Sport

XV. Wettkämpfe gastieren in Rio Was Sie über die Paralympics wissen sollten

Tom, das Maskottchen der Paralympics, freut sich schon auf die Weltspiele der Behindertensportler.

Tom, das Maskottchen der Paralympics, freut sich schon auf die Weltspiele der Behindertensportler.

(Foto: dpa)

Knapp zwei Wochen nach den Olympischen Spielen wird in Rio de Janeiro wieder um Medaillen gekämpft. Bei den XV. Paralympics, die gemessen an den Teilnehmern und der Anzahl der Entscheidungen das zweitgrößte Sportereignis der Welt sind, gehen mehr als 4000 Athleten an den Start. Was Sie sonst noch über die Weltspiele der Behindertensportler wissen sollten, erfahren Sie hier.

Wann und wo finden die Paralympics statt?

Die ersten Paralympics in Südamerika werden am 7. September im berühmten Maracanã-Stadion eröffnet, wo sie am 18. September mit der Schlussfeier auch beendet werden. Die ersten Wettkämpfe der XV. Paralympics finden am 8. September statt. 176 Nationen und ein Flüchtlingsteam mit zwei Sportlern sind in Rio de Janeiro am Start. In London vor vier Jahren waren es 166. Insgesamt werden 4350 Athleten (London: 4280) erwartet.

Wie viele deutsche Sportler sind am Start?

Das deutsche Team ist mit 155 Sportlern in Rio vertreten. Dies sind vier Athleten mehr als in London 2012. Ursprünglich hatte der Deutsche Behindertensportverband (DBS) 148 Sportler nominiert. Durch den Komplett-Ausschluss Russlands waren aber noch Startplätze frei geworden.

Wie sind die Erwartungen an das deutsche Team?

Bei den Spielen in London 2012 hatte das deutsche Team in der Medaillenwertung mit 18 mal Gold, 26 mal Silber und 22 mal Bronze den achten Platz belegt. Eine besondere Vorgabe für Rio gibt es nicht, wie auch DBS-Präsident Friedhelm Julius Beucher verdeutlichte: "Wir schielen nicht nach Metall oder zählen das Blech. Es geht darum, dass jeder seine Leistung abruft. Ich weise aber niemanden ab, der ein Ding um den Hals hängen hat."

Wie viele Entscheidungen gibt es in welchen Sportarten?

Bei den 15. Paralympics fallen 528 Entscheidungen in 23 Sportarten: Bogenschießen, Leichtathletik, Boccia, Kanu, Straßenradsport, Bahnradsport, Reiten, 5er Fußball, 7er Fußball, Goalball, Judo, Gewichtheben, Rudern, Segeln, Schießen, Sitzvolleyball, Schwimmen, Tischtennis, Triathlon, Rollstuhl-Basketball, Rollstuhl-Fechten, Rollstuhl-Rugby, Rollstuhl-Tennis. Die meisten Medaillen werden mit 177 in der Leichtathletik vergeben, im Schwimmen sind es 152. Neu sind Kanu und Triathlon. Zum Vergleich: Bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro waren es 306 Entscheidungen in 28 Sportarten.

Warum gibt es so viele Wettbewerbe?

Aufgrund der unterschiedlichen Behinderungen der Sportler werden in zahlreichen Disziplinen mehrere Finals und die entsprechenden Vorkämpfe ausgetragen. Während zum Beispiel bei den Olympischen Spielen nur ein Männer-Endlauf über 100 Meter mit Sieger Usain Bolt über die Bühne ging, sind es bei den Paralympics 16 100-Meter-Finals.

Welche Behinderungsarten gibt es?

Insgesamt gibt es im paralympischen Sport zehn Behinderungsarten: 1. Beeinträchtigungen der Muskelleistung, 2. Beeinträchtigungen der Beweglichkeit, 3. Amputation oder Fehlbildung von Gliedmaßen, 4. unterschiedliche Beinlängen, 5. Kleinwuchs, 6. Beeinträchtigung durch erhöhte Spannung der Muskulatur und die reduzierte Fähigkeit, einen Muskel zu strecken, 7. neurologisch bedingte Störungen der muskulären Bewegungskoordination, auch wenn keine Lähmung vorliegt, 8. Athetose (zum Beispiel unwillkürliche, unkontrollierte Muskelbewegungen), 9. Sehbehinderung, 10. intellektuelle Beeinträchtigungen. Welche Sportler gegeneinander antreten, wird zudem nach dem Grad der Behinderung durch die Klassifizierung festgelegt.

Was ist die Klassifizierung?

Grob gesagt: Wie zum Beispiel in Kampfsportarten mit ihren verschiedenen Gewichtsklassen wird auch im Behindertensport geschaut, wer gegeneinander antreten kann, ohne große Nachteile zu haben. Die Klassifizierung ist aber dennoch ein umstrittenes Thema, da die Behinderungen zu unterschiedlich sind. Im Laufe der vergangenen Jahre wurden immer mehr Startklassen zusammengelegt, um das Wettkampfprogramm übersichtlicher zu machen. Waren es 2000 in Sydney noch 550 Entscheidungen in 18 Sportarten, sind es nun 528 Entscheidungen in 23 Sportarten.

Wie funktioniert die Klassifizierung?

Bundespräsident Joachim Gauck (r.), hier mit David Behre, Sebastian Dietz, DBS-Präsident Friedhelm Julius Beucher und Edina Müller (v.l.n.r.), verabschiedete die deutsche Paralympics-Mannschaft Richtung Rio.

Bundespräsident Joachim Gauck (r.), hier mit David Behre, Sebastian Dietz, DBS-Präsident Friedhelm Julius Beucher und Edina Müller (v.l.n.r.), verabschiedete die deutsche Paralympics-Mannschaft Richtung Rio.

(Foto: dpa)

In welche Klasse ein Sportler kommt, entscheiden professionell ausgebildete Klassifizierer - ein medizinischer und ein technischer. Begutachtet werden zum Beispiel Beweglichkeit, aber auch Sitzpositionen oder Prothesenlängen im Vergleich zu den Körperproportionen. Eine erste Einteilung erfolgt zu Beginn der Karriere, unterliegt aber immer wieder Kontrollen.

Welche Besonderheiten gibt es bei Mannschaftssportarten?

Bei Mannschaftsportarten spielen Sportler mit unterschiedlicher Behinderung in einem Team. Die Zusammensetzung erfolgt nach Punkten. Je schwerer die Behinderung, desto kleiner die Punktzahl. Beim Rollstuhl-Rugby dürfen die Spieler auf dem Feld acht Punkte nicht überschreiten, beim Rollstuhl-Basketball sind es 14.

Welche Rolle spielt das Thema Doping?

Das Internationale Paralympische Komitee (IPC) hat mit dem Komplett-Ausschluss Russlands wegen Staatsdopings ein deutliches Zeichen gesetzt. Karl Quade, Chef de Mission des deutschen Teams, mag "die Hand in Sachen Doping nicht ins Feuer legen". Bei den deutschen Sportlern habe er aber "ein gutes Gefühl. Ich glaube, dass ihnen bewusst ist, was sie damit anrichten würden." Es ist jedoch nicht das einzige Problem, mit dem Verbände und Athleten im Behindertensport seit Jahren zu kämpfen haben: Offenkundige Betrügereien bei der Klassifizierung spielen genauso eine große Rolle wie das so genannte Techno-Doping.

Wie viele Tickets sind im Verkauf?

2,4 Millionen Tickets stehen zu Verfügung. Nach dem Ende der Olympischen Spiele hatte der Vorverkauf angezogen, doch Ende August waren erst rund eine halbe Million Eintrittskarten abgesetzt. Als Ziel waren ursprünglich 1,8 bis zwei Millionen anvisiert worden.

Wie hoch sind die Prämien?

Den deutschen Medaillengewinner erhalten zum zweiten Mal in der Geschichte der Paralympics nach Sotschi 2014 die gleichen Prämien wie ihre nicht behinderten Kollegen. Für Gold bekommen die Athleten des DBS 20.000 Euro von der Stiftung Deutsche Sporthilfe. Silber wird mit 15.000 Euro belohnt und Bronze immer noch mit 10.000 Euro. Ab Platz vier gibt es allerdings nichts.

Wer sind die Stars?

Der deutsche Weitsprung-Weltrekordler Markus Rehm hat gute Chancen, die Rolle von Oscar Pistorius einzunehmen. Der Südafrikaner war der Vorzeige-Athlet der drei letzten Paralympics, sitzt derzeit wegen Mordes aber im Gefängnis. Auch der ehemalige Formel-1-Pilot Alex Zanardi besitzt hohen Glamourfaktor. Vom deutschen Team genießen zudem Heinrich Popow und David Behre hohe Wertschätzung.

Was steht an Ausrüstung bereit?

Ottobock, der offizielle Technische Service Partner der Paralympics, stellt 18 Tonnen Material bereit. Insgesamt 15.000 Einzelteile, zum Beispiel 1100 Rollstuhlreifen oder 300 Prothesenfüße, stehen zur Verfügung. Reparaturen werden in einer 650 Quadratmeter großen Werkstatt von einem 100-köpfigen Team aus 31 Ländern ausgeführt. Pro Tag werden 2000 Reparaturaufträge erwartet.

Quelle: ntv.de, cri/dpa/sid

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen