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Was geht in den Köpfen vor? Trump-Freunde sorgen für Schock: Nowitzki-Erbe vom Hof gejagt

Luka Dončić wollte eigentlich in die Fußstapfen von Dirk Nowitzki treten.

Luka Dončić wollte eigentlich in die Fußstapfen von Dirk Nowitzki treten.

(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)

Schockstarre, Fassungslosigkeit, Sensation! Megastar Luka Dončić spielt künftig für die Los Angeles Lakers, weil ihn Mavericks-Manager Nico Harrison völlig grundlos verscherbelt. Es ist ein bizarrer Trade, der die NBA in ihren Grundfesten erschüttert - und alle entsetzt zurücklässt.

Ein sportliches Erdbeben, mitten in der Nacht zum Sonntag. Die Epizentren in Dallas und Los Angeles, die gesamte Liga in ihren Grundfesten erschüttert. Die kollektive Verwirrung und Fassungslosigkeit so gigantisch, dass selbst der News-Reporter schlechthin, Shams Charania, der Öffentlichkeit gegenüber vergewissern musste, dass es keine Ente war, kein vorgezogener Aprilscherz, und dass sein Konto nicht von Hackern kompromittiert wurde.

Die Dallas Mavericks traden Luka Dončić, Maxi Kleber und Markieff Morris zu den Los Angeles Lakers, im Tausch für Anthony Davis, Max Christie und einen Erstrundenpick für den Draft 2029. Utah Jazz hängte sich auch noch an den Trade an und staubte Jalen Hood-Schifino sowie zwei künftige Zweitrundenpicks ab. Letzteres ist nur Fußnote und notwendiges Finanz-Geschacher, um dem Tarifvertrag gerecht zu werden.

Was wirklich relevant ist: Dončić geht und dafür bekommt Dallas bloß Davis und nur einen Pick. Und das ist, ganz ohne Übertreibung, die schockierendste Trade-Nachricht in der Geschichte dieser Liga. Dončić, 25-jähriger MVP-Dauer-Kandidat, fünffacher NBA All-Star und amtierender Topscorer der vergangenen Saison, im Tausch für Davis, 31-jähriger NBA Champion, 10-facher All-Star und fünffacher All-Defensiv-Teamer. Zwei absolute Superstars, beide in ihrer sportlichen Blüte. Niemals zuvor in der beinahe 80-jährigen Geschichte der Liga haben zwei All-NBA-Spieler dieses Kalibers inmitten einer laufenden Saison die Teams gewechselt.

Luka Dončić (rechts) und Anthony Davis tauschen die Teams - und niemand kann es glauben.

Luka Dončić (rechts) und Anthony Davis tauschen die Teams - und niemand kann es glauben.

(Foto: AP)

Größter Schocker aller Zeiten

Franchise-Legende Dirk Nowitzki reagierte auf X mit einem vor Peinlichkeit erröteten Emoji. Aktuelle und ehemalige Sport-Stars waren fassungslos, ihre Äußerungen rangierten von "Was?!" und "Wtf" über "Wurde Shams' Handy gehackt?" zu introspektiveren Analysen, wie etwa Suns-Star Devin Booker, der sagte: "Es ist verrückt, Luka galt als unantastbar und untradebar. Aber das zeigt mal wieder, dass die NBA nur ein Business ist, und sie immer über dich reden. Du kannst dich niemals in Sicherheit wähnen."

Bis auf Michael Jordans ersten Rücktritt vom Basketball, im Sommer 1993, auf dem Zenit seines Schaffens und nach drei Titeln in Folgen, hat es nie einen größeren Schocker in diesem Sport gegeben. Mavericks-Fans auf der ganzen Welt sind außer sich, Entscheidungsträger ligaweit bleiben verdutzt, Experten können selbst 24 Stunden später Aktionsparameter und Ausmaß dieser Transaktion nicht gänzlich einordnen. Während Dončić in einem emotionalen Dankesbrief an Dallas Abschied nahm, versuchte sich der Architekt dieses Trades bereits in öffentlichen Rechtfertigungen für sein Schaffen ... vergeblich.

