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Aus der Dunkelheit an die Spitze Dallas Mavericks spielen gegen die 0:156-Bilanz an

Luka Dončić spielt eine sensationelle Saison für die Mavericks.

Luka Dončić spielt eine sensationelle Saison für die Mavericks.

(Foto: USA TODAY Sports via Reuters Con)

Es hat lange gedauert, aber die Dallas Mavericks sind zum ersten Mal seit der glorreichen Dirk Nowitzki Ära wieder in der Belle Etage der NBA angekommen. Mit Luka Dončić wollen sich die Texaner wieder langfristig unter den Besten der Besten festsetzen.

Es sieht nicht gut aus für die Dallas Mavericks in diesen NBA-Finals. Die Boston Celtics führen 3:0. Nie hat ein Team in der Geschichte der Playoffs einen solchen Rückstand wettgemacht. Die All-Time Bilanz lautet 156:0. Doch selbst, wenn die Mavs ihr ultimatives Ziel Titelgewinn in dieser Saison nicht erreichen sollten, wird die Spielzeit als voller Erfolg in die Team-Annalen eingehen. Gemessen daran, wo der Klub nämlich noch vor nicht allzu langer Zeit stand, wirkt dieser Zwischenschritt ebenso essentiell wie einer vor 18 Jahren.

Aber der Reihe nach... In den 1980er Jahren waren die Dallas Mavericks ein beständiges Playoff-Team, dank der All-Stars Mark Aguirre und Rolando Blackman sowie Head Coach Dick Motta. Zu Beginn der 1990er Jahre stürzte der Klub in ein tiefes Tal und verpasste zehn Jahre in Folge die Playoffs. 1998 jedoch änderte sich das Schicksal nachhaltig, als Präsident und Head Coach Don Nelson, auf Anraten seines Sohnes, einen spindeldürren Nachwuchsspieler aus Würzburg via Draft-Trade mit den Milwaukee Bucks verpflichtete.

Dank Dirk Nowitzkis Aufstieg zum Franchise-Player, Superstar und Most Valuable Player, sowie der beinahe zeitgleichen Akquisition durch Milliardär Mark Cuban, entwickelten sich die Mavericks zu einem der besten und erfolgreichsten Klubs der Basketball Association. Von 2000/01 bis einschließlich 2014/15 holte nur ein einziges Team (San Antonio, 859) mehr Siege als Dallas (796). Nowitzki & Co. gewannen elf Jahre in Folge mindestens 60 Prozent ihrer Duelle, und 15 Jahre in Folge mindestens die Hälfte.

Nowitzki hat das Spiel in der NBA verändert

Der "Tall Baller from the G" ist wie kein Zweiter für die Veränderung des Spiels für Big Men in der Offensive verantwortlich. Als er in die Liga kam, operierte ein Großteil der Power Forwards und Center noch in Korbnähe, im Low Post. Das Spiel "da unten" war physischer, ruppiger, brutaler. Es ging um Power und Dominanz. Wer die Zone kontrollierte, kontrollierte das Spiel. Nowitzkis Wurfgenauigkeit aus der Distanz begann, das Game mehr und mehr nach außen zu verlagern. "Stretch Bigs", die auch von der Dreierlinie Gefahr ausstrahlen, wurden immer wichtiger. Heute muss jeder Big Man im Angriff entweder den langen Ball treffen können, oder zumindest als athletische Lob-Anspielstation permanent Korbgefahr ausstrahlen. Wer diesen evolutionären Schritt verpasst hat, hat in der NBA so gut wie nichts mehr zu suchen.

Nowitzki beendete seine legendäre Karriere mit mehr als 30.000 Punkten (Rang sechs in der ewigen Bestenliste), mehr als 10.000 Defensiv-Rebounds (Rang sechs), mehr als 1500 Partien (Rang vier) und mehr als 50.000 Minuten Einsatzzeit (Rang vier). Nur LeBron James, Kareem Abdul-Jabbar, Karl Malone, Kobe Bryant und Michael Jordan haben in der Geschichte der NBA mehr Punkte erzielt als der 2,13 Meter große Deutsche. Er war 14 Mal All-Star, stand zwölf Mal im All-NBA Team, gewann 2007 den MVP Award und wurde 2011 als wertvollster Spieler der NBA Finals geehrt. Er ist der einzige Spieler der Historie, der 21 Jahre mit derselben Franchise verbracht hat.

