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Ein Drama mit großem Finale Zverev kämpft sich durch Ärger und Pein

Was will man machen? Alexander Zverev ist derzeit offenbar unschlagbar.

Was will man machen? Alexander Zverev ist derzeit offenbar unschlagbar.

(Foto: picture alliance/dpa/AP)

Alexander Zverev ist dieser Tage unschlagbar: In Tokio gewann der Hamburger als erster deutscher Tennisspieler überhaupt Olympisches Gold im Einzel, wenige Tage später kämpft er sich gegen einen Weltklassekollegen durch ein irres Spiel - und gewinnt gegen alle Widerstände.

Es kann keine zwei Meinungen zum dramatischen Tennis-Kampf zwischen Olympiasieger Alexander Zverev und dem griechischen French-Open-Finalisten Stefanos Tsitsipas geben: Ein "unglaubliches Spiel" habe man sich geliefert, raunte Zverev seinem Gegner Sekunden nach dem Matchball am Netz zu. 2:41 Stunden hatten sich beide im Halbfinale des Masters-Turniers von Cincinnati bearbeitet, gestritten, über den Platz gejagt, beim Leiden beäugt und überhaupt auf höchstem Niveau bespielt. Am Ende gewann der Deutsche die Achterbahnfahrt, 6:4, 3:6, 7:6 (7:4). Deutlich in Führung lag er schon, am Ende stand der 24-Jährige wenige Punkte vor der Niederlage. Und zwischendrin war ständig Drama in dieser neunten Begegnung der beiden Tennis-Weltmeister von 2018 (Zverev) und 2019.

Der erste Satz verlief noch in geordneten Bahnen, Zverev präsentierte sich stark, wie schon die ganze Turnierwoche. "Ich fühle mich gerade auch, als ob ich mein bestes Tennis spiele, gegen jeden mithalten und jeden schlagen kann", hatte der Hamburger nach dem deutlichen Viertelfinalsieg gegen den Norweger Casper Ruud gesagt - und den Beweis für seine These geliefert. Mit seinem starken Aufschlag und präzisen Grundschlägen dominierte er den Griechen und holte sich den ersten Durchgang - und dann ging es los.

"Es war dasselbe in Paris"

Tsitsipas verabschiedete sich nach dem verlorenen Satz für eine Pause vom Court. Mit Sack und Pack. Auf dem Platz diskutierte Zverev derweil mit dem Stuhlschiedsrichter. "Es war dasselbe in Paris (bei den French Open, wo Tsitsipas Zverev im Halbfinale besiegt hatte, Anm. d. Red.) und es wird dasselbe sein bei jedem Turnier, das er spielt", schimpfte Zverev. Tsitsipas habe "seine Tasche mitgenommen, mit seinem Telefon und allem drin".

Der Hintergrund der Diskussion: Im Männertennis ist das Coaching während der Matches verboten, Spieler dürfen sich im Laufe der Begegnungen nicht mit ihren Trainern austauschen. Ja, der Grieche werde ja von einem Turniermitarbeiter eskortiert, erwiderte der Schiedsrichter. "Aber er ist im Bad, er wird ihn nicht bis auf die Toilette begleiten." Pikant: Während der Diskussion blendete der übertragende US-Sender Tsitsipas' Vater und Trainer Apostolos ein - der wild und konzentriert auf seinem Handy rumtippte.

"Coaching nach jedem Punkt sollte erlaubt werden im Tennis. Der Sport muss sich darauf einlassen. Wir sind vermutlich die einzige globale Sportart, die auf das Coaching während des Spiels verzichtet. Erlaubt es! Es ist an der Zeit, dass der Sport einen großen Schritt nach vorne macht", forderte Tsitsipas erst im Juli via Twitter. Doch derzeit ist es eben noch verboten. "Als er vom Platz runtergegangen ist, hab' ich direkt gesagt, das wird mindestens zehn Minuten dauern. Ich war knapp dran. Es waren neun Minuten", kommentierte Zverev die Situation später und schob hinterher: "Ich bin immer jemand, ich mag es mit Tennis zu gewinnen und mit Tennis zu verlieren. Manche Spieler halt nicht." Als der Grieche zurückkehrte, wurde er von den Zuschauern mit einem Pfeifkonzert empfangen.

"Das war nicht nett"

Egal, was nun in der Umkleidekabine tatsächlich passiert war: Zverev wurde in der Folge von seinem Aufschlag verlassen, Tsitsipas fand zurück ins Spiel - und gewann den zweiten Durchgang. Und beschwerte sich hinterher, nach dem zweiten Satz nicht erneut in die Umkleide gelassen worden zu sein, um seine verschwitzten Sachen zu wechseln. "Es wäre nicht nett, wenn ich meine Hose auf dem Platz wechsle. Ich mache das lieber in der Umkleide, inklusive Socken und Schuhe", sagte er. Er sei traurig, dass ihn der Stuhlschiedsrichter nicht habe gehen lassen. "Das war nicht nett."

Mit dem dritten Satz begann das Leiden des Alexander Zverev: 1:4 lag der Olympiasieger im entscheidenden Durchgang gegen den Weltranglisten-Dritten zurück, nahezu aussichtslos mit zwei Breaks. Nach einem langen Ballwechsel wirkte er körperlich am Ende, setzte sich auf die Handtuchbox und nahm wenig später Hilfe eines Arztes in Anspruch. "Ich habe ein bisschen Magenprobleme. Schon seit ein paar Tagen, aber heute war es das erste Mal, dass ich richtig physisch gefordert wurde, auch im zweiten Satz schon habe ich mich unwohl gefühlt", berichtete Zverev bei Sky. "Als ich raus vom Platz bin - ich werde nicht sagen, was ich da gemacht habe - aber da habe ich angefangen mich besser zu fühlen und dann hat mir der Doc auch eine kleine Tablette gegeben. Es war dann auch viel besser für mich."

"Viel Feuer und viele Emotionen"

Punkt für Punkt, Spiel für Spiel kämpfte er sich ins Match zurück. Als der Grieche schließlich beim Stande von 5:4 zum Matchgewinn aufschlug, war es ein Doppelfehler, der Zverev den Ausgleich brachte, zwei Asse sorgten für die 6:5-Führung. Beim 3:3 im Tiebreak zog Zverev dann davon und holte sich mit dem zweiten Matchball den Sieg. Am Netz gratulierten sich die beiden Hitzköpfe fair, auch wenn Tsitsipas sichtbar enttäuscht den Platz verließ.

"Es ist eine großartige Rivalität mit viel Feuer und vielen Emotionen", sagte Zverev nach dem Duell, "vor den US Open wollten wir uns nichts schenken. Es war ein toller Kampf, unsere letzten Matches waren alle so." Am späten Sonntagabend deutscher Zeit will Zverev nun gegen den Russen Andrey Rublev seinen zweiten Masters-Titel des Jahres holen, im Mai hatte der 24-Jährige bereits in Madrid gewonnen. Insgesamt gelangen Zverev in seiner Karriere bislang vier Triumphe in der Turnierserie, die gleich unterhalb der Grand Slams angesiedelt ist.

Nach dem Olympiasieg vor wenigen Wochen und dem Erfolg beim ATP-Saisonfinale 2018 kann Zverev nun mit viel Selbstvertrauen den nächsten Anlauf nehmen, um sein großes Ziel zu erreichen: der Triumph bei einem Grand-Slam-Turnier. Bei den US Open, dem letzten Grand-Slam-Turnier des Jahres (30. August bis 12. September) werden neben Titelverteidiger Dominic Thiem aus Österreich auch der verletzte Schweizer Altmeister Roger Federer und Grand-Slam-Rekordsieger Rafael Nadal aus Spanien fehlen.

Quelle: ntv.de

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