Niedergang des Handball-Riesen Ex-Chef Schwenker rechnet mit THW Kiel ab
27.11.2017, 21:29 Uhr
Das Sieger-Gen vermisst der THW Kiel schon länger.
(Foto: imago/Eibner)
Im Handball ist der THW Kiel jahrelang das Maß aller Dinge, doch die Zeiten sind vorbei. Aktuell können die Zebras vom Ruhm vergangener Tage nur träumen - und Ex-Manager Uwe Schwenker meint, die Gründe für den Niedergang mit Ansage zu kennen.
Uwe Schwenker sieht seinen ehemaligen Klub THW Kiel in der Abwärtsschleife und geht mit ihm hart ins Gericht. "Es hat in den letzten zwei, drei Jahren keine Entwicklung gegeben", sagte der ehemalige Manager der Zebras und aktuelle Präsident des Ligaverbands HBL dem Bezahlsender Sky über den Zustand beim deutschen Rekordmeister.
Der Aufsichtsrat sei zwar engagiert, verfüge "aber nicht über die entsprechende Sach- und Fachkompetenz", urteilte Schwenker. Die erfolgsverwöhnten Kieler drohen in dieser Serie leer auszugehen. Im DHB-Pokal ist der THW im Achtelfinale ausgeschieden, in der Liga dümpelt der 20-fache Titelträger auf Rang acht herum. Wenigstens in der Champions League sind die Norddeutschen dank des 33:23-Heimsiegs über den weißrussischen Meister HC Brest am Wochenende noch einigermaßen im Rennen. Am Mittwoch folgt in der Königsklasse das Nordderby bei der SG Flensburg-Handewitt. Der Erzrivale ist in dieser Spielzeit deutlich stabiler und konstanter als der THW.
Manipulationsaffäre hallt nach
Die Mitschuld an der aktuellen Kieler Misere sieht Schwenker, der von 1992 bis 2009 den THW geführt hatte, bei Thorsten Storm. Der Geschäftsführer des Bundesligisten sei nie "richtig in Kiel angekommen" und habe die Rolle, die ihm zugedacht war, nie ausfüllen können. Pikant: Als Schwenker über eine Manipulationsaffäre um das angeblich verschobene Champions-League-Finale 2007 gegen die SG Flensburg-Handewitt stolperte, die 2012 mit einem Freispruch vor dem Kieler Landgericht endete, war Storm als Geschäftsführer für den Liga-Rivalen Rhein-Neckar Löwen tätig, der den Fall mit ins Rollen gebracht hatte.
"Beide haben seit der Sache damals eine Negativeinstellung zueinander", sagte der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Helmut Wünderlich. "Dieses Verhältnis ist nicht mehr zu kitten. Das muss man natürlich wissen, wenn einer über den anderen redet." Aufsichtsratschef Reinhard Ziegenbein sieht in der Verpflichtung des früheren THW-Profis Viktor Szilagyi als Sportlichen Leiter zum 1. Januar einen Aufschwung. "Wir zeigen, dass wir den sportlichen Bereich weiter forcieren wollen. Und die damit verbundene Entlastung für Thorsten Storm ist für seine Arbeit als Geschäftsführer ebenfalls von Vorteil", sagte Ziegenbein den "Kieler Nachrichten". Der Jurist sprach von einer Gewaltenteilung zwischen Storm und Szilagyi.
"Müssten mit meiner Frau reden"
Dagegen sieht Schwenker derzeit niemanden, der die Probleme der Zebras auf der "operativen Seite in den nächsten Jahren löst". In der Vergangenheit habe man in Kiel auf einen kleineren, aber elitären Kader gesetzt. Nun seien es etwa 20 Spieler, aber nur noch drei Weltklasseleute darunter. "Die können nicht in jedem Spiel auf höchstem Niveau agieren." Trainer Alfred Gislason sei von den Verantwortlichen allein gelassen worden. Die Verpflichtung Szilagyis sei nur eine "kosmetische Entscheidung". Wenn er durch Kiel gehe, werde er "an jeder Ecke darauf angesprochen, was mit dem THW los ist", berichte Schwenker.
Ein erneutes Engagement beim THW schloss er nicht aus. Allerdings sagte der 58-Jährige: "Einige der jetzt handelnden Personen müssen über ihren persönlichen Schatten springen und die Interessen des THW Kiel über ihre eigenen stellen. Und dann müssten sie einmal mit meiner Frau reden. Wenn das alles gelungen ist, dann kann man mal mit mir reden. Vorher mache ich mir darüber keine Gedanken."
Quelle: ntv.de, Stefan Flomm, dpa