Rücktritt nach Morddrohung "Nie wieder Fußball"
12.03.2005, 11:37 UhrFußball-Schiedsrichter Anders Frisk hat als Konsequenz aus Morddrohungen nach dem Hinspiel der Champions League zwischen Chelsea London und dem FC Barcelona seine Karriere mit sofortiger Wirkung beendet.
Der Leistungsträger unter den Fifa-Schiedsrichtern begründete seinen Schritt in Stockholm damit, dass er sowie seine Familie in dieser Woche erneut eine Morddrohung erhalten hätten. "Ich werde nie wieder einen Fußballplatz betreten", sagte der 42-jährige Schwede.
Zuletzt war Frisk nach dem 2:0-Sieg von Werder Bremen in der Champions- League-Partie beim FC Valencia in die Schlagzeilen geraten. Spieler des spanischen Fußballmeisters hatten in der chaotischen Schlussphase im Spiel gegen die Bremer reihenweise die Nerven verloren. Valencias Trainer Claudio Ranieri leistete sich eine Verbalattacke gegen den Schweden: "Anders Frisk hat alle nervös gemacht. Jetzt verstehe ich auch, weshalb sie ihm in Rom den Kopf gespalten haben." Ranieri bezog sich damit auf einen Zwischenfall im römischen Olympiastadion, bei dem Frisk von einem Wurfgeschoss getroffen worden war und eine blutige Platzwunde am Kopf erlitten hatte.
Später bedauerte der Trainer seine Äußerungen und entschuldigte sich. "Ich habe mich von der aufgeheizten Atmosphäre mitreißen lassen", sagte der Italiener. "Anders Frisk ist ein ausgezeichneter Referee. Ich bitte ihn um Entschuldigung."
Auf dem Rasen des Mestalla-Stadions gab es in den Schlussminuten, als die Niederlage Valencias feststand, eine Serie handfester Rangeleien. Der Bremer Tim Borowski wurde in der spanischen Presse beschuldigt, dem Publikum den Stinkefinger gezeigt zu haben. Aus dem Publikum flogen Wurfgeschosse auf den Platz.
Dieses Erlebnis in Spanien, die Verletzung von Rom und die Morddrohung nach dem Spiel zwischen Chelsea und Barcelona bewogen Frisk schließlich dazu, seinen Rücktritt zu verkünden. "Ich habe meine Tochter aus Angst den Briefkasten nicht mehr öffnen lassen", sagte Frisk, bei dem nach eigenen Angaben zahlreiche Morddrohungen von Chelsea-Anhängern per Telefon, Post und Mail eingegangen sind. Unmittelbar nach dem Spiel in Barcelona, bei dem Frisk dem Chelsea-Spieler Didier Drogba einen umstrittene gelb-rote Karte zeigte, wurde ihm von Trainer der Londoner, Jos Mourinho, vorgeworfen, dass er den Barcelona-Coach Frank Riikjard während der Halbzeitpause in seiner Kabine empfangen habe.
Auch das Weiterkommen von Chelsea nach dem 4:2-Sieg im Rückspiel habe die Bedrohungen nicht weniger werden lassen. "Es ist mit jedem Tag weiter eskaliert und bis jetzt immer schlimmer geworden", sagte Frisk. Sprecher des schwedischen Fußballverbandes äußerten sich kritisch gegenüber den Verantwortlichen bei Chelsea, weil sie Spieler und Fans gegen den Schiedsrichter "aufgehetzt" hätten.
"Ich bin Dingen ausgesetzt worden, die für mich früher unvorstellbar waren", sagte Frisk. "Jetzt hoffe ich, dass diese Leute damit aufhören, wenn sie wissen, dass ich nicht mehr pfeife." Die Vorwürfe von Mourinho wegen seiner angeblichen Kontakte mit Riikjard würden ihm "nach so vielen Jahren im internationalen Fußball besonders weh" tun. "Ich bin doch so erfahren. Alle müssten eigentlich wissen, dass ich während eines Spiels niemals einen Trainer in meine Kabine lasse." Die gelb-rote Karte sehe er nach wie vor als korrekt an.
Quelle: ntv.de