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111 Gehirne, 110 Gehirnschäden Studie stellt NFL vor massive Probleme

Kollisionen im Football lösen oftmals Blutungen im Gehirn aus - die Folgen sind erst sehr viel später absehbar.

Kollisionen im Football lösen oftmals Blutungen im Gehirn aus - die Folgen sind erst sehr viel später absehbar.

(Foto: imago/Icon SMI)

In der National Football League ist der Irrglaube, American Football habe nichts mit Langzeitschäden am Gehirn zu tun, noch immer verbreitet. Forscher legen jedoch dank einer Studie "überwältigende Indizien" vor, dass der Sport ein ernsthaftes Problem hat.

American Football schadet dem Gehirn. Forschern ist das seit geraumer Zeit klar, doch die Dachorganisation National Football League (NFL) räumte erst vor einem Jahr überhaupt einen Zusammenhang zwischen der Sportart und Langzeitschäden für das Gehirn ein. Eine Studie von Forschern der Boston University und dem Krankenhausverband VA Boston Healthcare System liefert nun neue Erkenntnisse. Diese zeigen wohl deutlich wie nie, dass die degenerative neurologische Erkrankung CTE sehr wohl mit dem beliebtesten US-Sport zusammenhängt.

CTE steht für Chronisch Traumatische Enzephalopathie. Diese Gehirnerkrankung wird auch "Boxer-Syndrom" genannt und durch wiederholte Blutungen im Gehirn hervorgerufen - zum Beispiel infolge von Kollisionen, wie sie im Football üblich sind. Die Krankheit kann etwa Gedächtnisverlust, Depressionen oder Demenz verursachen. Mit Sicherheit lässt sich CTE momentan erst nach dem Tod eines Menschen feststellen.

99 Prozent waren erkrankt

Mithilfe der weltweit größten CTE-Hirndatenbank untersuchten Wissenschaftler die Gehirne von 202 verstorbenen Footballspielern. Darunter sind neben den 111 Profispielern aus der US-amerikanischen Liga auch Spieler aus anderen Ligen, etwa aus der kanadischen Football-Liga oder auch aus College- und Highschool-Teams. Bei 99 Prozent der untersuchten NFL-Spieler konnten die Wissenschaftler eine Erkrankung nachweisen, wie die "New York Times" berichtet. Seit der Veröffentlichung im "Journal of the American Medical Association" ist vor allem in den USA die Debatte um die Sicherheit der Spieler neu entflammt.

Anne McKee, Chefin der Neuropathologie des Krankenhausverbunds VA Boston Healthcare System und Direktorin des CTE Centers an der Boston University, leitete die Studie und spricht gegenüber der "New York Times" von "überwältigenden Indizien", dass CTE mit American Football in Zusammenhang stehe. Man könne nicht länger darüber diskutieren, ob es ein Problem gebe. "Es gibt ein Problem."

Allerdings weisen McKee und ihre Autoren daraufhin, dass es bei der Studie methodische Schwächen gebe. So konnten nur Gehirne von Footballspielern untersucht werden, die von ihren Familien für die Forschung zur Verfügung gestellt wurden. Wenn Angehörige also bereits zu Lebzeiten CTE-Symptome feststellen konnten oder ein Spieler sich das Leben nahm, war die Bereitschaft, das Gehirn zur Untersuchung freizugeben, wesentlich höher. Die Ergebnisse der 111 untersuchten Gehirne von NFL-Spielern sind also nicht repräsentativ für alle Footballer.

Datenlage ist problematisch

Viele Gehirne stammen zudem von Spielern, deren aktive Zeit schon länger zurückliegt. Seitdem hat es im Sport jedoch umfassende Veränderungen gegeben - so sind zum Beispiel Helme und Schutzausrüstung deutlich besser geworden und es wurde ein sogenanntes Concussion Protocoll eingeführt, dass nach Zusammenstößen mögliche Gehirnerschütterungen erkennen soll. Im Training wurde zudem der Anteil der Einheiten mit Vollkontakt reduziert.

Trotzdem: Das Thema Kopfverletzungen beim American Football ist in der US-amerikanischen Öffentlichkeit ein großes Thema - das Bewusstsein für das Verletzungsrisiko bereitet vielen Verantwortlichen Sorge, was die Zukunft der Sportart angeht. Erste Profis haben ihre Karriere bereits aus Angst vor Verletzungen frühzeitig beendet. Doch auch wenn die NFL langsam anerkennt, dass die gesundheitliche Unversehrtheit der Spieler mindestens nicht garantiert ist, gibt es genügend Verantwortliche, die einen Zusammenhang zwischen CTE und American Football noch immer dementieren.

Beispielsweise Jerry Jones, Besitzer der Dallas Cowboys. Auf keinen Fall sollte man Annahmen aufgrund derart unsicherer Daten treffen, hatte der NFL-Boss vor einem Jahr gesagt. Die Datenlage könnte sich nun mit der Studie aus Boston entscheidend geändert haben.

Quelle: ntv.de, jgu

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