FC Bayern Deutschland schlägt Israel Die Traumapatienten spuren

Jubel und Trubel: Mario empfängt nach seinem Tor den Dank seiner Kollegen.

Jubel und Trubel: Mario empfängt nach seinem Tor den Dank seiner Kollegen.

(Foto: dpa)

Das große Fußballfest ist es nicht, aber Bundestrainer Joachim Löw und die deutsche Nationalmannschaft sind froh, die EM-Generalprobe gegen Israel gewonnen zu haben. Mit sieben Spielern des FC Bayern in der Startelf, die auf gutem Weg sind, ihr Trauma nach der Niederlage im Finale der Champions League zu überwinden.

Deutschland - Israel 2:0 (1:0)

Tore: 1:0Gomez (40.), 2:0 Schürrle (82.)
Deutschland: Neuer - Boateng, Mertesacker, Badstuber, Lahm - Khedira(88. Bender), Kroos (86. Götze) - Müller (83. Reus), Özil, Podolski (67.Schürrle) - Gomez (67. Klose)
Israel: Harosh - Yadin (86. Tzedek), Shpungin, Ben Haim, Tibi, Gershon -Natcho (73. Biton), Zahavi (67. Sahar), Melikson (46. Damari), Benayoun (46.Vermouth) - Shechter (46. Refaelov
Schiedsrichter: Kevin Blom (Niederlande)
Zuschauer: 43.241 (ausverkauft)

Nun ist es so, dass die deutsche Fußballnationalmannschaft jüngst in Basel gegen die Schweiz ohne einen einzigen Spieler des FC Bayern drei Tore erzielte, nun in Leipzig vor 43.241 Zuschauern im ausverkauften Zentralstadion gegen Israel aber nur zwei, obwohl sieben Münchner in der Startelf standen. Doch da die Schweizer am vergangenen Samstag fünf Tore schossen, die Israelis am Donnerstagabend aber keins, geht die DFB-Elf mit einem glanzlosen Sieg aus der Generalprobe für die Europameisterschaft hervor.

Und die Bilanz spricht eindeutig für die Bayern. Abgesehen davon, dass mit Mario Götze nur ein Spieler des doppelten Titelträgers aus Dortmund mitspielen durfte. Für ganze sieben Minuten. Fazit: Die Münchner Traumapatienten haben sich nach dem im Elfmeterschießen verlorenen Champions-League-Finale gegen den FC Chelsea wieder berappelt. Ihnen sei die Freude anzumerken, bei der Nationalmannschaft zu sein, sagte Bundestrainer Joachim Löw. "Die Spieler sind wieder in der Spur." Die deutschen Akteure in der Einzelkritik:

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(Foto: dpa)

Manuel Neuer: Zweiter mit dem FC Bayern im DFB-Pokal, zweiter in der Bundesliga, Zweiter in der Champions League. Aber im Tor der deutschen Fußball-Nationalmannschaft ist er die Nummer eins. Auch bei der Europameisterschaft, seinem zweiten großen Turnier nach der Weltmeisterschaft vor zwei Jahren in Südafrika. Wirkte in Leipzig gegen Israel nicht wie eine enttäuschte Seele, sondern wie einer, der eine Niederlage verkraften kann, sei sie auch noch so bitter. Hatte allerdings keinen besonders harten Arbeitsabend, hätte über weite Strecken auch mit Innenverteidiger Per Mertesacker den Platz tauschen können, ohne dass etwas passiert wäre. Bekam Szenenapplaus, als er nach 51 Minuten einen Ball fangen durfte, den auch Mertesacker gefangen hätte. Lenkte vier Minuten später einen von Gil Vermouth geschossenen Ball über die Latte, den Mertesacker ganz bestimmt nicht bekommen hätte. Ein Problem wird es in Polen und der Ukraine nur geben, wenn er sich verletzt. Die Ersatzleute haben nicht seine Klasse. Mit Tim Wiese hat die DFB-Elf in sechs Versuchen noch nie gewonnen. Und Ron-Robert Zieler hat erst einmal gespielt.