Mavs-Boss Nico Harrison (rechts) versuchte erfolglos, seinen Plan hinter dem Schocker zu erklären.

Mavs-Boss Nico Harrison (rechts) versuchte erfolglos, seinen Plan hinter dem Schocker zu erklären.

(Foto: AP)

Nico Harrison, Präsident und General Manager der Mavericks seit 2021, faselte am Sonntag in einer unangenehm-tölpelhaften Pressekonferenz an der Seite eines katatonischen Cheftrainers Jason Kidd von Zeitachse, Motivation und Effekt seines unbegreiflichen und völlig unnötigen Trades, der die Liga durcheinander wirbelt. Seit Wochen hatte Harrison mit Lakers-GM Rob Pelinka telefoniert - beide kennen sich aus gemeinsamen Zeiten vor der NBA, Harrison arbeitete damals für Nike, Pelinka war Kobe Bryants Agent.

Dass Dallas aus eigenem Gutdünken einen der drei, vier besten Spieler der Welt verscherbeln wollte, beginnt nicht einmal Sinn zu ergeben. Aber selbst wenn die anstehende Vertragsverlängerung mit Dončić den neuen Besitzern und Harrison ein mulmiges Gefühl beschert haben sollte, eine Trennung intern bereits beschlossene Sache war: Es hätten unzählige bessere, üppigere Angebote für den 25-jährigen Megastar existiert. Dallas hielt Dončić' Verfügbarkeit stets geheim, kommunizierte nur mit Los Angeles. Das ist mindestens fahrlässig, im schlimmsten Fall grotesk.

Luka Magic Megastar

So gut wie jede Franchise hätte Haus und Hof verpfändet, um ein solches Jahrhunderttalent zu verpflichten. Es ist die schwerste Aufgabe jedes Klubs, einen Fixstern wie Dončić zu finden, um den ein Team und eine Zukunft geformt werden kann. Dallas fiel der Slowene vor knapp sieben Jahren quasi in den Schoß. 2018 hatten die Mavs gleich dreimal massives Glück, als zunächst Phoenix (DeAndre Ayton) und Sacramento (Marvin Bagley III) den jungen Dončić verschmähten, ehe dann auch noch die Atlanta Hawks lieber Trae Young bevorzugten. Dallas einigte sich mit Atlanta auf einen Draft-Trade, der den besten und international erfahrensten Youngster nach Texas brachte.

Mavs-Fans trugen ihre Hoffnungen symbolisch zu Grabe.

Mavs-Fans trugen ihre Hoffnungen symbolisch zu Grabe.

(Foto: IMAGO/Imagn Images)

Bereits damals war der Teenager in Diensten von Real Madrid amtierender MVP und Champion der Euroleague (2018), sowie wertvollster Spieler und mehrfacher Meister (2015, 2016 und 2018) in der spanischen ACB, der zweitbesten nationalen Liga weltweit. Auch in der NBA startete der Europameister von 2017 vom ersten Tag an durch: Rookie des Jahres 2019, danach fünfmal in Folge All-NBA First Team, noch vor seinem 25. Geburtstag - häufiger als LeBron James (3), Tim Duncan (4), Kevin Durant (4) oder Oscar Robertson (3).

Dončić (28,7 Punkte pro Spiel) hält den dritthöchsten Scoring-Schnitt in einer Karriere aller Zeiten, hinter Michael Jordan (30,1 PPG) und Wilt Chamberlain (30,1 PPG). In den Playoffs kommt nur Jordan (33,5 PPG) auf einen höheren Scoring-Schnitt als der Slowene (30,9 Punkte pro Partie), der die Mavericks immer wieder im Alleingang durch die wichtigste Phase der Saison schleifte - zuletzt bekanntlich in die NBA Finals, zum ersten Mal seit Nowitzkis Titelgewinn 2011. Seine Postseason-Vita ist ein stetig wachsendes Kompendium unfassbarer Highlights und vernichtender Big Plays. Er ist ein zertifizierter Basketball-Killer, der sein Spiel in den größten Momenten aufs höchste Level hievt.

