Formel1

Tests bei Renault für Kubica Heidfelds letzte Chance

Unverhofft zurück: Nick Heidfeld testet mit Renault für die kommende Saison in Barcelona. Seine große Chance

Unverhofft zurück: Nick Heidfeld testet mit Renault für die kommende Saison in Barcelona. Seine große Chance

Irgendwie hat Nick Heidfeld einen Riecher für richtige Entscheidungen. Sonst wäre es nicht zu erklären, dass er kommende Saison womöglich wieder in einem Formel-1-Cockpit sitzen wird. Das Unfall-Pech von Robert Kubica bringt dem Deutschen eine Chance.

Als Nick Heidfeld letztes Jahr bei Mercedes als Testpilot seinen Hut nahm, verstanden nur wenige Experten, was der Mönchengladbacher dabei im Schilde führte. Durch das wenig erfolgreiche Comeback von Michael Schumacher spekulierten viele bereits Mitte der Saison, dass sich der Rekord-Champion früher als geplant aus seinem Drei-Jahres-Vertrag zurückziehen und Nick Heidfeld nachrücken könnte. Scheinbar gab er damals eine Pole Position auf, doch der 33-Jährige hat wohl genau das Richtige gemacht.

Bei Pirelli half der mit 163 Starts in der Formel 1 ausgesprochen erfahrene Pilot mit, die neuen Reifen zu entwickeln. Genau das könnte ihm jetzt zu einem Platz im Starterfeld verhelfen. Denn Flavio Briatore, die gesperrte graue Eminenz im Hintergrund des Renault-F1-Teams, will auf jeden Fall einen erfahrenen Piloten für Kubica anheuern. Und einen, der die Reifen kennt. Voilà, da ist Nick Heidfeld, wie gemacht für diese Anforderungen.

Kubica-Comeback vor Sommer unwahrscheinlich

Es ist nicht nur ein glücklicher Zufall, dass Heidfeld womöglich das Cockpit von Robert Kubica ergattern kann. Es ist aber auf jeden Fall eine Chance für den Deutschen – eine Riesenchance sogar. Denn selbst wenn der bei einem Rallye-Unfall verletzte Pole noch in dieser Saison zurückkommen wird, hat Heidfeld wohl mindestens sechs Rennen lang die Chance, sein Können zu beweisen; vor dem Grand Prix von Spanien am 22. Mai ist ein Comeback selbst bei optimalem Heilungsverlauf sehr unwahrscheinlich. Möglicherweise wird Kubica auch erst nach der Europa-Tour der Formel 1 im Herbst wieder ins Lenkrad greifen können. Bei Komplikationen für den Polen, oder wenn Heidfeld fleißig Punkte sammeln sollte, darf er vielleicht sogar die komplette Saison fahren.

Heidfeld im vergangenen Jahr im Sauber: Der Deutsche gilt als zuverlässiger Punkte-Fahrer, jedoch nicht als Siegertyp.

Heidfeld im vergangenen Jahr im Sauber: Der Deutsche gilt als zuverlässiger Punkte-Fahrer, jedoch nicht als Siegertyp.

Nick Heidfeld hängt der Makel an, zu ruhig und zu sensibel für die Formel 1 zu sein. Das könnte stimmen, denn der Pilot hat immer dann gute Leistungen gebracht, wenn er die volle Rückendeckung seines Teams genossen hat. So konnte er bei Sauber in seiner ersten Saison 2001 beachtliche 12 WM-Punkte in einem unterlegenen Auto sammeln. Immerhin drei mehr als sein damaliger Teamkollege Kimi Räikkönen, der aber nach einer Saison von McLaren weggekauft wurde. Schon in der Folgesaison, als ein junger Pilot namens Felipe Massa neben ihm fuhr, konnte er nur noch sieben Punkte holen. Der Ärger darüber, dass Räikkönen und nicht er zum McLaren-Mercedes-Team transferiert wurde, saß immer noch tief.

Pole auf dem Nürburgring, Zweiter in Monte Carlo

Sein Gastspiel bei Jordan im darauffolgenden Jahr war eher durchwachsen. Das Auto war nicht wirklich konkurrenzfähig und Heidfeld konnte sein Talent nicht in Punkte umsetzen. Nur zweimal schaffte er es unter die besten Acht und holte magere drei Punkte. Dennoch verschaffte ihm seine Leistung in der darauffolgenden Saison ein Cockpit beim damaligen Spitzenteam Williams, wo er sich endgültig als Topfahrer etablieren konnte. 28 Punkte, eine erste Pole auf dem Nürburgring und ein zweiter Platz beim traditionsreichen Grand Prix von Monte Carlo erregten die Aufmerksamkeit von BMW-Motorsportchef Mario Theissen, der gerade dabei war, ein blau-weißes F1-Team aufzubauen.

In der kommenden Saison heuerte er bei BMW-Sauber an und etablierte sich gegen den mittlerweile etwas motivationslosen Jacques Villeneuve direkt als Nummer eins. Als der im letzten Drittel der Saison seinen Hut nahm, sollte ein gewisser Robert Kubica den Platz neben Heidfeld im BMW-Rennstall einnehmen. Die ersten beiden Jahre hatte er den Polen noch im Griff, aber in der Saison 2008, als dem BMW ernsthafte Titel-Chancen eingeräumt wurden, fuhr ihm Kubica davon. Danach haftete Heidfeld endgültig der Makel an, nicht genug Siegeswillen und Durchsetzungsfähigkeit mitzubringen.

Für ganz oben reichte es nie

Nun schließt sich also der Kreis, und Heidfeld hat ausgerechnet durch jenen Kubica, der ihm damals bei BMW die Show stahl, noch mal die Gelegenheit in einem konkurrenzfähigen Auto seine Mission doch noch zu beenden. Denn was dem 33-Jährigen wirklich fehlt, neben einem Titel natürlich, ist ein Grand-Prix-Sieg. 225 WM-Punkte hat er gesammelt, einen Rekord aufgestellt, indem er 41 Rennen in Folge im Klassement beenden konnte. Zwölf Mal stand er auf dem Treppchen, davon achtfach als Zweiter. Auch im vergangenen Jahr, als er noch ganze fünf Rennen im Sauber absolvieren durfte, fuhr er zweimal in die Punkte und holte immerhin noch sechs Zähler. Aber für ganz oben reichte es nie, weder damals bei Williams, noch später bei Sauber. Die Tragik der Karriere von "Quick Nick".

Noch hat er den Platz bei Renault nicht sicher. In den kommenden Tagen muss er sich zunächst erneut gegen einen jungen, aufstrebenden Fahrer behaupten. Der trägt mit Bruno Senna einen großen Namen, aber allgemein wird Heidfeld zugetraut, den Brasilianer, der wohl nicht ganz so viel Talent wie sein berühmter Onkel mitbringt, in Schach zu halten. Dann dürfte sich wohl zum letzten Mal die Möglichkeit für ihn ergeben, den großen Makel auf seiner ansonsten durchaus beeindruckenden Karriere zu tilgen. Auch wenn der Renault nicht unbedingt ein Siegerauto ist, Robert Kubica galt jedenfalls vor der Saison als Geheimtipp. Und daran wird sich auch Heidfeld messen lassen müssen.

Quelle: ntv.de

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