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Finale im epischen Tour-Duell Pogacar-Demütigung ließ selbst Vingegaard zweifeln

Völlig ausgepowert.

Völlig ausgepowert.

(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)

Nur wenige Sekunden trennen Jonas Vingegaard und Tadej Pogacar bei der Tour vor dem Bergzeitfahren. Der Mann im Gelben Trikot macht daraus eine Machtdemonstration und hängt Herausforderer Pogacar ab. Entschieden ist noch nichts, aber dem Slowenen bleiben kaum Chancen.

Der Belgier Wout van Aert zog seine Mütze, selbst er konnte nicht glauben, was er da gesehen hatte. Bis kurz vor Schluss der 16. Etappe der Tour de France, dem Einzelzeitfahren am Dienstag, führte er die Rangliste an. Das wäre am Ende auch so geblieben, gäbe es nicht die beiden, die schon die gesamte Frankreich-Rundfahrt in einer eigenen Liga und deutlich schneller als alle anderen fahren: erst Tadej Pogacar, dann der Mann im Gelben Trikot, Jonas Vingegaard. Beim Zeitfahren starteten sie nacheinander und übertrumpften beide nochmals seine Zeit. Van Aert blieb nur noch der dritte Platz und er konnte am Ende nur scherzen: "Ich bin heute der Erste der normalen Menschen."

Es ist das nächste Kapitel in dem fast schon epischen Duell um das Gelbe Trikot. Denn was besonders Vingegaard im Anschluss präsentierte, war eine Machtdemonstration. Zuvor trennten ihn und sein Herausforderer Pogacar auf der mehr als 60 Stunden dauernden Tour lediglich zehn Sekunden. Dann dominierte der Däne das anspruchsvolle Bergzeitfahren. Seine Zeit, 32:36 Minuten, liegt überraschend 1:36 Minuten vor seinem ärgsten Rivalen - und fast drei Minuten vor Wout van Aert, einem der besten Radsportler der Welt, und damit dem Rest des Feldes.

"Das war sicher einer meiner besten Tage auf dem Rad jemals. Die ganze harte Arbeit hat sich heute ausgezahlt", sagte Vingegaard im Anschluss. "Ich habe zwischenzeitlich an meinem Powermeter gezweifelt, ob die Werte nicht zu hoch sind." Er sei "sehr stolz" auf seinen ersten Zeitfahr-Etappensieg bei der Tour, betonte aber: "Ich muss weiterkämpfen bis Paris."

Ist Vingegaard vielleicht zu weit gegangen?

Dagegen ist es für Herausforderer Pogacar die größte Niederlage, die er je in einem wichtigen Zeitfahren kassiert hat. Gleichwohl ist der Slowene weit davon entfernt, den Tour-Sieg abzuschreiben. 1:48 Minuten trennen ihn nun insgesamt vom Gesamtersten Vingegaard. "Es ist eine große Lücke. Natürlich hatte ich gehofft, im Gelben Trikot zu sein", sagte er. "Es ist definitiv nicht vorbei. Ich verspreche, dass es interessant wird." Letztlich bleiben dem zweimaligen Champion noch zwei Etappen, um Vingegaard das Gelbe Trikot abzunehmen.

Gleich einen Tag später, am heutigen Mittwoch, könnte Pogacar zurückschlagen. Denn es steht die Königsetappe der diesjährigen Tour auf dem Plan, sie bietet genügend Potenzial für große Zeitabstände. "Das ist die härteste Etappe dieser Tour. Jeder kann einen schlechten Tag haben", sagte Pogacar. Mit dem Col des Saisies und dem Col de Roselend müssen zunächst zwei Berge der ersten Kategorie erklommen werden, dann folgt die einfachere Cote de Longefoy.

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Doch danach wird es heftig. Über 28,1 Kilometer geht es den Col de la Loze hinauf, der mit 2304 Metern den höchsten Punkt der Tour bildet. Im letzten Viertel warten Steigungen von bis zu 24 Prozent. Auf den letzten Metern zum Ziel in Courchevel geht es nach einer kurzen Abfahrt dann noch einmal mit bis zu 18 Prozent bergauf. Pogacar könnte eine Hoffnung haben: Ist Vingegaard im Zeitfahren zu tief gegangen, wird er es auf der Königsetappe zu spüren bekommen.

Und selbst wenn das nicht klappen sollte: Für Herausforderer Pogacar bleibt noch die vorletzte Etappe in den Vogesen. Dieses Jahr ist sie kein Zeitfahren, sondern eine anspruchsvolle Achterbahnfahrt: nur 133,5 Kilometer lang, dafür mit 3600 Höhenmetern versehen. Im Finale wartet erst der Petit Ballon, der so steil wie Alpe d'Huez ist. Auf der technisch anspruchsvollen Abfahrt wird Pogacar alles riskieren, direkt danach geht es den Col du Platzerwasel hinauf. Der ist noch steiler als sein Vorgänger und deutlich unrhythmischer. Pogacar muss Vingegaard von seinen Helfern isolieren und möglichst weit vor dem Ziel attackieren. Sonst hat er keine Chance mehr auf das Gelbe Trikot.

Quelle: ntv.de, ses/dpa

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