Loyalität und steter Wandel

"Es ist Wahnsinn. Verrückt, einfach nur verrückt", analysierte Superstar Kevin Durant nach dem Trade. "Spieler müssen sich immer für Loyalität und Hingabe zu einer Organisation verantworten, aber Klubs unterliegen irgendwie nie denselben Standards." Dončić hatte nie um einen Trade gebeten, er war die Identität der Franchise und hätte eigenen Angaben zufolge gerne seine gesamte Karriere bei den Texanern verbracht. Ebenso wie Nowitzki, dem einzigen NBA-Profi, der 21 Jahre ein und demselben Klub die Treue hielt. Alles, was die Mavericks seit 2018 in personeller Hinsicht gemacht haben, war auf Dončić zugeschnitten. Und er lieferte stets ab.

Die Dinge laufen aber anders, seitdem der ikonische Mavericks-Besitzer Mark Cuban den Großteil seiner Anteilsrechte am Klub verkauft hat. Die neue Besitzergruppe um Milliardärin Miriam Adelson, die bereits mehr als 100 Millionen US-Dollar für Donald Trumps Kampagnen gespendet hat, stellt sich Gegenwart und Zukunft dieser Franchise offensichtlich anders vor. Loyalität den besten Spielern gegenüber und der unbedingte Siegeswille, wie es unter Cuban noch selbstverständlich war, all das scheint anderen Werten gewichen zu sein.

Seit Jahren murmelte es in Mavs-Kreisen, seit Adelson die Klubkontrolle und Schwiegersohn Patrick Dumont die offizielle Rolle des "Governors", des offiziellen Teambesitzers übernahmen. Die Bedenken gegenüber Dončić und seiner legeren Herangehensweise, vor allem in der Offseason, waren gut dokumentiert: Er habe "ständig Konditionsprobleme", seine "mangelnde Disziplin" in Bezug auf Ernährung und Fitness wurden immer wieder als Grund für das softe "Fat-Shaming" des eigenen Franchise-Spielers angeführt. Die Adelsons schienen nicht nur unwillens, Dončić in diesem Sommer den anstehenden Supermax-Vertrag für Megastars seines Kalibers unterschreiben zu lassen (fünf Jahre, 345 Millionen US-Dollar), sondern sparten durch diesen bizarren Trade sofort Geld und rutschten unter die Luxussteuer-Grenze. Pfennigfuchserei und Kalorienzählen statt Teamoptimierung und Championships ...

Wieder "Showtime" in L.A.

In Los Angeles hingegen können sie ihr Glück kaum fassen. Einem Klub, dem es seit Jahren und dem bisher letzten Titelgewinn - die kontroverse "Disney Championship" 2020 - an einer klaren Linie und genügend Talent fehlt, um die letzten Jahre in LeBron James' Karriere zu maximieren, wurde über Nacht wieder neues Leben eingehaucht. Dončić ist nicht nur eine de-facto-Kopie des komplettesten Basketballers seiner Generation; James war eines seiner Vorbilder, als er aufwuchs. Sie kennen, respektieren und schätzen sich gegenseitig - und werden künftig gemeinsam in "Purple & Gold" auf Korbjagd gehen.

Wieder einmal haben es die Lakers nicht nur geschafft, ihre Gegenwart und Zukunft zu retten, sondern einen der größten Stars im Game zu akquirieren. Das macht dieser Klub jetzt seit mehr als 50 Jahren, manövriert sich so nahtlos von einer Erfolgsära in die nächste. Wilt Chamberlain in den 1960er Jahren; Kareem Abdul-Jabbar in den 70ern; Magic Johnson in den 80ern; Shaquille O'Neal und Kobe Bryant in den 90ern; Pau Gasol 2008; LeBron James 2018, quasi aus dem Nichts; und heute Dončić, der den Staffelstab von James übernehmen wird, wenn der mittlerweile 40-Jährige seine einzigartige Karriere denn eines Tages beendet.

