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Dallas taumelt nach Schock-Trade Trump-Freunde beschmutzen Nowitzki-Erbschaft

Eigentlich wollte Luka Dončić für immer in Dallas bleiben und für die Mavericks auflaufen.

Eigentlich wollte Luka Dončić für immer in Dallas bleiben und für die Mavericks auflaufen.

(Foto: AP)

Knapp drei Wochen ist der schockierendste Trade aller Zeiten nun her. Die Nachwirkungen sind immer noch omnipräsent. Während sich Luka Dončić neben LeBron James in L.A. aufmacht, den Titel anzugreifen, hat derweil in Dallas das große Verarbeiten begonnen. Der Schaden ist gigantisch.

Etwas mehr als drei Wochen ist der größte Trade-Schocker der NBA-Geschichte nun her. Der Anblick wirkt immer noch surreal: einer der besten Spieler der Welt, über Nacht, inmitten einer laufenden Saison, in einem anderen Trikot auflaufend. Im mit kollektiver Anspannung erwarteten ersten Aufeinandertreffen zwischen den Dallas Mavericks und Los Angeles Lakers diese Woche lieferte der Megastar jetzt ab. Und wie!

Luka Dončić verhalf seinem neuen Team zu einem aufregenden 107:99-Sieg gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber, brillierte dabei mit einem Triple Double (19 Punkte, 15 Rebounds, 12 Assists) und einer Reihe von Big Plays, denen er immer wieder stechende Blicke in Richtung Mavericks-Bank folgen ließ. Interaktionen mit Manager Nico Harrison und seinem Ex-Coach Jason Kidd: Fehlanzeige. Wer Dončić kennt, weiß aber, wie sehr es in ihm brodelte. Wer auf Rache und sogenannte "revenge games" steht, kam hier voll auf seine Kosten.

"Ich bin einfach nur froh, dass er vorbei ist", sagte der sichtlich erleichterte Point Guard nach dem Spektakel und wenige Tage vor seinem 26. Geburtstag. "Es war so seltsam, all diese Momente. Es hat sich angefühlt, als wüsste ich gar nicht, was ich tue." Auf die Frage, ob und wie er den Trade mittlerweile verarbeitet habe, antwortete er emotional. "Ich denke, es wird eine Weile dauern, bis ich hiermit meinen Frieden gemacht habe. Es ist nicht ideal. Ich habe viele Emotionen, aber es wird Tag für Tag, Stück für Stück besser."

Im Duell mit seinen Ex-Kollegen um Kyrie Irving spielte Luka Dončić groß auf.

Im Duell mit seinen Ex-Kollegen um Kyrie Irving spielte Luka Dončić groß auf.

(Foto: AP)

Kübler-Ross-Zyklus in Dallas

Während sich Dončić in Kalifornien mit der neuen Realität konfrontiert sieht - er lebt seit dem Trade mit seiner Verlobten und seiner einjährigen Tochter in einem Hotel in Los Angeles - und er sich langsam einfügt, sind die Mavericks in ihre neue Ära getaumelt. In Dallas hat das große Verarbeiten begonnen. Klub, Protagonisten und Anhänger sind seit Wochen im Kübler-Ross-Zyklus der Trauer gefangen. Der anfänglichen Leugnung - niemand konnte glauben, dass dieser bizarre Trade real war - folgten schnell die Wut der Fans und das Schachern aufseiten der Teamverantwortlichen.

Verärgerte Menschen versammelten sich in Dallas' Innenstadt, um gemeinsam zu trauern. Auf eine Gedenktafel an der sieben Meter hohen Statue von Franchise-Ikone Dirk Nowitzki vor der Mavericks-Arena schrieben sie "LOYALTY NEVER FADES", Loyalität schwindet nie. Sie sammelten zigtausende von Dollar für Werbetafeln, die Harrisons Entlassung und den Verkauf des Teams durch die Familie Adelson/Dumont forderten. Zum ersten Heimspiel nach dem Trade kamen Hunderte Fans, um zu protestieren. Sie trugen Dončić-Trikots, Schilder, jemand hatte einen Sarg mitgebracht.

Besonders pikant ist, dass buhende Fans aus der Arena geschmissen wurden, während Harrison und Schwiegersohn Dumont - de facto Präsident des Klubs, seit er Dezember 2023 der Milliardärswitwe und Trump-nahen Miriam Adelson in die Hände fiel - zu einer PR-Offensive ansetzten, um Dončić zu diskreditieren und ihr eigenes Unvermögen zu kaschieren. Während Harrison persönlich und via teamnahen "Journalisten" immer wieder von Kultur, Konditionsmängeln und kapriziösem Verhalten faselte, disqualifizierte sich der noch nie in irgendeiner Kapazität im Sport tätig gewesene Dumont mit halbgaren und schlichtweg falschen Behauptungen zum Thema Arbeitsmoral und Siegermentalität. Als wüsste er, der Nicht-Basketball-Fan, der in eine Wohlstandsfamilie eingeheiratet hat, wovon er spricht.