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(Foto: AP)

Jerome Boateng: Hinderte im Endspiel der Königsklasse Chelseas Didier Drogba nicht daran, den Ausgleich zum 1:1 zu köpfen - als Innenverteidiger. Gegen Israel stellte Bundestrainer Joachim Löw den Münchner als rechten Außenverteidiger auf. Dort machte Jerome Boateng seine Sache gegen einen wenig durchschlagskräftigen Gegner sehr ordentlich und verpasste nach 19 Minuten mit einem Pfostenschuss denkbar knapp seinen ersten Länderspieltreffer. Wirkte nicht wie ein Pflegefall. Und empfahl sich - trotz einiger kleiner Fehler - dafür, den Job auch beim EM-Auftakt am 9. Juni im ukrainischen Lemberg gegen Polen machen zu dürfen. Es sei denn, Kapitän Philipp Lahm wechselt doch noch von links nach rechts - wie im Verein. Dann ist Jerome Boateng aber durchaus auch ein Kandidat für die linke Seite. Oder wie Joachim Löw sagte: "Er hat seine Aufgabe ordentlich gelöst, das war zufriedenstellend."

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(Foto: REUTERS)

Holger Badstuber: Spielt zwar beim FC Bayern, war im Finale der Champions League aber gesperrt. Was sagt uns das? Wenig. Wurde wie seine Mitspieler in der Defensive gegen Israel wenig bis gar nicht gefordert, hatte also Zeit genug, den Kollegen Per Mertesacker anzuweisen, was er zu tun hat. Stellt berechtigte Ansprüche auf den inoffiziellen Titel des Abwehrchefs. Badstuber hat seinen Platz als linker der beiden Innenverteidiger sicher, nicht zuletzt, weil er dort in der makellosen Qualifikation für dieses kontinentale Turnier dort eine feste Größe war. Und seine große Stärke die Spieleröffnung ist.

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(Foto: dapd)

Per Mertesacker: Der Innenverteidiger von Arsenal London ging ohne Trauma, aber mit der Hypothek in die Partie, nach langwieriger Verletzung lange nicht gespielt zu haben. "Es war wichtig, dass der Per noch ein Spiel macht", sagte der Bundestrainer hinterher. Sagen wir es so: Die Chancen seines Konkurrenten Mats Hummels, seines Zeichens strahlender Doublegewinner mit Borussia Dortmund, haben sich nicht unbedingt verschlechtert. Und wenn Mertesacker tatsächlich den Platz mit Neuer getauscht hätte, wäre das dem Spielaufbau der deutschen Elf nicht abträglich gewesen.

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(Foto: AP)

Philipp Lahm: Kapitän der DFB-Elf, Kapitän des Dreifachzweiten aus München, ein Mann, der keine Probleme mit seinem Selbstbewusstsein hat. Verteidigte in Leipzig als linkes Glied in der Viererkette gewohnt fehlerlos. Ein starker Auftritt. Aber was ist auch anderes zu erwarten von einem, der sich auf beiden Seiten "absolutes Topniveau" bescheinigt? Lahm hatte in der ersten Halbzeit die meisten Ballkontakte, nämlich 67. Und gewann all seine Zweikämpfe. Schaltete sich zudem regelmäßig ins Angriffsspiel ein. Wo er war, spielte die Musik. Die festeste der festen Größen im Team. Unklar ist nur noch, ob er zum EM-Auftakt auf wieder auf der linken oder dann doch auf der rechten Seite auf und ab läuft. Entscheiden will das der Bundestrainer erst in der kommenden Woche.

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(Foto: dpa)

Sami Khedira: Traumhafte Saison mit Real Madrid, abgesehen davon, dass er mit seiner Mannschaft im Halbfinale der Königsklasse gegen den FC Bayern ausgeschieden ist. Muss nun aber zumindest kein Trauma verarbeiten. Für Joachim Löw "der Inbegriff der Präsenz". Imponierte dem Bundestrainer dadurch, dass er ab und an nach vorne stürmte und beinahe ein Tor erzielt hätte. "Aber das erwarte ich auch von einem Mittelfeldspieler", sagte der. Khedira wird bei der EM als Kollege von Bastian Schweinsteiger die Doppelsechs vor der Abwehr bilden. Es sei denn, Schweinsteiger, der gegen Chelsea einen Elfmeter verschoss, wird nicht rechtzeitig zu Turnierbeginn fit.

