Favoriten-Check: Vierschanzentournee Freund kämpft gegen den doppelten Prevc
29.12.2015, 14:17 Uhr
Die beiden Top-Favoriten auf den Tournee-Sieg: Severin Freund und Peter Prevc aus Slowenien.
(Foto: imago/GEPA pictures)
Severin Freund will die 14 Jahre dauernde Durststrecke beenden und wieder für einen deutschen Gesamtsieg bei der Tournee sorgen. Die größte Konkurrenz kommt aus Slowenien - das gleich doppelt. Eine andere stolze Nation ist dagegen fast chancenlos.
Severin Freund (27 Jahre, Deutschland): Eine Tournee-Hassliebe
Es waren zwei Traumjahre für den Niederbayern: Einzel-Weltmeister im Springen und Fliegen, Team-Olympiasieger, Gesamtweltcupsieger. Und dennoch klafft eine große Lücke in Freunds Vita: Bei der Vierschanzentournee kam Freund nie über Gesamtplatz sieben heraus. In einem Jahr ohne Olympia und "großer" WM steht er nun vor einem Millionen-Publikum am TV besonders unter Druck - Freund soll endlich die schon 14 Jahre dauernde deutsche Tournee-Durststrecke beenden.
Prognose: Freund landet erstmals bei der Tour unter den Top 3 - zum Gesamtsieg reicht es aber nicht.
Peter Prevc (23 Jahre, Slowenien): Der absolute Top-Favorit
Im Vorjahr lieferte Sloweniens Volksheld Topleistungen am Fließband ab - und stand trotzdem mit ziemlich leeren Händen da: Im Gesamtweltcup wurde Prevc hinter dem punktgleichen (!) Freund Zweiter, bei der WM in Falun blieb er ohne Medaillen und seinen Skiflug-Weltrekord verlor er nach 24 Stunden an Anders Fannemel. In den ersten sechs Weltcup-Wochen der neuen Saison war Prevc schlichtweg der beste Skispringer der Welt, reist mit drei Siegen in Serie zur Tournee, wo es es nun mit seinem ersten großen Titel klappen soll.
Prognose: Prevc ist haushoher Favorit - eigentlich können nur Krankheit und Sturz seinen Sieg verhindern.
Domen Prevc (16 Jahre, Slowenien): Der Geheimtipp
"Prevc 2.0" nennt Bundestrainer Werner Schuster den Teenager und schwärmt vom "fliegerisch Besten, das es jemals gegeben hat." Der kleine Bruder des großen Peter Prevc könnte der jüngste Tourneesieger der Geschichte werden - der Finne Toni Nieminen war bei seinem Erfolg 1991 einen Monat älter. Dies von Domen Prevc zu erwarten, der gerade einmal sechs Weltcup-Springen auf dem Buckel hat, wäre zumindest in diesem Winter aber noch verfrüht.
Prognose: "Little Prevc" kämpft in einzelnen Springen um Podest-Plätze, in der Gesamtwertung reicht es zu einem Top-10-Rang.
Gregor Schlierenzauer (25 Jahre, Österreich): Der Rückkehrer
Kaum zu glauben, dass der Kerl erst 25 Jahre alt ist. Seit seinem Debüt 2006 holte er 53 Weltcupsiege - mehr als jeder andere. Hinzu kommen sechs Goldmedaillen bei nordischen, vier bei Skiflugweltmeisterschaften - "Schlieri" gehört schon jetzt zu den Größten der Geschichte. Doch seit zwei Jahren läuft es nicht mehr rund, nach enttäuschendem Saisonstart ließ Schlierenzauer drei Weltcups aus. Gerüchte um einen Burn-out machten die Runde. Zur Tournee kehrt der Ausnahmeathlet zurück, sagt: "Das Feuer in mir brennt noch."
Prognose: Es wäre ein Erfolg für Schlierenzauer, wenn er die Tournee durchsteht. Um Siege springt er nicht.
Stefan Kraft (22 Jahre, Österreich): Der Titelverteidiger

Stefan Kraft ist der Titelverteidiger. Seine Form taugt aber bislang nicht zur Favoritenrolle.
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Kraft war Österreichs klare Nummer eins des Vorjahres - und der einzige beständige Siegspringer. Beim Vierschanzentournee-Auftakt in Oberstdorf holte der Pongauer seinen ersten Weltcupsieg und sorgte im Anschluss für den siebten Tournee-Erfolg für Österreich in Folge. Vor allem an ihm wird es nun liegen, dass diese Serie hält - ein mächtiger Rucksack.
Prognose: Kraft gehört zum Favoritenkreis, zur Titelverteidigung langt es aber nicht.
Kenneth Gangnes (26 Jahre, Norwegen): Der Spätstarter
Nicht Weltmeister Rune Velta, nicht Skiflug-Weltrekordler Anders Fannemel, sondern ein Springer aus der vermeintlich zweiten Reihe ist der momentan Stärkste der norwegischen Schanzen-Armada. Im reifen Skispringer-Alter feierte Gangnes, der im Gesamtweltcup nie über den 41. und bei der Tournee nie über den 45. Platz hinauskam, in Lillehammer Anfang Dezember seinen ersten Sieg. Der Schweiger aus Gjövik hat Blut geleckt.
Prognose: Gangnes kann die große Überraschung der Tournee werden, ein Tagessieg ist allemal drin.
Noriaki Kasai (43 Jahre, Japan): Das Phänomen
Vor 27 Jahren debütierte Kasai im Weltcup, noch immer ist er dabei. Und was heißt denn da dabei - "Nori" gehört zur absoluten Elite. Im Vorjahr lieferte der Unverwüstliche eine der besten Saisons seiner langen Karriere ab, siegte in Kuusamo, wurde Sechster im Weltcup. Vor der Tournee - seiner bereits 25. - unterstrich er als Dritter in Engelberg seine Klasse. Zweimal war er bei den "Four Hills" Zweiter, der Gesamttriumph fehlt noch.
Prognose: Wenn die anderen schwächeln, ist "Nori" da und kämpft um Tagessiege. Der Gesamterfolg ist aber im Normalfall nicht drin.
Simon Ammann (34 Jahre, Schweiz): Der Unvollendete
Wie oft war der doppelte Doppel-Olympiasieger schon abgeschrieben und kam stärker zurück. Nun wartet auf "Simi" die vielleicht härteste Probe seiner Karriere: Nach seinem schlimmen Sturz von Bischofshofen im Vorjahr stellte er seine Technik um, landet nun mit dem rechten Fuß voran und sucht noch nach dem Anschluss. In Engelberg deutete er zuletzt seine Klasse an, es fehlt aber an Konstanz.
Prognose: Es wird wird wieder nichts mit dem ersten Tournee-Sieg, die Top 10 sind das Maximum.
Richard Freitag (24 Jahre, Deutschland): Der Schattenmann
Der "Rich" ist der Schattenmann hinter Severin Freund: immer ein wenig im Hintergrund, etwas weniger erfolgreich, etwas weniger öffentlich präsent. Dabei war es der Sachse, der im Vorjahr in Innsbruck für den ersten deutschen Tagessieg bei der Tournee seit 2002 sorgte. Innsbruck liegt ihm, Oberstdorf auch, Bischofshofen liebt er als Flieger. Eigentlich passt alles für eine starke Tournee-Platzierung.
Prognose: Die fehlende Beständigkeit ist immer noch Freitags großes Problem, er landet zwischen Platz fünf und acht.
Johann Andre Forfang (20 Jahre, Norwegen): Das Top-Talent
Die große Hoffnung der Norweger: Forfang ist noch immens jung, bringt aber schon eine Menge Erfahrung mit und springt enorm abgeklärt. In acht Saisonspringen fünfmal unter den Top 5, zweimal auf dem Podest. Der ganz große Durchbruch ist nur eine Frage der Zeit.
Prognose: Siegt Forfang in Oberstdorf, wird er explodieren. Er kann Prevc und Freund enorm gefährlich werden.
Quelle: ntv.de, tno/sid