"Die Leute waren großartig zu mir", erinnert er sich in einer Episode von "The Big Podcast", einer Show seines ehemaligem Weggefährten Shaquille O'Neal. "Sie waren loyal, haben mich immer ausgezeichnet behandelt. Als Mark in meinem zweiten Jahr den Klub kaufte, entwickelten wir beide ein super Verhältnis zueinander. Ich spürte eine gewisse Verantwortung dieser Franchise und dieser Stadt gegenüber, es hier zu schaffen."

Das Dunkle Kapitel

Mavericks-Legenden unter sich.

Mavericks-Legenden unter sich.

(Foto: AP)

Nach dem sensationellen Titelgewinn 2011 ging es bergab in Dallas. Sportlich, und auch sonst. Ein bekannter Spieler nach dem anderen wurde ausprobiert, ohne Erfolg: Vince Carter, Amar'e Stoudemire, Deron Williams, Lamar Odom, David Lee, Andrew Bogut, Chris Kaman, Elton Brand, Derek Fisher, O.J. Mayo, Monta Ellis, José Calderon, Devin Harris, Chandler Parsons, Richard Jefferson, Rajon Rondo... alles vergeblich.

Im Jahr 2018 tauchten Vorwürfe auf, dass es innerhalb der Mavericks-Organisation 20 Jahre lang sexuelle Belästigung und Fehlverhalten am Arbeitsplatz gegeben habe. Die "Sports Illustrated" veröffentlichte einen Artikel, in dem eine jahrzehntelange "toxische Arbeitskultur" beschrieben wurde. Er zeichnete das Bild von einer "Unternehmenskultur voller Frauenfeindlichkeit und räuberischem Sexualverhalten" und enthielt Vorwürfe gegen zahlreiche Mitarbeiter, darunter auch den ehemaligen CEO, Terdema Ussery.

In der Folge heuerten die Mavericks Cynthia Marshall an, um die Arbeitskultur zu ändern. Marshall wurde zur ersten schwarzen CEO in der Geschichte der NBA. "Keine Organisation ist perfekt", sagte Cuban damals. "Ich habe Fehler gemacht. Die Organisation hat Fehler gemacht. Das liegt jetzt alles hinter uns. Wir haben getan, was wir tun mussten. Alle beteiligten Personen sind verschwunden." Die Mavericks entließen zahlreiche Mitarbeiter, Cuban spendete 10 Millionen US-Dollar an Wohltätigkeits- und Frauenorganisationen.

Viel Ärger um und mit Nelson

Im Juni 2021 wurde bekanntgegeben, dass sich die Mavs und Donnie Nelson "in gegenseitigem Einvernehmen" voneinander getrennt hätten. Der Sohn von Legende Don Nelson hatte 23 Jahre für die Organisation gearbeitet, war seit 2002 Präsident und seit 2005 General Manager. Der langjährige Head Coach Rick Carlisle, der seit 2008 im Amt war und mehr als 1000 Partien in Dallas am Seitenrand gestanden hatte, schmiss nur einen Tag später aus Solidarität zu Nelson hin und reichte seine Kündigung ein - obwohl sein Vertrag noch zwei Jahre gültig war.

Nelson verklagte Cuban im März 2022 für die "ungerechtfertigte Kündigung" ein Jahr zuvor. Cuban soll ihn angeblich aus Rache gefeuert haben. Nelson hatte Cubans Stabschef und "rechte Hand", Jason Lutin, sexueller Belästigung an seinem Neffen während des All-Star Wochenendes 2020 beschuldigt, und soll von Cuban mehr als 50 Millionen Dollar "Schweigegeld" offeriert bekommen haben. Cuban und die Mavericks wiesen die Anschuldigungen vehement zurück und verwiesen auf Nelsons "schlechte Arbeitsleistung" als Grund für die Kündigung. Das Verfahren zwischen Nelson und Cuban soll Ende dieses Jahres eröffnet werden.

Auf der einen Seite gilt Nelson als bester internationaler Basketball-Scout aller Zeiten - er verpflichtete einst nicht nur Nowitzki und Steve Nash am selben Tag, sondern war auch für den Draft von Luka Doncic verantwortlich; andererseits stimmt es auch, dass die Mavericks nach dem Titelgewinn zehn Jahre in Folge nicht die erste Playoff-Runde überstanden. Cubans notorische und irritierende Einmischung in alle Personalangelegenheiten, sowie die nicht enden wollende Reihe interner Missstände, machten die Sache nicht einfacher.

Analysten, die als Schatten-GMs fungierten und Lineups oktroyieren wollten - wie ein seither geschasster Profi-Zocker; offene Scharmützel zwischen Franchise-Star und Coach; dazu das toxische Arbeitsumfeld (ein schwarzer Mitarbeiter soll einen Galgenstrick am Schreibtisch gefunden haben)... Die Mavericks, das Front Office und Cuban blieben permanent in den Schlagzeilen - aber nie für guten und erfolgreichen Basketball.

Dirk neben Luka - Der Weg zurück

Kyrie Irving ist ein wichtigstes Puzzleteil.

Kyrie Irving ist ein wichtigstes Puzzleteil.

(Foto: USA TODAY Sports via Reuters Con)

2018 landete Dallas nach zwei aufeinanderfolgenden Saisons mit negativer Bilanz den fünften Pick im NBA Draft. Ein Trade mit Atlanta sicherte den Mavericks Euro-Sensation Doncic. Und zum zweiten Mal nach 1998 war der Rebuild um einen künftigen Hall of Famer aus Europa eingeleitet. "Er hat das volle Offensivpaket", sagt Nowitzki über Doncic. "Er ist so groß und kräftig, kein Guard kann dagegen halten. Er kann in beide Richtungen ziehen, er hat diesen tödlichen Stepback. Und er hat diese schnellen Finten, obwohl er langsam ist. Sobald er dich einmal kurz verladen hat, hast du keine Chance mehr."

Doncic, der bereits im Kindesalter gegen erwachsene Männer spielte und sein Profidebüt für Real Madrid im zarten Alter von 16 Jahren gab, gewann bereits vor seinem Wechsel in die NBA alles, was es in Europa zu gewinnen gab: den Euroleague Titel 2018, Euroleague MVP und Final Four MVP Auszeichnungen, drei ACB Titel und die ACB MVP Trophäe, sowie Gold mit Slowenien bei der EuroBasket 2017.

Nowitzki absolvierte seine 21. und letzte Saison in der NBA an der Seite von Doncic, der damals Rookie war. Der beste deutsche Basketballer aller Zeiten erkannte sofort, dass dieser Junge aus Slowenien anders gebaut war als andere Rookies. Seine Selbstvertrauen, seine Abgezocktheit und seine Fähigkeiten überraschte alle Veteranen im Team - den Mann mit der seither für immer unter Dallas' Hallendecke gezogenen Nummer 41 inklusive.

"Ich konnte schon in seiner Rookie-Saison erkennen, wie gut er ist und dass er unser neuer Franchise Spieler wird. Er war natürlich noch lange nicht so gut wie heute, aber sein Basketball-IQ, sein Überblick und sein Passspiel waren auf einen unfassbaren Niveau", sagte Nowitzki. Doncic schaffte in dieser Saison nach 33,9 Punkten, 9,2 Rebounds und 9,8 Assists im Schnitt zum fünften Mal in sechs Jahren den Sprung ins All-NBA Team. Er war Topscorer und wurde als Western Conference Finals MVP geehrt, nachdem er die Mavericks in die NBA Finals führte.

Doncics Entwicklung verblüfft den deutschen Hall of Famer weiterhin täglich. Wie alle Fans des Spiels ist auch Nowitzki hin und weg, wenn er Doncic zusieht. "Was für ein Talent, was für ein Spieler. Ich hätte niemals gedacht, dass er so unfassbar gut sein wird. Triple Doubles im Schnitt, Topscorer der Liga, MVP-Kandidat. Er wird von Jahr zu Jahr noch besser. Du denkst immer, jetzt hast du alles gesehen, und dann macht er in jedem Spiel so ein Ding wo du dich verwundert fragst: Wie? Wie macht er das? Seine Kreativität, sein Spielverständnis, unglaublich."

