Sensationsteam Wales fordert Portugal Holt Ronaldo den Keks von Wolke neun?

Für Ronaldo zählt nur eines: Der EM-Titel.

Für Ronaldo zählt nur eines: Der EM-Titel.

(Foto: dpa)

Island ist raus, aber es gibt ja noch Wales. Das Team um Gareth Bale ist die Überraschung der EM - und trifft nun im Halbfinale auf Portugal mit Cristiano Ronaldo. Nur Joe Ledley hat ein Problem, seine Verlobte ist geschockt.

Worum geht's?

Wie auch immer dieses Halbfinale heute (ab 21 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) im Stade de Lyon ausgeht, am Ende wird eine Mannschaft im Finale dieser Fußball-Europameisterschaft in Frankreich stehen, die niemand dort erwartet hatte: entweder die Remiserer aus Portugal mit Cristiano Ronaldo oder das Sensationsteam aus Wales um Gareth Bale. Was heißt das für das doch etwas zähe Turnier, das erstmals mit 24 Teilnehmern ausgetragen wurde? Dass die anderen offenbar nicht besser waren - was immer das auch für das Niveau des kontinentalen Kräftemessens bedeutet. Aber Portugal und Wales hätten es auch nach dem alten Modus mit 16 Teams zur Endrunde geschafft - beide hatten ja ihre Qualifikationsgruppe gewonnen. Also: Willkommen im Halbfinale! Der Sieger trifft am Sonntag im Stade de France zu Saint Denis auf einen Gegner, der definitiv zum Establishment gehört: Weltmeister Deutschland und Gastgeber Frankreich messen sich am Donnerstag bei der Vorschlussrunde in Marseille.

Wie ist die Ausgangslage?

Wenn der portugiesische Trainer Fernando Santos sagt: "Manchmal muss man pragmatisch sein, um zu gewinnen" - dann deutet das darauf hin, dass seine Mannschaft nicht gerade in atemberaubender Manier in die Runde der letzten vier verbliebenen Kandidaten auf den Titel gestürmt ist. In der Tat hat es Portugal ins Halbfinale geschafft, ohne auch nur ein Spiel nach 90 Minuten zu gewinnen. Dem 1:1 zum Auftakt gegen Island folgte ein 0:0 gegen Österreich, bei dem Ronaldo einen Elfmeter verschoss und ein vogelwildes 3:3 gegen Ungarn, bei dem Ronaldo zweimal traf. Und in dem Fall profitierten die Lusitanier dann schon vom neuen Modus: Als Gruppendritter wäre für sie früher das Turnier zu Ende gewesen. So aber schafften sie es ins Achtelfinale, wo sie die Kroaten in der Verlängerung besiegten. Im Viertelfinale gegen Polen stand es nach 120 Minuten 1:1, ehe Portugal das Elfmeterschießen gewann.

Wesentlich souveräner trumpften da die Waliser bei ihrer ersten EM-Teilnahme überhaupt auf. Sie gewannen ihre Gruppe, schlugen die Slowakei mit 2:1 und Russland gar mit 3:0 - nur zwischendurch, da verloren sie mit 1:2 gegen England. Im Achtelfinale gab's ein 1:0 gegen Nordirland und im Viertelfinale ein überragendes 3:1 gegen Belgien. Und hätten die Franzosen in ihrem Viertelfinale gegen Island nicht fünf Tore geschossen, die Waliser dürften sich mit ihren zehn erzielten Treffern als offensiv erfolgreichste Mannschaft des Turniers rühmen. Aber auch so ist ihr erster Auftritt nach 58 Jahren bei einem Turnier schlichtweg eine Sensation. "Wir sind die Underdogs, damit haben wir kein Problem", sagt Trainer Chris Coleman, den alle nur Cookie nennen, weil er so gerne Kekse mag.

Wie sind die Portugiesen drauf?

