Volle WM-Stadien - Fluch oder Segen? Neids Team wankt unter dem Druck
01.07.2011, 13:12 Uhr
Banger Blick in die Zuschauer oder pure Konzentration? Die Gesichter der Spielerinnen vor dem Spiel gegen Nigeria.
(Foto: dapd)
Knapp 74.000 Zuschauer in Berlin, fast 50.000 in Frankfurt – wenn die deutschen Frauen bei der Weltmeisterschaft spielen, können sie auf ihre Fans bauen. Doch es gibt ein Problem: Viele Spielerinnen scheinen dem Erwartungsdruck nicht gewachsen. Sagt Bundestrainerin Silvia Neid.
Dabei hatten sie am Main doch alles getan, um ihrem Ruf gerecht zu werden. "Das Herz des Frauenfußballs schlägt in Frankfurt" lautet der Slogan, mit dem die Stadt während der Weltmeisterschaft für sich wirbt. Und die meisten der 48.817 Zuschauer im ausverkauften Stadion zeigten, was damit gemeint ist. Obwohl die DFB-Elf beim mehr Kampf und Krampf als Klasse zeigte, ließen sich die Fans sich über 90 bisweilen sehr zähe Minuten nicht den Spaß verderben und feuerten ihr Team unermüdlich an. Ein Publikum wie aus dem Bilderbuch – das schlechte Aktionen konsequent verzieh und das wenige Gelungene enthusiastisch feierte.
Nur auf dem Rasen lief es nicht rund. Gegen überhart einsteigende Nigerianerinnen gelang den Deutschen, vornehmlich in der Offensive, so gut wie nichts. Fehlpassfestival statt Kombinationsfußball - Bundestrainerin Silvia Neid wirkte hinterher sehr nachdenklich. Woran es denn gelegen habe, dass kaum ein Pass bei der Mitspielerin angekommen sei? "Auf mich wirkten die Spielerinnen sehr gehemmt. Vielleicht war die Belastung heute zu groß." Der Druck auf die Spielerinnen ist tatsächlich groß. Die Weltturniere 2003 und 2007 haben sie gewonnen, jetzt soll der dritte Titel her. Doch jetzt drohen, folgt man Silvia Neid, die vollen Stadien zur Belastung zu werden.
"Wir waren einfach nicht frei"
Dabei hatte sich die Mannschaft explizit auf Frankfurt gefreut, eine Stadt, die eng mit dem Frauenfußball verbunden ist. Schließlich gründete eine Dame namens Lotte Specht hier 1930 den 1. Deutschen Damenfußballclub. Und gegen Nigeria standen mit Nadine Angerer, Saskia Bartusiak, Melanie Behringer, Kerstin Garefrekes und fünf Spielerinnen aus Frankfurt in der Startelf. Abwehrspielerin Babett Peter, eine der Besseren, schwärmte dann auch von den "50.000 Zuschauern in einem reinen Fußballstadion – die haben wirklich Stimmung gemacht." Auch ihre Kolleginnen wollten unisono hinterher nichts davon wissen, dass der Druck zu groß sei. Zumindest haben sie es nicht gesagt.

Welcher Druck? Zumindest äußerlich wirkten Kim Kulig (links) und Simone Laudehr auf der heutigen Pressekonferenz gelassen.
(Foto: dpa)
Doch die Wahrheit auf dem Platz sah anders aus. Ihre Trainerin drückt das so aus: "Wir waren einfach nicht frei. Das hängt schon mit dem Kopf zusammen." Deswegen will Silvia Neid in den kommenden Tagen mit Trainingsinhalten aufwarten, "die Spaß machen". Zudem werde sie "sehr viele Einzelgespräche" führen. Ein wenig Zeit dazu hat sie. Das abschließende Vorrundenspiel findet erst am Dienstag in Mönchengladbach statt. Nachdem das DFB-Team mit seinen zwei Siegen aus zwei Spielen bereits den Sprung ins Viertelfinale geschafft hat, geht es gegen die starken Französinnen um den Gruppensieg – vor 45.860 erwartungsfrohen Zuschauern. Ausverkauft.
Und soll der Plan aufgehen, muss die deutsche Mannschaft die Gruppe A gewinnen. Schließlich will Silvia Neid mit ihrer Mannschaft bei diesem Turnier nach Möglichkeit noch zweimal in Frankfurt spielen: am 13. Juli im Halbfinale und drei Tage später im Endspiel. Dort, wo das Herz des Frauenfußballs schlägt.
Quelle: ntv.de