Endlich wieder oben

Die Mavericks kehrten 2020 nach drei Jahren Abstinenz in die Playoffs zurück, erreichten 2022 zum ersten Mal seit ihrer Meisterschaft die Western Conference Finals und in diesem Jahr ihr drittes NBA-Finale nach 2006 und 2011. Cuban verkaufte seine geliebten Mavs im Dezember 2023 an die Familien Adelson und Dumont, die Besitzer der "Las Vegas Sands Corporation". Der Geschäftsmann, der die Mavericks im Jahr 2000 für 285 Millionen US-Dollar erworben hatte, stieß einen Großteil seiner Anteile am Team ab, das mittlerweile 3,9 Milliarden US-Dollar wert sein soll. Cuban behielt 27 Prozent und Entscheidungshoheit in Basketball-Sachen, während Patrick Dumont zum neuen "Governor"ernannt wurde. Während Cubans 23 Jahren an der Spitze gewannen die Mavericks 1.152 von 1.934 Partien, erreichten 18 Mal die Playoffs und holten den NBA-Titel 2011.

Mit der Ernennung von Ex-Nike Vizepräsident Nico Harrison, der einst mit Nowitzki beim Sportartikelhersteller arbeitete, zum General Manager, sowie Nowitzkis Ex-Meisterschafts-Kollegen Jason Kidd zum Cheftrainer, machten die Mavericks 2021 den entscheidenden Schritt in eine bessere Zukunft. Harrison und Kidd bauten das Team um Doncic neu auf - und waren auch exklusiv daran beteiligt, den lange enigmatischen Kyrie Irving nicht nur via Trade aus Brooklyn zu verpflichten, sondern ihm in Dallas eine sportliche und menschliche Heimat zu geben. Irving zahlt das Vertrauen mit einer seiner besten Saisons seit Langem heim und avancierte zu einem der Schlüssel für Dallas' erfolgreichsten Run seit der Championship 2011.

Nowitzki ist begeistert von der neuesten Mavs-Edition. "Wir haben einen Lauf. Ich freue mich für dieses Team. Es macht viel Spaß, ihnen zuzusehen. Die Chemie wirkt ausgezeichnet. Die Verpflichtungen zur Trading Deadline, das war unglaublich gute Arbeit von unserem Management. PJ Washington passt perfekt, und wir brauchten einen weiteren Big Man, der abrollen kann. Jetzt haben wir zwei, mit Daniel Gafford und Dereck Lively II." Nowitzki pries außerdem das kongeniale Duo Doncic und Irving. "Sie verstehen sich und harmonieren viel besser nach letztem Jahr. Sie wissen, wann sie aggressiv und wann sie lieber geduldig sein müssen."

Celtics sind besser, tiefer, erfahrener, ausgeglichener

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Nein, es wird in diesem Jahr sehr wahrscheinlich nicht zum Titel reichen. Die Celtics sind besser, tiefer, erfahrener, ausgeglichener. Dallas hat noch Arbeit vor sich. Egal, ob in Puncto Kader, Spielstil, oder mentalem Wachstum, angesichts dieser schwersten aller Aufgaben. Aber so war das auch 2006, als die Mavs eigentlich gut genug wirkten, um den Titel zu holen - nur um dann gegen die Miami Heat schmerzhaft auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt zu werden. Dieses Erlebnis diente als Basis für die Rückkehr in die Finals - und den eventuellen Titelgewinn, als die Zeit reif war.

Fans und alle im Mavericks-Umfeld hoffen, dass dieser Run ins NBA-Finale und der Erfolg, den der Klub unter Kidd und dank Doncic gefunden hat, nur der Anfang eines ähnlich dominanten Laufs sein wird, die ihn Dallas damals unter Nowitzki erleben durfte. Es wäre bezeichnend und der ultimative Beweis für die erfolgreiche Staffelübergabe eines Franchise-Spielers an den nächsten. "Es war hart zu Beginn, und es war schwierig zum Schluss. Aber zwischendurch hatten wir einen unglaublichen Run, mehr als zehn Jahre mit unglaublicher Siegesquote", sagt Nowitzki. "Du kannst nicht immer nur gute Zeiten haben. Und wir hatten definitiv ein paar schwarze Jahre gegen Ende meiner Karriere. Ich wollte diese Phase trotzdem überwinden und uns in eine bessere Zukunft führen. Und dann haben wir Luka gedraftet, in meiner letzten Saison, und das hat die Geschicke dieser Franchise komplett gedreht. Und jetzt sieh an, wo wir stehen!"

Quelle: ntv.de

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