Hybris und Arroganz

Es ist nicht nur der Trade an sich, der Basketballfans und Beobachter weltweit auf die Palme brachte und immer noch entsetzt. Es ist die Hybris, mit der Harrison und Dumont ihre Entscheidungen im Nachklapp begründen und rechtfertigen wollen. So unbegreiflich, so unnötig, so beispiellos war und bleibt dieser Tauschhandel, der sogar wilde Verschwörungstheorien evozierte (die in Las Vegas ansässige Casino-Besitzer-Familie versucht, eine Veränderung texanischer Gesetze durchzuwirken, um in Dallas einen neuen Casino/Arena-Komplex zu erbauen, und soll mit einem Umzug des Klubs nach Las Vegas gedroht haben - was jedoch selbst finanziell nicht viel Sinn ergeben würde).

Casino-Erbin Miriam Adelson spendete gemeinsam mit ihrem 2021 verstorbenen Mann bislang mehr als 400 Millionen US-Dollar an Donald Trump und die Republikaner.

Casino-Erbin Miriam Adelson spendete gemeinsam mit ihrem 2021 verstorbenen Mann bislang mehr als 400 Millionen US-Dollar an Donald Trump und die Republikaner.

(Foto: IMAGO/Imagn Images)

Der Manager selbst scheint nie Dončić-Fan gewesen zu sein. Der slowenische Freigeist passt nicht in Harrisons Weltbild und seine Obsession mit Fitness und Disziplin. Seit seiner Ankunft vor dreieinhalb Jahren hatten die Mavericks so gut wie jeden Dončić-nahen Akteur im Klub geschasst, von Physiotherapeuten und PR-Leuten zu Assistenztrainern und Freunden im Team, wie Jalen Brunson, Dorian Finney-Smith oder Boban Marjanovic. "Sie schicken jeden weg, den ich mag", hatte Dončić laut einer ESPN-Quelle einmal gesagt. Heute weiß die Welt, dass das alles vermutlich keine Zufälle waren, eher Vorboten der anstehenden Belastungsgrenze im Verhältnis Dončić/Mavs.

Dumont und Harrison sollen nie vorgehabt haben, dem Megastar die im kommenden Sommer anstehende Supermax-Extension anzubieten, eine nur für die absoluten Top-Performer reservierte Vertragsverlängerung, die dem Slowenen 345 Millionen Dollar in den nächsten fünf Jahren in die Kasse gespült hätte. Selbst, wenn das der treibende und einzig relevante Motivator dieses Deals gewesen sein sollte: Die Art und Weise, wie Harrison und Dumont diese ganze Sache gehandhabt haben, wird diese Franchise noch lange verfolgen.

An Dirks Denkmal gesägt

Keiner von beiden war da, als Dallas 2011 nach drei Dekaden Müßigkeit endlich den NBA-Titel gewann; keiner von beiden war da, als Dončić 2018 gedraftet wurde und die Franchise-Fackel von Hall-of-Famer Dirk Nowitzki überreicht bekam. Keiner scheint zugeschaut zu haben, wie ein angeschlagener, blutender Dončić vergangene Saison die meisten Minuten aller NBA-Profis abriss, die meisten Punkte ligaweit erzielte und Dallas ins NBA-Finale schleifte. "Ich war genauso geschockt und überrascht wie alle, ich konnte es wirklich nicht glauben", sagte Nowitzki gegenüber einer Radiostation in Dallas.

Dončić begann, nach einem beispiellosen Aufstieg in Europa bei Real Madrid, seine NBA-Karriere in der Saison 2018/19, Nowitzkis letzter in der Basketball Association. Obwohl Dallas damals die Playoffs verpasste, repräsentierte jene Spielzeit die perfekte Staffelübergabe von einer Franchise-Legende zur nächsten. Dallas war nicht einmal, sondern gleich zweimal von Fortuna geküsst worden. 1998 kam in einem legendären Draft-Day-Coup via Milwaukee ein damals nur den größten Insidern bekannter, wurfstarker deutscher Power Forward von der DJK Würzburg.

20 Jahre später fiel den Texanern der nächste Jahrhundertspieler in den Schoß, als gleich vier Teams Dončić verschmähten (Atlanta draftete ihn an Nummer drei und tradete ihn für Nummer-fünf-Pick Trae Young zu den Mavs). Knapp sechseinhalb Saisons lief er für Dallas auf, absolvierte 85 Prozent aller möglichen Partien in der regulären Saison (400 von 472), erzielte 12.089 Punkte für die Texaner - die fünftmeisten in 44 Jahren Mavs-Existenz. Er ist der erste und einzige Scoring-Champion in der Historie des Klubs, schaffte fünfmal vor seinem 26. Geburtstag den Sprung ins All-NBA First Team - mehr in sechs Jahren als Nowitzki in seiner gesamten Karriere (viermal in 21 Jahren).

Anstatt in Texas bei Anthony Davis' folgenschwerem Debüt zuzuschauen - Davis verletzte sich im dritten Viertel und fällt lange aus - machte sich der legendäre Deutsche auf den Weg nach Los Angeles, um seinen ehemaligen Teamkollegen zu unterstützen. "Natürlich war ich enttäuscht und traurig für ihn, er hat das alles niemals kommen sehen", resümierte der beste deutsche Basketballer aller Zeiten. "Er war ziemlich niedergeschlagen, wie alles vonstattenging, also wollte ich einfach für ihn und seine Familie da sein. Er lud mich zu seinem ersten Spiel in L.A. ein, und ich wollte ihn unterstützen. Ich bin sicher, er wollte seine Karriere wie ich in Dallas beenden."

Gigantischer Schaden

Dončić, der in der Community unglaublich engagiert war, hatte stets betont, ein Maverick auf Lebenszeit sein und seine gesamte Laufbahn in Dallas verbringen zu wollen - genau wie Nowitzki. Die Fans vergötterten ihn, das Team mitsamt hohen Ambitionen war über Jahre akribisch um ihn herum aufgebaut worden. Er hat seine Makel, aber er ist auch einer von nur einer Handvoll Spielern, die einen Klub im Alleingang in den Kreis der realistischen Meisterschaftsfavoriten hieven. Genau hier, in dieser Schnittstelle aus Sportlichem, Persönlichem und Menschlichem, liegt die Krux dieser Entscheidungen, die das Schicksal der Franchise nachhaltig verändert haben.

Selbst, wenn man den Trade irgendwie, mit fest zugedrückten Augen, sportlich schönreden wollte - es existiert eine minimale Chance, dass ein fitter Anthony Davis und ein fitter Kyrie Irving, dazu weitere Kader-Upgrades, für genügend Qualität an beiden Enden sorgen, um die Mavs in den nächsten zwei, drei Jahren zurück ins NBA-Finale zu katapultieren - ergibt er aus keinerlei Perspektive Sinn. Smart und geschäftstüchtig ist anders.

Das Team ist jetzt älter, verletzungsanfälliger und weniger talentiert. Irving wird im Sommer Free Agent und kann wechseln. Hinzu haben Harrison und Dumont jegliche Glaubwürdigkeit, jegliches Wohlwollen verspielt. Das wiegt schwer, vor allem bei Stars, die in der NBA nach wie vor mächtig Hebelwirkung genießen. Und bei den eigenen Fans, die nur wegen Typen wie Dončić überhaupt zu frenetischen Anhängern werden. Dass der eigene Klub so mit ihm umgesprungen ist, werden die meisten den Entscheidungsträgern hier nie verzeihen.

Sein guter Freund Irving stellte sich resolut gegen die Niederlage am Dienstag, konnte aber Dallas' fünfte Pleite in den ersten zehn Partien seit dem Trade nicht verhindern. Die Mavs liegen nur noch auf Rang neun, die Playoffs sind lange nicht garantiert. "Ich glaube nicht, dass er eine Veränderung hat kommen sehen, das führt zu umso stärkeren Gefühlen", sagte Irving nach der Partie. "Du musst die Trauer fühlen. Wir sprechen nie darüber in der NBA, hier heißt es nur 'Sei hart, Bruder.' Jeder erwartet, dass du einfach damit klarkommst, weitermachst, zum nächsten Kapitel blätterst. Die Wahrheit ist aber: Wir sind auch nur Menschen. Es ist ein Schock. Du stellst dir niemals vor, dass du schlafen gehst und zu solchen News aufwachst. Wir haben Bande geknüpft, die über den Basketball hinausgehen. Einfach seltsam, Teil einer solch bizarren Story zu sein. Aber so ist unser Business, einfach skrupellos. Wir müssen akzeptieren, dass unser kleiner slowenischer Präsident nicht mehr hier ist, und müssen uns irgendwie anpassen ..."

Quelle: ntv.de

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