"Luka ist ein einzigartiger, junger, globaler Superstar, der diese Franchise auf Jahre anführen wird", resümierte Pelinka, der dieser Tage aus dem Schmunzeln nicht mehr herauskommen dürfte. "Sein Killer Instinkt und seine absolute Hingabe, um Meisterschaften zu gewinnen, werden dieses Team verankern." Obwohl es den Lakers ohne Davis nun fast komplett an fähigen Big Men und Verteidigern mangelt, und ein Sprung unter die absoluten Titelanwärter in dieser Saison auch nach weiteren Transaktionen vor der Trade-Deadline am Donnerstag als unwahrscheinlich gilt, hat sich L.A. für Gegenwart und Zukunft besser und aussichtsreicher positioniert. Das ist der Dončić-Faktor, er alleine hievt die Möglichkeiten eines Teams ins Unermessliche - erst recht an der Seite von James.

Weitreichende Konsequenzen

In Dallas hingegen wird der Meisterschaftstraum ausgeträumt sein - ungeachtet dessen, was Harrison mit diesem Deal geschafft zu haben glaubt. Ja, Davis ist ein veritabler Star in dieser Liga und einer ihrer besten Verteidiger obendrein. In fünfeinhalb Saisons mit den Lakers schaffte Davis viermal den Sprung ins All-Star-Team, verhalf den Lakers zum ersten Mal in einer Dekade wieder zum Sprung in die NBA Finals und gewann dort bekanntlich den Titel mit James. Im Duett mit Kyrie Irving wird Davis sicherlich abliefern, die Mavs sind jetzt groß, athletisch und unangenehm zu spielen. Aber der Kader, über Jahre personell auf Dončić zugeschnitten, ist schlecht ausbalanciert, seine Protagonisten jetzt noch älter und verletzungsanfälliger. Davis wird 32, Irving bald 33, keiner von beiden ist ein Musterbeispiel körperlicher Robustheit. Wer also glaubt, die Dinge würden künftig ohne Dončić besser laufen, ist auf dem Irrweg.

"Ich bin überzeugt, dass Meisterschaften über die Defensive gewonnen werden. Wir sind jetzt aufgestellt, um sowohl heute als auch in der Zukunft zu gewinnen. Und für mich ist die Zukunft in den nächsten drei bis vier Jahren. Wer weiß schon, was in zehn Jahren sein wird", flüchtete sich Harrison in Alibis. Auch hier konnte ihm niemand folgen. Dallas' Defensive war auf Top-Ten Niveau, als sich Dončić im Weihnachtsspiel verletzte, hatte 19 von 29 Partien gewonnen und war nur einen Sieg von Rang zwei in der Conference entfernt. Der Angriff gehörte unter Dončićs Führung wie gewohnt zu den effizientesten der Liga. Seither haben die Texaner 13 von 20 Partien verloren und sind in der Tabelle auf Rang neun abgestürzt. Der Slowene wurde in dieser Woche zurückerwartet, um wieder anzugreifen und zum dritten Mal in vier Jahren in Richtung Conference Finals zu stoßen.

Daraus wurde bekanntlich nichts. Weil Harrison in einer Nacht- und Nebel-Aktion Dončić, James, Irving, Davis, Kidd und alle anderen Protagonisten in diesem Business in absolute Schockstarre versetzte, mit dem möglicherweise dümmsten und weitreichendsten Trade der NBA-Geschichte. Dončić wird in wenigen Tagen sein Debüt für L.A. geben. Wer ihn kennt, weiß, dass ein sportlicher Rachefeldzug bevorsteht. Die Lakers sind derzeit Fünfter im Westen, nur einen Sieg von Heimvorteil entfernt, mit zahlreichen weiteren Trade-Optionen bewaffnet. Die Transferperiode schließt am 6. Februar. Mavs und Lakers treffen in der laufenden Saison noch zweimal aufeinander: in Los Angeles am 25. Februar, und in Dallas am 9. April. Die NBA-Playoffs starten offiziell am 19. April.

Quelle: ntv.de

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