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(Foto: AP)

Toni Kroos: Dann besetzt er halt, wie gegen Israel, mit Toni Kroos diese Schlüsselposition. Auch wenn dem das Finaltrauma am meisten zugesetzt zu haben schien. Kroos hat in der ersten Enttäuschung düster gemutmaßt, dass so ein Erlebnis einen "das ganze Leben lang begleitet". So lange es ihn nicht daran hindert, gut Fußball zu spielen, kann er vermutlich damit leben. War im Passspiel zwar mitunter nicht ganz so präzise, nutzte aber selbstbewusst seine Chance, indem er sich bemühte, das Spiel an sich zu reißen. Lichte Momente im Aufbauspiel. Und trotzdem: Wenn Schweinsteiger bei Kräften ist, wird er gegen Portugal spielen.

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(Foto: dpa)

Thomas Müller: Für einige Minuten vermeintlicher Siegtorschütze im Champions-League-Finale. Doch dann kam Didier Drogba, während er ausgewechselt auf der Bank saß. Antwortete hinterher auf die Frage, wie er sich fühle, mit "eher medium". Seine Leistung gegen Israel auf der rechten Seite im offensiven Mittelfeld? Sie ahnen es - eher medium. Kämpfte sich aber durch und lief, wie stets, sehr viel. Bereitete das 1:0 durch Mario Gomez vor, ließ aber einer Viertelstunde vor dem Ende der Partie eine eminent große Chance aus, selbst ein Tor zu erzielen. Dennoch: Startelfkandidat für das erste Spiel bei der Europameisterschaft.

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(Foto: dapd)

Mesut Özil: Traumhafte Saison mit Real Madrid. Schaut zwar bisweilen so traurig, als sei ihm Schlimmes widerfahren, dem Vernehmen nach geht es ihm aber gut, nicht dass ihm hier jemand ein Trauma andichtet. Zeigte gegen Israel situativ sein großes Können, blieb aber an diesem völlig verregnetem Abend in Leipzig insgesamt auf dem Niveau eines Kleinkünstlers. Wie heißt es so schön: Da ist noch Luft nach oben. Er wird es am 9. Juni zeigen dürfen.

Lukas Podolski: Gute Saison mit dem 1. FC Köln, die sich im Endeffekt aber darauf reduzierte, dass er der beste und torgefährlichste Spieler einer Mannschaft war, die zusehens auseinanderfiel und in der kommenden Saison in der zweiten Liga spielt. Allerdings ohne ihn, er wechselte zum FC Arsenal. Gegen Israel zeigte er sich, nun ja, bemüht und brachte den Ball bei seinen Schussversuchen nicht aufs Tor. Kam nach der Pause besser in Fahrt, war "eindeutig agiler", wie Joachim Löw sagte. Und wechselte ihn nach 74 Minuten für den Leverkusener André Schürrle aus - der prompt das 2:0 erzielte.

Mario Gomez: Zweiter mit dem FC Bayern im DFB-Pokal, zweiter in der Bundesliga, Zweiter in der Champions League. Und im Angriff der DFB-Elf eigentlich hinter dem spielstarken, 34 Jahre alten Miroslav Klose die Nummer zwei. Trotz überragender Torquote beim FC Bayern könnte Gomez‘ Problem bei der EM sein, dass dort nur Platz für einen ist. Wirkte insgesamt glücklos, anfangs verkrampft - und erzielte doch die Führung. Sein achter Treffer in den jüngsten zehn Länderspielen. Auch diese Quote stimmt. Torjäger halt. Und der Bundestrainer ist sich sicher: "Wir werden beide unbedingt benötigen, wenn wir was erreichen wollen."

Quelle: ntv.de

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