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French-Open-Finale gegen Alcaraz Zverev muss in größter Reifeprüfung richtige Antworten liefern

Krönt sich Alexander Zverev in Paris erstmals zum Grand-Slam-Champion?

Krönt sich Alexander Zverev in Paris erstmals zum Grand-Slam-Champion?

(Foto: IMAGO/Shutterstock)

Tennis-Star Alexander Zverev zeigt bei den French Open, dass er Widrigkeiten trotzen kann und spielt sich konzentriert ins Finale. Dort ist seine Chance auf den ersten Grand-Slam-Triumph so groß wie nie, denn der Hamburger ist erwachsen geworden. Gelingt gegen Carlos Alcaraz der letzte Schritt?

Als Alexander Zverev am Freitagabend mit einem Ass seinen Finaleinzug bei den French Open besiegelte, hatte er nicht nur zum zweiten Mal die Tür zu einem Grand Slam Endspiel geöffnet. Auch bekommt Zverev am heutigen Nachmittag (15 Uhr/DAZN und im Liveticker auf ntv.de) die Chancen gegen einen der Hochbegabten im Tennis, vielleicht den Höchstbegabten, anzutreten. Denn im Endspiel wartet Carlos Alcaraz, der 21-jährige Wimbledon Sieger aus dem letzten Jahr.

Vor zwei Jahren, genau zwei Tage bevor Zverev im Match gegen Rafael Nadal umknickte und den Rest des Jahres ausfiel, standen sich die beiden schon mal gegenüber. Damals siegte Zverev leicht überraschend im Viertelfinale gegen den zu diesem Zeitpunkt enorm gehypten Alcaraz. Seitdem ist Alcaraz zwei Jahre älter geworden und darf zwei Grand-Slam-Titel sein Eigen nennen. Auch ansonsten hat Alcaraz seinen damaligen Gegner überholt, nicht nur was die Titel angeht. Zugegeben, die halbjährige Verletzungspause von Zverev, als Folge seines Umknickens gegen Nadal, darf nicht unter den Teppich gekehrt werden. Dennoch machte Alcaraz seit diesem Aufeinandertreffen bei den French Open mehr spielerische Fortschritte, als man sie von Zverev im selben Zeitraum gesehen hat.

Trotzdem hat sich der Hamburger in den vergangenen eineinhalb Jahren auf sehr hohem Niveau stabilisiert. Es gibt kaum noch Turniere, bei denen Zverev wirklich früh verliert, bei Grand Slams auf seinen favorisierten Hart- und Sandplätzen schon mal gar nicht. Seit dem French-Open-Halbfinale im vergangenen Jahr stehen eine dritte Runde beim Rasenturnier in Wimbledon (sein schlechtester Untergrund), das Viertelfinale bei den US Open und ein weiteres Halbfinale in Melbourne in diesem Januar zu Buche. Dazu der Masters-Titel in Rom wenige Tage vor Beginn der French Open, der ihn in die Rolle des Mitfavoriten katapultierte.

Rodeo-Ritte und Prozess eingestellt

Selbst aus dieser Position heraus hat Zverev während der vergangen zwei Wochen in Paris jedoch einen ordentlichen Rodeo-Ritt mit zahlreichen Aufs und Abs hingelegt. In den ersten Tagen des Turniers richtete sich die komplette Aufmerksamkeit, nicht nur der Tennisöffentlichkeit, auf Zverevs Erstrundenmatch gegen Rafael Nadal. Beide würden ihr jäh unterbrochenes Halbfinale von 2022 wieder aufnehmen. Dass Nadal nicht mehr in der Lage war, Zverev ernsthaft zu gefährden, er hier seinen wohl letzten Auftritt in Paris hatte, sahen dessen Fans mit Betrübnis. Für den Hamburger fing nach eigenen Worten nach diesem Match "ein neues Turnier an". Ein Quasi-Neustart, und einer, der holprig verlief.