"Wir würden manchmal gerne schön spielen, aber so gewinnt man nicht immer Turniere" - auch das hat Portugals Trainer Santos gesagt. Das Problem aber seien die Gegner, die seine Mannschaft nicht ließen. Insgesamt lag Portugal bei diesem Turnier nur 22 Minuten in Führung. Das liegt aber auch daran, dass er sein Künstlerensemble in ein eher defensives Korsett gesteckt hat. "Und da steht die Arbeit gegen den Ball an erster Stelle." Also müssen sich auch Ronaldo, Nani, der seinen Weggang von Fenerbahce zum FC Valencia verkündete, und der 18 Jahre alte Renato Sanches, dessen Dienste sich der FC Bayern für 35 Millionen Euro gesichert hat, um die Abwehrarbeit kümmern. Ein Fragezeichen steht hinter Innenverteidiger Pepe von Real Madrid. Ihn plagen muskuläre Probleme im Oberschenkel. Definitiv verzichten müssen die Portugiesen auf den gesperrten William Carvalho. Ansonsten gelte: "Große Turniere werden von großen Mannschaften gewonnen. Und ich bin mir sicher, dass kein Team bei der EM hier solch eine starke Einheit ist wie unseres." Santos will den ersten Titel für sein Land, das hat er vorher bereits gesagt. Fünfmal standen die Portugiesen im Halbfinale einer EM, einmal schafften sie es in Endspiel - 2004 als Gastgeber. Aber dann kamen Rehhagel und seine Griechen.

Was machen die Waliser so?

Nach dem Sieg über Belgien beschrieb Angreifer Hal Robson-Kanu, dem das Tor zum 2:1 gelang, die Stimmung in der Mannschaft so: "We are on cloud nine." Was bedeutet, dass sie auf einer Wolke schweben, ob nun Nummer sieben oder Nummer neun. Und Kollege Bale deutete an, dass die Waliser durchaus noch etwas vorhaben bei dieser EM: "Es gab die Märchen von Dänemark und Griechenland. Das kann uns auch gelingen." Zur Erinnerung: Die Dänen gewannen 1992 die EM in Schweden, nachdem sie für das bürgerkriegsgeschüttelte Jugoslawien eingesprungen waren. Im Finale schlugen sie Weltmeister Deutschland mit 2:0. Und die Griechen mit ihrem Trainer Otto Rehhagel triumphierten 2004 in Portugal mit einem 1:0 im Finale gegen den Gastgeber. Und nun Wales? Warum nicht. Colemans Team hat zwar mit Bale einen Star, funktioniert aber vor allem als Kollektiv mit solider Fünferabwehrkette und schnellem Umschaltspiel. Allerdings muss der Trainer auf den gelbgesperrten Mittelfeldregisseur Aaron Ramsey und Verteidiger Ben Davies verzichten. "Aaron ist einer der besten Spieler in diesem Turnier und Ben war absolut fantastisch." Allerdings sei es so: "Die Jungs, die reinkommen werden, da mache ich mir keine Sorgen."

War sonst noch etwas?

Die Geschichte ist jetzt schon ein paar Mal erzählt worden, aber sie einfach ist zu schön, um sie unerwähnt zu lassen. Joe Ledley ist nicht nur der Mann, der dieser Europameisterschaft den Ledley-Shuffle geschenkt hat. Der Waliser ist auch der Mann, der am Samstag eigentlich Ruby May Ridgeway, die Mutter seiner beiden Töchter, auf Ibiza heiraten wollte. Blöd nur, dass nun dieses Halbfinale ansteht. Und wer weiß: Vielleicht schaffen er und seine Kollegen es ja auch bis ins Endspiel am Sonntag ins Stade de France. Also hat Ledley die Hochzeit abgesagt. Vielleicht hätte er einfach von Vorneherein bei seiner Terminplanung etwas optimistischer sein sollen. Seine Verlobte hatte am Samstagmorgen nach dem 3:1 im Viertelfinale gegen Belgien getwittert: "Ich kann einfach nicht glauben, was letzte Nacht passiert ist. Ich denke, ich bin immer noch in einem Schockzustand."

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen