Formel1

Formel-1-Lehren der SaisonNorris' Dämonen haben jetzt erstmal Sendepause

08.12.2025, 06:32 Uhr
ABU-DHABI-UNITED-ARAB-EMIRATES-DECEMBER-7-Lando-Norris-of-McLaren-celebrates-becomes-F1-World-Champion-2025-with-his-team-after-the-F1-Grand-Prix-of-Abu-Dhabi-at-Yas-Marina-Circuit-on-December-4-2025-in-Abu-Dhabi-United-Arab-Emirates
Lando Norris ist Weltmeister. Das muss er vermutlich selbst erst einmal realisieren. (Foto: picture alliance / Sipa USA)

Diesmal sind es Tränen der Freude, die Lando Norris vergießt. Der, der die Formel-1-Fahrer nahbarer gemacht hat, ist Weltmeister. Der beste Fahrer ist er damit aber trotzdem nicht. Dieses Prädikat beansprucht Max Verstappen für sich - und der fühlt sich auch ohne Titel wie ein Gewinner.

Norris siegt gegen die Selbstzweifel

Das Wichtigste an diesem WM-Titel? Nicht der Sieg über den vermeintlich unbezwingbaren Max Verstappen, sagt Lando Norris - sondern der gegen die eigenen Dämonen. Er habe mal wieder einige "Selbstzweifel" gehabt in der ersten Saisonhälfte mit vielen Fehlern, das ist ein Problem, das Norris schon seit dem Aufstieg in die Formel 1 begleitet. "Aber ich habe mich widerlegt, das macht mich stolz und glücklich."

Zwischen Lachen und Weinen liegt bei dem Briten oft nicht viel. Er hat es salonfähig gemacht, auch im Fahrerlager der Formel 1 offen über mentale Kämpfe und Herausforderungen zu sprechen. "Es ist großartig zu sehen, welches Vorbild Lando in der Formel 1, aber auch außerhalb geworden ist", lobte jüngst der viermalige Weltmeister Sebastian Vettel den neuen Champion. Früher seien Fahrer wie Maschinen aufgetreten, um bloß nie Schwächen zu zeigen. Das sei Tabu gewesen, bemerkte Vettel. Zur eigenen Verwunderung hatte Norris vor dem Start in das erstmal wichtigste Rennen seiner Karriere betont, gut geschlafen zu haben.

Dabei gab es diesen WM-Titel tatsächlich auch auf den letzten Metern nicht geschenkt. Er hatte ein schnelles Auto, aber er hatte auch einen starken Teamkollegen in Oscar Piastri. Und er musste sich eben auch mit Max Verstappen herumschlagen, der mit einem verbesserten Red Bull seit Monaten wieder der altbekannte Endgegner war. Vielleicht war es Norris' einzige Chance für lange Zeit, wer weiß, was das neue Reglement ab 2026 für McLaren bereithält. Doch das einstige Top-Talent ist nun für immer ein Weltmeister, und das dürfte für den Rest der Karriere einiges freisetzen.

Verstappen ist der beste Fahrer - auch ohne Titel

1456 Tage lang trug Max Verstappen die Weltmeisterkrone. Als er sie los war, wirkte er mit sich im Reinen. Der Niederländer hat der Welt in dieser Saison mal wieder gezeigt, dass er der beste Rennfahrer der Königsklasse ist, mehr sogar als in den überlegenen Jahren 2022 bis 2024.

Sein Wagen war in vielen Rennen dem McLaren unterlegen, er war praktisch als Alleinkämpfer fürs Team unterwegs wegen der zu schwachen Stallkollegen - und mitten in der Saison musste auch Erfolgs-Teamchef Christian Horner gehen. Laurent Mekies übernahm - und zusammen mit Leader Verstappen formte er das Team neu und machte es wieder zum Siegerrennstall. Keiner gewann mehr Rennen 2025 als Verstappen mit acht.

104 Punkte lag er nach seinem Heimrennen in Zandvoort Ende August hinter Platz eins. Und doch holte er im schwächeren Auto um ein Haar den fünften Titel in Serie. Dass das am Ende an zwei WM-Punkten scheiterte, tat gar nicht so sehr weh. "Ich habe das Auto manchmal gehasst und manchmal geliebt", sagt er über seinen RB21: "Es war eine Achterbahn." Und doch habe er am letzten Abend der Saison ein besseres Gefühl als ein Jahr zuvor, obwohl er damals Weltmeister war. "Wir hatten schon letztes Jahr zu kämpfen, das zog sich bis in diese Saison. Aber seit dem Sommer haben wir wieder positive Energie, und das braucht man für die Zukunft." Der fünfte Titel bleibt das Ziel.

Piastri wird auf Sieg getrimmt

Der große Verlierer des Dreikampfs ist sicher Piastri. Er versuchte in Abu Dhabi noch mal alles, wollte vielleicht das Wunder von 2010 wiederholen, als Sebastian Vettel im Red Bull von WM-Rang drei zum Titel gerast war. Es klappte aber nicht. Ein Einbruch nach seinem Sieg in Zandvoort und die gleichzeitige Leistungssteigerung bei Stallrivale Norris verhinderten den Titeltriumph des Australiers in dessen drittem Formel-1-Jahr. Diplomatisch sagte er nach dem Rennen auf dem Yas Marina Circuit: "Eine sehr verdiente Weltmeisterschaft von Lando. Wir kommen beide nächstes Jahr zurück und versuchen herauszufinden, wie wir einander schlagen können."

Es ist gar nicht so einfach, ihm eine Kampfansage zu entlocken. Dass Norris "ja jetzt nicht Superman" ist, war in Abu Dhabi schon das höchste der Gefühle. Piastri schaltete vielmehr gleich in den Analytikermodus, er habe viel gelernt über sich, als Rennfahrer und als Mensch, diese Saison werde hilfreich sein. Und zweifellos ist die Zeit auf der Seite des 24-Jährigen, der in seinem ersten Jahr als Titelkandidat um nur 13 Punkte scheiterte. "Ich kann es jetzt schon kaum erwarten, eine Weltmeisterschaft mit Oscar zu feiern", sagte McLaren-CEO Zak Brown noch in Abu Dhabi: "Er hat auf jeden Fall das Zeug dazu."

Hamilton hüllt sich in Schweigen

Lewis Hamilton wusste mit Sicherheit, was er damit auslöst, es war ihm offensichtlich egal. Kein Wort zur neuen Saison bei Ferrari, "ich freue mich nur auf Weihnachten", sein Telefon werde er "in den Mülleimer schmeißen", sagte er. Und die Diskussionen, ob er abtreten will oder abtreten sollte, gingen weiter. Erstmals in seiner Karriere beendete Hamilton eine Saison ohne ein Grand-Prix-Podest, doch das war nicht alles: In den letzten Wochen des ersten Ferrari-Jahres wurde der Rekordweltmeister immer häufiger zum echten Hinterbänkler.

"Da hat man ja keine Lust, weiter zu machen, das ist ja grausam", sagte sein einstiger Teamkollege Nico Rosberg und vermutete: "Er würde gerne aufhören, aber das kann er nicht machen." Es wirkt tatsächlich eher unwahrscheinlich, dass Lewis Hamilton auf dem Tiefpunkt seiner Karriere zurücktritt. Immerhin ist das neue Reglement auch für den bald 41-Jährigen die Chance zum Neustart.

Quelle: ntv.de, ara/sid/dpa

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