In der dritten Runde war Zverev schon knapp davor, sehr früh aus Paris abzureisen. Im fünften Durchgang lag Zverev schon klar gegen den Niederländer Tallon Griekspoor hinten, bevor er sich im Tiebreak des fünften Satzes rettete. Auch gegen das dänische Ausnahmetalent Holger Rune musste Zverev über fünf Sätze, ehe er dann in Viertel- und Halbfinale wieder kräfteschonende Matches absolvierte. Genau hier war in früheren Jahren oft das Ende für Zverev gekommen. Zu sehr hatte er sich in früheren Runden verausgabt, zu passiv spielte er in den wirklich wichtigen Matches. Doch dieses Mal zeigte Zverev eine Beharrlichkeit und Entschlossenheit, die ihn nun ins Finale geführt hat.

Die Zeit in Paris wurde auch von Nachrichten aus Berlin begleitet. Dort begann vorletzte Woche der Prozess gegen Zverev, der das Zahlen eines Strafbefehls wegen des Vorwurfs der Körperverletzung an seiner ehemaligen Freundin Brenda Patea abgelehnt hatte, weswegen der Fall jetzt vor Gericht verhandelt wurde. Am Freitag wurde der Prozess dann gegen die Zahlung einer Geldauflage von 200.000 Euro eingestellt. Darauf hatten sich die Staatsanwaltschaft, die Verteidigung von Zverev, als auch Patea als Nebenklägerin geeinigt.

Dass am Sonntag im Finale Carlos Alcaraz wartet, kann durchaus als kleine Überraschung gewertet werden. Nicht, weil dem jungen Spanier irgendwer das Talent oder die Erfolge absprechen würde. Doch in den Tagen vor Turnierbeginn stand über dem Abschneiden von Alcaraz noch ein großes Fragezeichen. Eine Armverletzung, die er sich im Trainingsblock vor der Sandplatzsaison zugezogen hatte, zwang ihn zu Absagen der Turniere in Monte-Carlo, Barcelona und Rom. Sein einziges Vorbereitungsturnier auf die French Open endete in Madrid mit einer Niederlage im Viertelfinale. Niemand, nicht mal Alcaraz selbst, hatte eine Ahnung, ob und wie wettbewerbsfähig er hier in Paris wirklich sein würde.

Zverev: "Bin kein Kind mehr"

Doch nach seinem Erstrundensieg gegen den US-Amerikaner JJ Wolf hatte Alcaraz in seiner fröhlich-selbstbewussten Art angekündigt, wohl nicht viele Matches zu brauchen, um wieder bei 100 Prozent zu sein. Dieser Ankündigung ließ er in den darauffolgenden Matches dann auch Taten folgen. Besonders der Viertelfinalsieg gegen den Griechen Stefanos Tsitsipas, seinerseits einer der besten Spieler der Turniere auf der roten Asche in Europa, ließ aufhorchen. Im Halbfinale profitierte ein gut, wenn auch nicht überragend spielender Alcaraz auch davon, dass seinem Konkurrenten Jannik Sinner, ebenfalls im Vorfeld der French Open verletzt, ein wenig die Kraft ausging.

Worauf wird es also am Sonntag ankommen beim Duell des schon jung so erfolgreichen Alcaraz und dem immer noch auf den ganz großen Titel wartenden Zverev? Für Zverev liegt Teil der Antwort in der gewonnenen Erfahrung seit seinem ersten Finale bei den US Open 2020. Damals führte er schon mit zwei Sätzen und einem Break gegen Dominic Thiem, verlor das Match jedoch trotzdem noch. Zurückblickend sagte Zverev nun: "Ich war damals einfach noch nicht reif genug, um einen Grand Slam zu gewinnen. Jetzt bin ich 27 und kein Kind mehr."

Die Chance, seinen ersten Titel bei den vier größten Turnieren des Jahres zu gewinnen, war auf jeden Fall nie höher. Zverev kam gesund und mit der besten Form aller Topspieler nach Paris. Im Turnier hat er sich gesteigert, verschiedenen sportlichen Widrigkeiten getrotzt. Außerdem hat er hier vor zwei Jahren schon gegen Alcaraz gewonnen. Eine vielversprechende Möglichkeit also zu zeigen, dass Alexander Zverev in der Tat erwachsen geworden ist.

Quelle: ntv.de

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