Nächtliches Meeting in Dschidda F1-Piloten womöglich zum Rennstart gedrängt
26.03.2022, 09:41 Uhr
Lewis Hamilton und Weltmeister Max Verstappen verließen die Rennstrecke in der Nacht kommentarlos.
(Foto: picture alliance / ANP)
Die Formel 1 will trotz einer Explosion nahe der Rennstrecke im saudi-arabischen Dschidda fahren. Doch der Entscheidung geht eine stundenlange Diskussion voraus. Einem Bericht zufolge werden den Fahrer darin auch mögliche Konsequenzen aufgezeigt, falls sie nicht antreten sollten.
Plötzlich roch Formel-1-Weltmeister Max Verstappen brennendes Öl. "Ich bin mir nicht sicher, ob es mein Auto ist oder ein anderes", erklärt der Red-Bull-Pilot während der ersten Trainingssession für den Großen Preis von Saudi-Arabien im Funk mit seinem Team. Das antwortet nur mit einem kurzen "Verstanden", denn tatsächlich brennt keines der Autos auf der Rennstrecke im saudi-arabischen Dschidda. Stattdessen steigt wenige Kilometer entfernt am Himmel dunkler Rauch auf: Anhänger der Huthi-Rebellen haben einen Anschlag auf ein Öllager des saudischen Ölgiganten Aramco am Roten Meer verübt. Dennoch wird am Sonntag der Große Preis von Saudi-Arabien (19 Uhr MESZ/Sky und im Liveticker auf ntv.de) ausgetragen.
"Das Rennwochenende wird wie geplant stattfinden", bekräftigte der Ausrichter, die Saudi Motorsport Company bereits kurz nach dem Schock. Man werde alle nötigen Maßnahmen ergreifen, um die Sicherheit des Rennens zu gewährleisten. "Wir freuen uns, die Fans zu einem Wochenende mit hochklassigem Motorsport und Entertainment begrüßen zu können."

Die Rauchwolken in Dschidda waren auch von der Rennstrecke aus zu sehen und zu riechen.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Auch die Fahrer stimmten wenig später zu, allerdings dauerten die Diskussionen deutlich länger als gedacht. Erst um 02.30 Uhr morgens wurde das Gespräch mit F1-Chef Stefano Domenicali, FIA-Präsident Mohammed Ben Sulayem, lokalen Behörden und den Teamchefs nach vier Stunden beendet. Alpha-Tauri-Pilot Pierre Gasly erklärte anschließend im französischen TV-Sender Canal+, dass eine Einigung gefunden wurde, die Fahrer die Details aber nicht erläutern würden.
Was, wenn das Rennen nicht stattfindet?
Denn die sind möglicherweise pikant: Wie unter anderem die britische BBC berichtet, hatten mehrere Fahrer ernsthafte Bedenken, das Rennwochenende fortzusetzen. Erst, nachdem sie weitere Informationen und Zusagen der Veranstalter erhalten hatten, sollen sie ihre Meinung geändert haben. "Teil dieser Informationen bezog sich auf mögliche Konsequenzen, falls sie nicht antreten", meldet die BBC. Dazu gehörte demnach auch die Frage, "wie einfach Teams und Fahrer das Land verlassen könnten, wenn das Rennen nicht stattfindet".
F1-Chef Domenicali dementierte später, dass einige Fahrer nicht weitermachen wollten. "Sie werden auf der Strecke sein, Sie werden sehen", versicherte der Italiener. Die Fahrergewerkschaft GPDA teilte am Samstag mit: "Gestern war ein schwieriger Tag für die Formel 1 und ein aufreibender Tag für uns Formel-1-Fahrer." Die Topstars blieben verdächtig stumm. Max Verstappen und Mercedes-Pilot Lewis Hamilton verließen die Rennstrecke am frühen Morgen um kurz vor drei Uhr praktisch wortlos. Lediglich der Teamkollege des niederländischen Weltmeisters, Sergio Perez, äußerte sich optimistisch: "Bereit und total fokussiert für das morgige Qualifying", schrieb der Mexikaner auf Twitter.
Verantwortliche beschwichtigen
"Wir haben die volle Zusicherung erhalten, dass für das Land die Sicherheit an erster Stelle steht", erklärte Domenicali nach dem Treffen mit den Fahrern. Die saudischen Verantwortlichen hätten "alle notwendigen Systeme eingerichtet, um diesen Bereich, die Stadt und die Orte, an denen wir fahren, zu schützen." Auch Sulayem versuchte zu beschwichtigen: "Worauf zielen die Huthis? Auf die wirtschaftliche Infrastruktur, nicht auf Zivilisten und nicht auf die Rennstrecke." Man habe "die Fakten geprüft und auf hoher Ebene die Zusicherung, dass dieser Ort sicher ist. Die Sicherheit ist gewährleistet, also lasst uns Rennen fahren", fügte der 60-Jährige hinzu.
Wie verlässlich diese Zusagen allerdings sind, wenn unweit der Rennstrecke Anschläge verübt werden, blieb offen. Die Fahrer um Max Verstappen und Lewis Hamilton werden es herausfinden: Das dritte freie Training soll um 15 Uhr beginnen, zuvor ist eine Pressekonferenz mit ausgewählten Teamchefs anberaumt.
Quelle: ntv.de, chr/dpa/sid