Brych krönt seine Karriere Der erfolgreichste Deutsche der EM
07.07.2021, 17:12 Uhr
Lange Pfiffe, kurze Pfiffe: Felix Brych beherrscht sein Handwerk.
(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
Bei seinem bisherigen Karrierehöhepunkt zeigt Felix Brych eine starke Leistung. Im Halbfinale der Fußball-Europameisterschaft sorgt auch er dafür, dass Spanien und Italien eine gute Partie abliefern können. Die Engländer würden den deutschen Schiedsrichter sogar gerne auf der Insel behalten.
Auch seine letzte Aufgabe meisterte Felix Brych souverän. Als die Horde der jubelnden Italiener nach dem Elfmeterschießen heranraste, brachte er sich gekonnt in Sicherheit. Das Urteil über die Leistung des Schiedsrichters im EM-Halbfinale zwischen den Azzurri und Spanien (4:2 i. E.) hatte Gary Lineker da bereits gesprochen. "Großartiger Referee", kommentierte die englische Fußball-Ikone den wahrscheinlich finalen Auftritt des Münchners auf der internationalen Bühne.
Mit seinem Tweet reagierte Lineker auf den Post der renommierten Times, deren Kommentator Henry Winter den deutschen Unparteiischen gerne dauerhaft in der britischen Hauptstadt sehen würde. "Es wäre toll, wenn dieser fantastische, ruhige und kontrollierte Schiedsrichter Felix Brych in London bleiben könnte", schrieb Winter: "Vielleicht so drei bis vier Jahre..."
Brych sollte sich diesen Vorschlag gut überlegen. Schließlich erreicht der 45-Jährige in zwei Jahren die Bundesliga-Altersgrenze - und dass der Deutsche Fußball-Bund (DFB) auch für seine besten Schiedsrichter keine Ausnahmen machen will, kann Manuel Gräfe jederzeit bestätigen.
"Er wird zu Recht gelobt"
Ohnehin ist davon auszugehen, dass Brych am Dienstagabend in Wembley seine Abschiedsvorstellung außerhalb Deutschlands gegeben hat. Er hat die Altersgrenze für internationale Partien erreicht. Nur wenn Brych von der Europäischen Fußball-Union (UEFA) für das EM-Finale nominiert werden sollte, dürfte er nochmal ran. Das Endspiel wird aber vermutlich Björn Kuipers leiten. Für den 48 Jahre alten Niederländer hatte die UEFA eine Ausnahme von der Altersgrenze gemacht.
Da Brych mit einer solchen Vorzugs-Behandlung nicht rechnen kann, wurde er von seinem einstigen Förderer Herbert Fandel wohlwollend in die internationale "Rente" geschickt. "Er wird zu Recht für seine Leistung gelobt", sagte der frühere deutsche Schiedsrichter-Boss: "Er hat dem Spiel Raum gelassen und mit seiner exzellenten Leitung dafür gesorgt, dass es eine tolle Partie wurde."
Auch Fandels Nachfolger war voll des Lobes. "Wir haben in diesem Spiel ein sehr gutes Schiedsrichterteam gesehen, mit Felix Brych als einen sehr erfahrenen und im Spielmanagement sehr versierten Spielleiter, der in jeder Situation eine angemessene und für die Spielentwicklung gute Lösung parat hatte", ließ Lutz Michael Fröhlich wissen: "Eine ganz starke Leistung."
Das Phantomtor fast schon wieder vergessen
Brych, für den 300 Bundesliga-Partien, 96 Europacup-Begegnungen und 55 Länderspiele zu Buche stehen, hätte sich keinen besseren Zeitpunkt für seine Glanzleistung aussuchen können. Denn obwohl der Jurist bereits Endspiele im DFB-Pokal (2015 und 2021), in der Europa League (2014) und der Champions League (2017) gepfiffen hat, stand er nie zuvor derart im Blickpunkt wie bei seinem fünften Einsatz bei dieser Endrunde.
Grundsätzlich darf die EM als Rehabilitierung Brychs gewertet werden. Schließlich war der viermalige deutsche Schiedsrichter des Jahres bei der WM-Endrunde 2018 nach nur einem Vorrundenspiel vom Weltverband FIFA aus dem Turnier genommen worden. Grund war der vom damaligen serbischen Trainer Mladen Krstajic ausgelöste Skandal. Der frühere Bundesliga-Profi hatte gepöbelt, dass Brych für seine Leistung vor das Kriegsverbrecher-Tribunal in Den Haag gestellt werden sollte.
Brych, der schon vor der EM auf die Teilnahme an fünf großen Turnieren (Olympia 2012, Confed-Cup 2013, WM 2014, EM 2016, WM 2018) zurückblicken durfte, kann die Enttäuschung von Russland nun zu den Akten legen. Genau wie sein anerkanntes Phantomtor von Stefan Kießling im Oktober 2013 in Sinsheim. Den Engländern ist das sowieso egal - die würden ihn jederzeit mit Handkuss nehmen.
Quelle: ntv.de, ses/sid