Norwegens Ski-"Speed King" in spe Jansrud muss dem Gold-Druck davonrasen
08.02.2017, 09:22 Uhr
Mehr WM-Favorit geht nicht: In vier der letzten sechs Super-G im Weltcup hieß der Sieger Kjetil Jansrud.
(Foto: imago/GEPA pictures)
Olympiasieger Kjetil Jansrud gilt bei der Ski-WM in St. Moritz in einem breiten Favoritenfeld als heißester Anwärter auf Super-G-Gold. Dabei wollte er Langläufer werden und träumt eigentlich von etwas ganz anderem: einer Ohrfeige für Lance Armstrong.
Die alpine Ski-WM in St. Moritz ist gerade eröffnet worden, da herrscht schon helle Aufregung im Lager der Norweger. Kjetil Jansrud krank? Herregud, oh mein Gott! Nach bangen Minuten gibt der Super-G-Olympiasieger jedoch Entwarnung. "50 Prozent ein bisschen krank, 50 Prozent männerkrank", sagt er mit einem breiten Grinsen. Die leichte Erkältung stelle seinen Start im Super-G ab 12 Uhr nicht in Frage.
Jansrud gilt in einem breiten Favoritenfeld beim ersten Männer-Rennen als heißester Anwärter auf Gold. Aber: Als Konkurrenten sind da die Österreicher mit Titelverteidiger Hannes Reichelt und Abfahrts-Olympiasieger Matthias Mayer. Da ist Lokalmatador Beat Feuz, der vor einem Jahr die Generalprobe in St. Moritz gewann, oder Dominik Paris aus Südtirol sowie Jansruds hoch talentierter Kollege Aleksander Aamodt Kilde. Aber Routinier Jansrud hat vier der letzten sechs Super-G im Weltcup gewonnen.
"Ich spüre den Druck"
Der 31-Jährige soll die Wintersport-verrückten Norweger in Abwesenheit von "Speed King" Aksel Lund Svindal (Knie-OP) jubeln lassen. Für "zwei Minuten Skifahren" werde es trotz Hustens schon noch reichen, sagt der "Speed King" in spe im Scherz, aber: "Ich spüre den Druck, das muss ich zugeben." Die Ausgangslage sei mit jener bei der WM 2015 in Beaver Creek vergleichbar - damals fehlten ihm am Ende drei Hundertstelsekunden zur Medaille.
Doch Jansrud ist keiner, der nach Rückschlägen all zu lange hadert. Ob Ausfälle, schlechte Platzierungen oder schwere Verletzungen wie der Kreuzbandriss im Super-G bei der WM 2013 - er steckt es weg. "Er war immer schon sehr stark im Kopf", sagt sein Vater Jan, der den kleinen Kjetil in Vinstra im südnorwegischen Gudbrandsdalen einst trainiert hatte. Jansrud begann mit zwei Jahren mit dem Langlaufen, mit drei lief er seinen ersten "Zehner" - alleine. "Er ist immer wieder hingefallen, und immer wieder aufgestanden", sagt Jan Jansrud, "er wollte sich einfach nicht helfen lassen".
Ohrfeige für Lance Armstrong
Mit sechs wechselte er auf die Alpinski und trainierte verbissen auf einem Hügel hinterm Haus, auch bei minus 30 Grad. Sein Vater achtete nach dem Vorbild des großen Kjetil André Aamodt strengstens darauf, dass Jansrud skitechnisch sauber fuhr - schnell sein könne der Junior später noch. Das zahlte sich aus: Seine erste Medaille gewann Jansrud bei Olympia 2010 im Riesenslalom. Doch seine Verbissenheit legte er erst ab, als er 2014 in Sotschi den Olymp bestieg. Die Goldmedaille habe ihn ruhiger gemacht, sagt er.
Skifahren ist ohnehin nicht alles, meint Jansrud. Er ist vielseitig interessiert, nicht nur an Sport. Bei Albert Einstein hätte er gern Mäuschen gespielt, hat er "Aftenposten" mal erzählt, "um zu sehen, wie dieses Gehirn funktioniert". Winston Churchill und Dwight D. Eisenhower hätte er dabei zusehen wollen, wie sie nach dem Zweiten Weltkrieg die Welt neu ordneten. Und Lance Armstrong wäre er gerne mal begegnet, "um ihm die heftigste Ohrfeige überhaupt zu verpassen".
Quelle: ntv.de, Marco Mader und Thomas Häberlein, sid