Ein WM-Gürtel fehlt noch Klitschko sucht sein nächstes Opfer
17.11.2014, 12:21 Uhr
Rummmms. Die Rechte sitzt.
(Foto: imago/nph)
Kubrat Pulev galt als der gefährlichste Gegner seit langer Zeit für Wladimir Klitschko. Er hielt fünf Runden durch. Nun sucht der Box-Champion neue Gegner. Besonders interessant: Bermane Stiverne. Er erbte Vitali Klitschkos Gürtel.
Wer kann Wladimir Klitschko schlagen? Oder besser gesagt: Wer kann dem 38-jährigen Langzeitweltmeister im Schwergewicht überhaupt annähernd gefährlich werden? Diese Fragen kamen unweigerlich auf, nachdem "Dr. Steelhammer" sich seines IBF-Pflichtherausforderers Kubrat Pulev mit einem krachenden linken Haken entledigt hatte.
Der Bulgare galt vor dem Kampf noch als stärkster Klitschko-Gegner seit langem, als einer, der dem Ukrainer dank seiner guten Technik das Wasser reichen könnte. Pustekuchen. Fairerweise muss man sagen, dass Pulev nicht nach Hamburg gekommen war, um sich seine Börse von etwas mehr als einer Million Euro abzuholen. Er wollte Klitschko unbedingt schlagen, ging vom ersten Gong an nach vorne und probierte, den Champion in Verlegenheit zu bringen. Allein: Gegen die Kraft und boxerische Klasse des Weltmeisters war er - wie 16 Herausforderer vor ihm - chancenlos.
Nach der Ankündigung Klitschkos, im Frühjahr wieder in den Ring steigen zu wollen, waren Promoter und Experten sofort eifrig bemüht, ein paar Namen ins Spiel zu bringen, die dem Champion das Leben doch noch schwer machen könnten.
Ein Ex-Sparringspartner als Gegner?
Kandidat 1 auf der Liste ist Bermane Stiverne. Der Kanadier mit haitianischen Wurzeln ist seit Mai dieses Jahres Titelträger des WBC und hält damit den Gürtel, den Vitali Klitschko niedergelegt hatte, um sich voll auf seine Karriere als Politiker zu konzentrieren. Als konkurrierender Champion wäre der 36-Jährige fraglos ein attraktiver Gegner für Klitschko, zumal dieser immer wieder betont hat, seine Titelsammlung um den grün-goldenen Gürtel des WBC erweitern zu wollen. Auch boxerisch hat der Schwergewichts-Markt kaum besseres herzugeben als Stiverne. Der Linksausleger ist technisch stark, kann im Vorwärts- wie im Rückwärtsgang agieren und boxt sehr variabel. Vor allem aber kann Stiverne richtig hinlangen: 21 seiner 24 Siege gewann das 1,88 Meter große Muskelpaket vorzeitig. Den WBC-Titel schnappte er sich, indem er den mit Eisenkinn ausgestatteten Amerikaner Chris Arreola auf die Bretter schickte - eine Leistung, die 2009 nicht einmal Vitali Klitschko fertig gebracht hatte.
Bevor es zu einem Vereinigungskampf mit Klitschko kommt, muss Stiverne seinen Titel aber noch gegen die große amerikanische Schwergewichts-Hoffnung Deontay Wilder verteidigen. Der 29-Jährige hat alle seiner 32 Profi-Kämpfe vorzeitig gewonnen, wird in den USA trotz seiner 100-prozentigen K.o.-Quote jedoch kritisch beäugt. Denn die Mehrzahl seiner Knockouts landete Wilder gegen Gegner aus der Kategorie "Kirmesboxer". Erst in den letzten Kämpfen trat "The Bronze Bomber" (Wilder gewann 2008 bei Olympia die Bronzemedaille) gegen namhaftere Konkurrenz an. Ex-WBO-Weltmeister Sergej Liakhovic knockte er ebenso in Runde 1 aus wie Olympiasieger Audley Harrison und US-Rivale Malik Scott. Wo Wilder bisher hinlangte, wuchs kein Gras mehr. Macht er auch mit Stiverne kurzen Prozess, ist er der logische und legitime Herausforderer für Klitschko. Der Weltmeister selbst hat großen Respekt vor Wilder, seit dieser ihm vor dem Kampf mit Mariusz Wach als Sparringspartner diente. Er erklärte den Amerikaner damals sogar zum Champion der Zukunft.
