - wegen zu großen Aufwandes.

Der DFB unter Präsident Reinhard Grindel verzichtete auf die Entschlüsselung der "Warner"-Datei - wegen zu großen Aufwandes.

(Foto: dpa)

Was in der Datei "Jack Warner Komplex" steht, wissen die Ermittler in der WM-Affäre noch nicht. Dass sie die Datei überhaupt öffnen konnten, wirft peinliche Fragen an den DFB auf. Der hatte sie als unentschlüsselbar bezeichnet - und ein Jahr zurückgehalten.

In der Affäre um die Fußball-WM 2006 hat die Staatsanwaltschaft Frankfurt eine möglicherweise brisante und bislang verschlüsselte Datei mit dem Namen "Komplex Jack Warner" geknackt. Eine Sprecherin bestätigte einen entsprechenden Bericht der "Süddeutschen Zeitung". Zum Inhalt äußerte sich die Behörde nicht.

Schon dass die Datei von den Ermittlern aber in weniger als einem Monat geöffnet werden konnte, weckt erneut Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Deutschen Fußball-Bundes in diesem Skandal. Denn der DFB hatte nach mehreren vergeblichen Versuchen darauf verzichtet, das Dokument zu öffnen - "da laut Freshfields selbst bei einem hohen finanziellen und zeitlichen Aufwand (neun bis zwölf Monate) nicht zu garantieren sei, dass die Datei überhaupt zu öffnen ist", wie der DFB mitteilte. Worauf diese Einschätzung der Kanzlei beruhte, dazu will Freshfields keine Angaben machen.

Jack Warner zählt zu den korruptesten Funktionären der Sportgeschichte.

Jack Warner zählt zu den korruptesten Funktionären der Sportgeschichte.

(Foto: imago/Ulmer/Teamfoto)

Die Experten der Staatsanwaltschaft brauchten 24 Tage, um die Datei zu öffnen. Dabei handelt es sich laut SZ um eine "normale Word-Datei mit normalem Wort-Passwort-Schutz", die sich "mit entsprechender Software" entschlüsseln lasse. Dazu wird einfach ein Programm so lange laufen lassen, bis das Passwort geknackt ist. Der personelle Aufwand betrage "fast null".

Die "Warner"-Datei war nach den bisherigen Erkenntnissen Ende 2015 in der DFB-Zentrale in einem Ordner mit dem Titel "Erdbeben" abgelegt worden. Zusammengestellt wurde sie mutmaßlich von dem langjährigen stellvertretenden Generalsekretär Stefan Hans. Der mittlerweile gekündigte Funktionär war von der alten DFB-Führung um Wolfgang Niersbach damit beauftragt worden, interne Recherchen zu den dubiosen Geldflüssen rund um die WM 2006 durchzuführen.

Wie groß ist der DFB-Aufklärungswillen?

Interessant erscheint die in einem Ordner namens "Erdbeben" abgespeicherte Datei schon aufgrund des Namens. Der nachweislich korrupte langjährige Fifa-Funktionär Jack Warner ist möglicherweise eine der Schlüsselfiguren in dem Skandal. Vor einem Jahr tauchte ein Vertragsentwurf zwischen ihm und dem DFB auf, der aus den Tagen kurz vor der WM-Vergabe datiert und Warner unter anderem 1000 WM-Tickets der teuersten Kategorie zusichern sollte. Deshalb erhofft sich die Staatsanwaltschaft von der Auswertung der "Warner"-Datei wichtige Erkenntnisse in der gesamten Affäre. Auch die Schweizer Bundesanwaltschaft hat bereits ihr Interesse an Dateneinsicht angemeldet.

Bei dieser Datei geht es aber auch noch um eine andere Frage: Wie groß ist der Aufklärungswillen der neuen DFB-Führung um den Niersbach-Nachfolger Reinhard Grindel tatsächlich? Entdeckt wurde die Datei von Freshfields und DFB schon im Herbst 2015, angelegt wurde sie neun Tage nach der Großrazzia der Staatsanwaltschaft in der DFB-Zentrale am 3. November 2015. Ausgehändigt wurde die "Warner"-Datei den Ermittlern aber erst im November dieses Jahres. Auch deshalb warf die Staatsanwaltschaft dem Verband zuletzt vor, "seine ursprüngliche Kooperationsbereitschaft mit den Ermittlungsbehörden ab Anfang 2016 stark eingeschränkt" zu haben. Der DFB bestritt das Ende November.

Quelle: ntv.de, cwo/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen