"Mister Boxengasse" steigt aus In der Formel 1 endet eine Ära vorzeitig
25.10.2020, 17:03 Uhr
Kai Ebel gehört fast drei Jahrzehnte zum Formel-1-Inventar, für deutsche Rennsportfans sind die großen Erfolge von Michael Schumacher und Sebastian Vettel auch mit seinem Gesicht verbunden. In Portugal geht ein großes Kapitel Formel-1-Geschichte vorzeitig zu Ende.
Während Lewis Hamilton in Portimão mit seinem 92. Grand-Prix-Sieg, mit dem er Michael Schumacher den Rekord für die meisten Siege abnahm, weltweit bestaunt Formel-1-Geschichte schrieb, endete eine Motorsport-Ära ganz anderer Art eher ruhig. Und unerwartet früh. Nach 26 Jahren in den Boxengassen dieser Welt war Kai Ebel, "Mister Boxengasse", in Portugal zum letzten Mal für RTL an einer Rennstrecke - zwei Monate vor dem Ende der Saison. Schuld ist natürlich die Corona-Pandemie.
Entgegen der ursprünglichen Planung des TV-Senders reist der Reporter in der kommenden Woche nicht in die Emilia Romagna zum Großen Preis. RTL verzichtet wegen des Corona-Risikos auf den Außeneinsatz seiner Mitarbeiter und produziert alle verbleibenden Rennen der Saison aus dem Kölner Studio - in den Boxengassen wird Ebel fortan fehlen. Nach dem Ende der Saison zieht sich RTL dann ganz aus der Formel 1 zurück.
Der 56-Jährige ist seit 1991 Teil des Formel-1-Teams von RTL, seit 1994 wirbelte er durch die Boxengassen dieser Welt. Sein Debüt hatte er ausgerechnet beim San-Marino-GP '94 in Imola - das Rennwochenende, bei dem zuerst der Österreicher Roland Ratzenberger und später Formel-1-Legende Ayrton Senna tödlich verunglückten. Insgesamt werden es 498 Einsätze von Ebel in der Motorsport-Königsklasse gewesen sein.
"Jetzt habt ihr ein bisschen mehr Ruhe"
Legendär machten ihn dabei auch seine oftmals eigenwillig-exzentrischen Outfits, die Interviews des Live-Reporters mit eigener Kamera waren unverzichtbarer und stilbildender Bestandteil der vor allen in den großen Jahren von Formel-1-Legende Michael Schumacher, dessen Bruder Ralf und des vierfachen Weltmeisters Sebastian Vettel so ungeheuer quotenstarken Liveübertragungen von RTL.
Standen Deutschlands Formel-1-Fans für Übertragungen von Rennen aus Übersee früh auf, erwartete sie meistens schon ein gut gelaunter Kai Ebel im Fernsehen. Zwölfmal gewannen während Ebels Boxengassen-Karriere deutsche Piloten die Fahrer-Weltmeisterschaft: Schumacher holte sieben Titel, Sebastian Vettel vier und Nico Rosberg einen.
Vettel, selbst "erst" seit 2007 in der Formel 1 aktiv, plauderte nach dem Rennen am Sonntag wohl zum letzten Mal vor dem RTL-Mikrofon an einer Rennstrecke. Schon vorher hatte sich der Hesse von einem langjährigen Begleiter rund um die Rennen verabschiedet. "Jetzt habt ihr ein bisschen mehr Ruhe", scherzte Ebel. Und verabschiedete sich später sichtbar angefasst von seinem Publikum: "Ich habe es immer geliebt, was ich hier vor Ort gemacht habe. Ich glaube aber, ich werde es erst begreifen, wenn man mal eine Woche oder zwei oder drei Wochen Abstand hat und das Adrenalin nachlässt", sagte Ebel nach seinem letzten F1-Einsatz. "Es war eine schöne Zeit. Danke, dass uns alle so lange die Stange gehalten haben." Während Hamilton noch gefeiert wurde, ging eine TV-Ära zu Ende.
Quelle: ntv.de, ter