Mit einer Größe von 2,01 Meter und einer Reichweite von 2,11 Meter ist der Amerikaner Klitschko physisch überlegen. Dank seiner immensen Schlagkraft stellt er zudem für jeden Gegner eine Gefahr dar. Bei Wilder weiß man: Ein Schlag kann das Ende bedeuten. Ein Kampf Klitschko vs. Wilder ließe sich daher als Duell der K.o.-Künstler hervorragend vermarkten.
Offene Rechnung mit Chisora
Ein weiterer Ausscheidungskampf um die Krone im Schwergewicht steigt in zwei Wochen in London, wenn die Engländer Tyson Fury und Derek Chisora um den Status als WBO-Pflichtherausforderer kämpfen. Fury - wie Wilder ein Ex-Klitschko-Sparringspartner - gilt als Favorit, schließlich besiegte er Chisora 2011 schon einmal deutlich nach Punkten. An Selbstvertrauen mangelt es dem 26-Jährigen ohnehin nicht. Fury sieht in sich nicht weniger als den besten Boxer des Planeten. Im Ring hat er diese Selbsteinschätzung bisher noch nicht untermauert. Der 2,06-Meter-Hüne boxt für seine Größe zwar recht annehmbar, zeigte bei seinen letzten Auftritten in der Defensive aber gravierende Schwächen. Vergangenes Jahr schickte ihn mit Steve Cunningham ein ehemaliger Cruisergewichtler auf die Bretter, der nicht gerade für seine K.o.-Power bekannt ist. Fraglich, ob Fury der Schlagkraft eines Klitschkos widerstehen könnte. Ein Kampf gegen "Dr. Steelhammer" würde aber allein wegen der imposanten Erscheinung des Briten sowie dessen Entertainer-Qualitäten die Massen elektrisieren.
Selbiges gilt aber auch für ein mögliches Gefecht gegen Chisora. Mit dem 30-Jährigen hat Klitschko noch ein Hühnchen zu rupfen, seit ihm das "Enfant Terrible" des Boxens 2012 vor dem WM-Kampf gegen Bruder Vitali ins Gesicht gespuckt hatte. Neben schlechten Manieren zeigte Chisora damals aber auch, dass er gegen einen Weltklasse-Mann 12 Runden bedingungslos nach vorne marschieren und auch schwere Treffer wegstecken kann. Die Vorgeschichte für ein Ring-Rendezvous mit dem Stahlhammer wäre also schon gestrickt.
Zu guter Letzt wurde noch der Amerikaner Bryant Jennings als potenzieller Klitschko-Herausforderer ins Spiel gebracht. Der 30-Jährige ist aus der Kandidaten-Riege der wohl schwächste Boxer und wäre aus Sicht des Weltmeisters eher die sichere Wahl für eine freiwillige Titelverteidigung. Gewiss: Jennings ist ein ordentlicher Boxer, in 19 Kämpfen unbesiegt. Mit gerade einmal 10 K.o.-Siegen fehlt dem US-Boy aber der Dampf in den Fäusten, um dem Champion wirklich gefährlich werden zu können.
Klitschko dürfte das muntere Kandidaten-Roulette ohnehin erst einmal herzlich egal sein. Der 38-Jährige reiste nach dem Pulev-Kampf sofort nach Nashville zu seiner hochschwangeren Frau Hayden Panettiere, um die Geburt der gemeinsamen Tochter nicht zu verpassen. Allerdings hat er angekündigt, auch als Vater das Schwergewicht noch lange dominieren zu wollen. Gut möglich also, dass die oben Genannten bald das Schicksal Kubrat Pulevs teilen.
Quelle: ntv.de, sport.de