"Lance hat gelogen, aber ich lüge nicht" Froome will von Doping nichts hören
15.07.2013, 13:52 Uhr
Ist verdammt schnell in Frankreich unterwegs: Christopher Froome.
(Foto: AP)
Christopher Froome dominiert die Tour de France, seine Fahrt hinauf zum Mont Ventoux lässt schlimme Verdächtigungen aufkommen. Kann das alles mit rechten Dingen zugehen? Der Brite streitet Doping vehement ab und ist sauer, dass ihm keiner seinen Triumph gönnt.
Christopher Froome hörte geduldig zu, verteidigte sich vehement - und wollte am Ende nur noch schnell weg. Raus aus dem Mannschaftshotel, auf sein Rad, zum Training am Ruhetag der 100. Tour de France - die zehrenden Dopingverdächtigungen weit hinter sich lassen. Wie schon nach seinem unwirklich erscheinenden Sturm nach Ax-3-Domaines stand der überlegene Gesamtführende der Frankreich-Rundfahrt auch nach seinem Ritt den Mont Ventoux hinauf im Zentrum bohrender Fragen. "Ich sitze hier und werde einen Tag nach meinem bisher größten Sieg als Lügner beschuldigt. Das ist traurig", sagte der 28-Jährige.
Froome hätte lieber Bewunderungen für seine Leistung entgegengenommen, statt ständigen Zweifeln zu begegnen. Doch weil der Radsport die Öffentlichkeit jahrelang an der Nase herumgeführt hat, muss nunmal ein derart überlegener Gesamtführender des größten Radrennens der Welt mit großer Skepsis umgehen. Auch dass sein Sky-Teamchef Dave Brailsford zunehmend genervt auf das Thema reagiert, wird die Forderung nach überzeugenden Argumenten nicht verschwinden lassen. "Es ist 10 Uhr am Ruhetag, und ich muss uns verteidigen, obwohl wir nichts falsch gemacht haben", sagte Brailsford, bevor beide ein wenig angesäuert den Raum verließen und Froome noch zahlreiche TV-Interviews gab.
Experte: "Leistungen theoretisch erklärbar"
Der Auftritt am Mont Ventoux sei lange geplant gewesen, man habe den Berg intensiv studiert. Und doch würden alle immer dasselbe fragen, jeden Tag. "Sagt uns, was wir tun können, um unsere Unschuld zu beweisen und die Zweifel zu beseitigen", entgegnete Brailsford. Der 49-Jährige hinterfragte erneut den Sinn der Veröffentlichung von umfangreichen Informationen zu Froomes Leistungen.
Die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) könne alle denkbaren Daten einsehen und über lange Zeit sammeln. Im Zuge des Falls Armstrong und der ebenfalls prekären Situation in der Leichtathletik nach den spektakulären Fällen um Tyson Gay und Asafa Powell müsse man den Blickwinkel verändern. "Die WADA-Experten können sich alles anschauen, die Leistungsdaten, das Gewicht, was wir trainieren und wo wir trainieren - das gesamte Bild wie beim Blutpass. Sie können dann der Welt beweisen, ob die Daten glaubwürdig sind oder nicht."
Vorerst stehen aber auch Vorbehalte von Wissenschaftlern im Raum. Dr. Andreas Greiwing vom Zentrum für Sportmedizin der Uni Münster hat "Bauchschmerzen, wenn ich das sehe. Die Trainingswissenschaft hat nicht solche Schritte gemacht", sagte er. Gleichwohl gibt Greiwing zu bedenken, dass es möglich sei, dass Froome sauber fahre. "Der Verdacht liegt zwar nahe, aber mit genetischen Voraussetzungen und Training sind solche Leistungen theoretisch erklärbar."
Zweifel sind schwer zu zerstreuen
Für Froome, dessen Zeit hinauf zum "kahlen Riesen der Provence" nur von Armstrong und Marco Pantani in der Hochzeit des Epo- und Blutdopings unterboten worden war, sei es ein langer Kampf gewesen, dieses Niveau zu erreichen. "Ich weiß, was ich dafür getan habe, und ich bin extrem stolz darauf. Das ist das Ergebnis von extrem harter Arbeit", sagte der gebürtige Kenianer.
Mit seiner enormen Beschleunigung bei der entscheidenden Attacke habe Froome laut Greiwing aber eigentlich Leistungsreserven freigemacht, "die zum Beispiel bei Todesangst abrufbar sind. Wenn man eigentlich platt ist, kann man so doch weitermachen. Früher wurden dafür Amphetamine genutzt."
Froome wird seine Botschaft auf dem Weg durch die Alpen nach Paris und zum zweiten britischen Tour-Sieg in Serie wohl noch oft wiederholen müssen. Auch die, dass Vergleiche seiner Leistungen mit denen des gestürzten Stars Lance Armstrong nicht zulässig seien: "Ich kann nur offen sein. Lance hat gelogen, aber ich lüge nicht." Die Zweifel werden dennoch nicht weichen.
Die Etappen-Ergebnisse auf einen Blick:
Etappe | Strecke (Distanz) | Tagessieger | Gesamtführender |
1. | Porto Vecchio - Bastia (213 km) | Marcel Kittel (Deutschland) | M. Kittel (Deutschland) |
2. | Bastia - Ajaccio (156 km) | Jan Bakelants (Belgien) | J. Bakelants (Belgien) |
3. | Ajaccio - Calvi (144 km) | Simon Gerrans (Australien) | J. Bakelants (Belgien) |
4. | Nizza (25 km), Teamzeitfahren | Orica-GreenEdge | S. Gerrans (Australien) |
5. | Cagnes-sur-Mer - Marseille (228,5 km) | Mark Cavendish (GB) | S. Gerrans (Australien) |
6. | Aix-Provence - Montpellier (176 km) | André Greipel (Deutschl.) | D. Impey (Südafrika) |
7. | Montpellier - Albi (205,5 km) | Peter Sagan (Slowakei) | D. Impey (Südafrika) |
8. | Castres - Ax-3-Domaines (195 km) | Christopher Froome (GB) | C. Froome (GB) |
9. | St. Girons - Bagnères de B. (168,5 km) | Daniel Martin (Irland) | C. Froome (GB) |
10. | St-Gildas-des-Bois - St-Malo (197 km) | Marcel Kittel (Deutschland) | C. Froome (GB) |
11. | Avranches - Mont-St-Michel (33 km) | Tony Martin (Deutschalnd) | C. Froome (GB) |
12. | Fougères - Tours (218 km) | Marcel Kittel (Deutschland) | C. Froome (GB) |
13. | Tours - St.-Amand-Montrond (173 km) | Mark Cavendish (GB) | C. Froome (GB) |
14. | Saint-Pourcain-sur-Sioule - Lyon (191 km) | Matteo Trentin (Italien) | C. Froome (GB) |
15. | Givors - Mont Ventoux (243 km) | Christopher Froome (GB) | C. Froome (GB) |
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Quelle: ntv.de, Ruben Stark, sid