Klub-Ikone ignoriert Feierbefehl Rauschender Sofa-Aufstieg der Handball-Legende
11.05.2022, 15:20 Uhr
Diese Hände sind nun Legende: Gummersbach-Keeper Tibor Ivanišević freut sich auch.
(Foto: IMAGO/wolf-sportfoto)
Der VfL Gummersbach ist das Schalke 04 des Handballs, sagt Handball-Legende Heiner Brand. Er muss es wissen: Immerhin wurde nach ihm ein Platz im Oberbergischen benannt. Wie die Königsblauen kehren nun auch die Handballer zurück ins Oberhaus. Ihren Aufstieg feiern sie an einem denkwürdigen Ort.
Als die spontane Gummersbacher Aufstiegsparty ihren feucht-fröhlichen Höhenpunkt erreichte, machte sich Heiner Brand mit seiner Frau Christel aus dem Staub. "Ich wollte nüchtern bleiben", sagte Brand mit einem Augenzwinkern. Ein Pils hatte sich die Klubikone auf die Bundesliga-Rückkehr seines Herzensvereins nach drei schmerzhaften Jahren in der Zweitklassigkeit im "Bit-Boulevard" aber genehmigt. "Ich freue mich diebisch", so Brand: "Der VfL Gummersbach gehört in die Handball-Bundesliga wie Schalke 04 in die erste Liga im Fußball."
Die HBL, das ist seit dem "Sofa-Aufstieg" der Gummersbacher am Dienstagabend sicher, ist ab der kommenden Saison wieder um eine Attraktion reicher. "Ich freue mich außerordentlich, dass mit dem VfL Gummersbach eine DER Marken des deutschen Handballs in die stärkste Liga der Welt zurückkehrt", sagte der legendäre frühere VfL-Keeper Andreas "Hexer" Thiel: "Das tut der gesamten Bundesliga gut."
Nach einem 27:27 (13:13) von Verfolger ASV Hamm-Westfalen beim TV Großwallstadt brachen in Gummersbach alle Dämme. Die Mannschaft von Trainer Gudjon Valur Sigurdsson hatte sich zum Public Viewing getroffen. Und als der erste Aufstieg der Klub-Geschichte besiegelt war, tanzte das Team um das deutsche Supertalent Julian Köster wild johlend durchs Lokal. Nach 33 von 38 Spieltagen führt Gummersbach die Zweitligatabelle souverän mit elf Punkten Vorsprung uneinholbar an.
Brand warnt
"Der Trainer ist gut, der Geist ist gut, das Vertrauen der Zuschauer ist da", sagt Brand, schickt eine Warnung aber gleich hinterher: "Das Wichtigste ist es nun, bescheiden zu bleiben. Oberstes Gebot ist zunächst der Klassenerhalt." Szenen wie vor drei Jahren, als der große VfL, zwölfmaliger deutscher Meister und elfmaliger Europacup-Champion, der große Dominator der 1960er-, 70er- und 80er-Jahre, erstmals in die Zweitklassigkeit rutschte, wollen sie im Oberbergischen nicht noch einmal erleben. Umso wichtiger wäre der Verbleib von Ausnahmekönner Köster, der mit seinem unbekümmerten Spiel zum Gesicht des Gummersbacher Aufschwungs geworden ist - und damit längst zur Begierde der großen Klubs.
"Wenn er jetzt zu einem Spitzenverein wechselt, wäre das für seine Entwicklung nicht gut, denn dort würde er nur mitschwimmen", urteilt Brand. Köster, gerade einmal 22 Jahre alt, könne beim VfL in der Bundesliga hingegen zur "Persönlichkeit reifen. Er wäre gut beraten, jetzt noch zwei Jahre in Gummersbach zu bleiben. Das wäre die beste Lösung für ihn." Im deutschen Handball brauche es neue Aushängeschilder, so Brand: "Julian hat alle Möglichkeiten dazu, eines zu werden."
Rückkehr nach zwei vergeblichen Anläufen
Architekten des neuerlichen Aufschwungs beim VfL sind der frühere Weltklassespieler Sigurdsson und Geschäftsführer Christoph Schindler. Sigurdsson zeichnet seit 2020 für das Sportliche verantwortlich, Schindler führt den Klub seit nunmehr fünf Jahren mit ruhiger Hand. Die Rückkehr ins Oberhaus war von Beginn an am Reißbrett geplant - nun, nach zwei vergeblichen Anläufen (Plätze 4 und 3), klappte es.
Und so war es Schindler höchstpersönlich, der dem Team am späten Dienstagabend eine rauschende Party verordnete. "Wenn ich einen sehe, der sein Pulver verschossen hat und heute nicht feiert, kriegt Probleme mit mir", rief der Manager den freudetrunkenen VfL-Spielern zu: "Das ist ein Feierbefehl!" Die ganz große Sause mit den Fans wird es am Samstag nach dem Heimspiel gegen die Eulen Ludwigshafen geben. Auf dem Heiner-Brand-Platz sollen die Aufstiegshelden auf zwei Bühnen gebührend gefeiert werden.
Quelle: ntv.de, sue/sid