Sport

Doping-Vorwürfe in Westdeutschland Ex-NOK-Generalsekretär wehrt sich

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Gab es nun systematisches, vom Staat gefördertes Doping in Westdeutschland oder nicht? Nein, meint der einstige Generalsekretär des Nationalen Olympischen Komitees. Doch die Vorwürfe wiegen schwer. Die SPD-Fraktion im Bundestag beantragt eine Sondersitzung.

Für den ehemaligen Generalsekretär des Nationalen Olympischen Komitees (NOK) Walther Tröger ist das Doping-System der Bundesrepublik mit dem der ehemaligen DDR nicht vergleichbar. "Systematisches Doping hat es unter dem Dach des Bundesinnenministeriums, des Bundesinstituts für Sportwissenschaft und der Sportorganisationen nach meiner Überzeugung nicht gegeben", sagte Spitzenfunktionär. Damit wies er entsprechende Vorwürfe in einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" zurück.

Tröger sagt, er habe "intensiv am Kampf gegen Doping mitgearbeitet".

Tröger sagt, er habe "intensiv am Kampf gegen Doping mitgearbeitet".

(Foto: dpa)

Die SZ hatte über systematisches Doping in Westdeutschland zu Beginn der 1970er-Jahre berichtet. Etliche Politiker hätten von Doping gewusst und es zumindest geduldet. Kritiker seien kaltgestellt worden.

Das Blatt berief sich dabei auf Ergebnisse der Arbeit einer Forschergruppe der Berliner Humboldt Universität mit dem Titel "Doping in Deutschland 1950 bis heute aus historisch-soziologischer Sicht im Kontext ethischer Legitimation". Der Abschlussbericht der vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) 2008 initiierten und vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) mit rund 525.000 Euro bezuschussten Arbeit ist noch nicht veröffentlicht. Bislang hatten das BISp und der DOSB Datenschutzbedenken als Grund genannt.

Tröger will "Offenlegung aller Details"

Der inzwischen 84 Jahre alte Tröger war von 1992 bis 2002 NOK-Präsident. Zuvor hatte er den Posten des NOK-Generalsekretärs inne. Von 1961 bis 1992 war er damit dir rechte Hand des damaligen NOK-Präsidenten Willi Daume. "Die Legende Willi Daume wird durch diesen Bericht keinen Schaden nehmen. Er hat in Deutschland auch kein Doping unter der Hand akzeptiert", sagte Tröger. "Im Gegenteil, er hat all die Jahre schlüssig gegen Doping gekämpft."

Er selbst rechnet mit keinen Negativfolgen. "Ich befürchte keine Konsequenzen. Ich habe in dieser Zeit, alles, was in meiner Verantwortung war, gewusst und vertreten können. Ich habe im Rahmen der Politik des NOK intensiv am Kampf gegen Doping mitgearbeitet", sagte Tröger und forderte die Nennung konkreter Namen: "Ich setze mich seit Jahren für eine vollständige Offenlegung aller Details ein."

Studie soll "bald" veröffentlicht werden

Auch DOSB-Präsident Thomas Bach forderte eine zeitnahe Veröffentlichung eines Abschlussberichts der Studie. "Ich habe dieses Projekt initiiert, um eine umfängliche Aufklärung zu erreichen und Aufarbeitung zu ermöglichen", sagte der Jurist aus Tauberbischofsheim. "Deshalb hoffen wir im DOSB, dass uns der Abschlussbericht baldmöglichst zugeht."

"Wir würden es im Sinne einer größtmöglichen Transparenz begrüßen, wenn der Abschlussbericht dann auch umgehend der Öffentlichkeit zugänglich gemacht würde", sagte Bach weiter. Nach einer sorgfältigen Analyse werde der DOSB "alle notwendigen Konsequenzen ziehen".

Laut Generalsekretär Michael Vesper erwartet der DOSB den Abschlussbericht "in Kürze vom BISp". Einen konkreten Termin nannte Vesper allerdings nicht. Der Bericht werde zusammen mit den Veröffentlichungen, die es von der Untersuchungskommission an der Uni Freiburg geben werde, "sicher Grundlage für eine umfassende wissenschaftliche Diskussion" sein.

Das Bundesinnenministerium hatte bereits zuvor angekündigt, die Studien zur Doping-Praxis in der Bundesrepublik zeitnah zu veröffentlichen. "Nachdem nun die datenschutzrechtlichen Bedenken ausgeräumt sind, wird das Bundesinnenministerium gegenüber dem Bundesinstitut für Sportwissenschaft darauf hinwirken, dass der Bericht möglichst bald veröffentlicht und damit einer umfassenden fachsportlichen und politischen Diskussion und Bewertung zugänglich ist", teilte ein Sprecher des BMI mit.

Sondersitzung im Bundestag beantragt

Der Sportausschuss des Deutschen Bundestages wird voraussichtlich Anfang September auf einer Sondersitzung über die Enthüllungen beraten. "Die SPD-Fraktion hat eine Sondersitzung schon beantragt. Am Montag werde ich die Obleute informieren und Bundestagspräsident Norbert Lammert offiziell um die Genehmigung bitten", sagte die Sportausschussvorsitzende Dagmar Freitag.

Möglicherweise werde die Sitzung am 2. oder 3. September stattfinden können, da dann der Bundestag ohnehin zu Haushaltsberatungen zusammenkomme. "Die FDP hat mir bereits telefonisch ihr Einverständnis mitgeteilt", berichtete die SPD-Politikerin.

Dass die Parlamentarier über die Ergebnisse der Studie zur Doping-Vergangenheit der alten Bundesrepublik durch den SZ-Betrag der informiert wurden, empört auch Freitag. "Natürlich ist das ein Unding", meinte Freitag. Das Thema habe auf zwei Sportausschusssitzungen auf der Tagesordnung gestanden und zweimal sei auf Datenschutzprobleme verwiesen worden.

"Parlamentarier sind keine Bittsteller. Ich denke, wir haben ein Recht auf die verlangten Auskünfte", erklärte Freitag. Schließlich zahle der Bund und damit der Steuerzahler für die Studie. "Ich schließe mich meinen Kollegen Gerster und Oppermann an, dass die Namen und Fakten auf den Tisch gehören", sagte die Politikerin. "Was mich irritiert ist, dass der DOSB, Initiator des Projektes, scheinbar daran kein Interesse hat."

Quelle: ntv.de, hah/dpa/sid

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