"Es fehlt das Killer-Artige" DFB-Legenden Kahn und Vogts schießen gegen Nationalelf

Oliver Kahn (rechts) ist nicht happy mit der Performance von Julian Nagelsmanns DFB-Elf.

Oliver Kahn (rechts) ist nicht happy mit der Performance von Julian Nagelsmanns DFB-Elf.

(Foto: IMAGO/Sven Simon)

Nach dem Aus im EM-Viertelfinale fordert Ex-Bundestrainer Berti Vogts eine kritische Aufarbeitung. Es fehle an Weltklasse und alles sollte auf den Prüfstand gestellt werden. Auch Ex-Torwart Oliver Kahn ist nicht glücklich: Ihm fehlen Killerinstinkt und Effizienz.

Trotz des Hypes um den spanischen EM-Jungstar Lamine Yamal warnt Oliver Kahn davor, auch bei der deutschen Fußball-Nationalmannschaft für das nächste Turnier schon auf ganz junge Spieler zu setzen. Der langjährige Auswahltorhüter und Ex-Vorstandschef des FC Bayern sagte in einem Video-Interview der "Bild"-Zeitung zwar, dass etwa der 20-jährige Bayern-Profi Aleksandar Pavlović ein "interessanter Spieler" sei.

Angesprochen auf einen möglichen Nachfolger von Toni Kroos als zentralen Aufbauspieler im defensiven Mittelfeld meinte Kahn aber: "Da wäre ich allerdings vorsichtig. Ich glaube nicht, dass wir Spieler haben, die man mit ganz jungem Alter jetzt schon in die Mannschaft schmeißen kann, die dann in zwei Jahren so weit sind, auf dieser wichtigen Position und in dieser wichtigen Rolle zu spielen. So viele kommen da nicht infrage." Ein Duo Robert Andrich und Joshua Kimmich auf der Doppel-Sechs sei für Kahn eher denkbar.

2026 steht in den USA, Kanada und Mexiko die Weltmeisterschaft an. Bundestrainer Julian Nagelsmann hatte nach dem frustrierenden Aus im EM-Viertelfinale bereits kühn verkündet, in zwei Jahren Weltmeister werden zu wollen. Kahn wertete die Ansage als "Trotzreaktion" und äußerte dafür Verständnis.

England macht "das Killer-artige" vor

"Julian ist so. Aber man darf nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen." Der 55-Jährige meinte, dass eine aus der Enttäuschung geborene Motivation nur schwer zwei Jahre aufrechterhalten werden könne und dass bis zum Turnier in Amerika noch sehr viele Entwicklungen in Deutschland rund ums Team passieren werden.

Bei der Heim-EM habe man trotz starker Auftritte gesehen, dass dem DFB-Team im Gegensatz zu Teams wie Spanien und auch England noch Effizienz fehle. "Das hat sich schon beim Ausscheiden bei der WM in Katar gezeigt, dass wir wahnsinnig viel Aufwand betreiben, dass wir sehr viele Torchancen rausarbeiten, dass wir aber viel zu wenig Tore erzielen", sagte Kahn.

Auch im Match gegen Spanien habe es genügend Möglichkeiten gegeben, die dann aber nicht genutzt wurden. "Es fehlt uns dieser Instinkt, dieses Killer-artige, wirklich den Sack zuzumachen, gnadenlos zuzuschlagen, so wie es uns die Engländer vormachen und zeigen: Sie brauchen nicht viele Chancen. Auf dem Niveau ist es eine unglaubliche Qualität, die Effizienz zu haben, defensiv gut zu stehen und dann im richtigen Moment zuschlagen zu können. Da müssen wir uns Gedanken machen, warum es so ist und wo wir uns weiterentwickeln müssen."

Vogts: Es fehlt die Weltklasse

Nach dem Aus der deutschen Mannschaft fordert auch Ex-Bundestrainer Berti Vogts eine kritische Aufarbeitung des DFB. "Wir dürfen nicht zu blauäugig mit der Situation umgehen", schrieb er in einer Kolumne der "Rheinischen Post". Der deutsche Fußball habe zu wenig Weltklasse und könne nicht mehr mit anderen internationalen Topteams mithalten. Der DFB müsse sich nun hinterfragen, was falsch läuft.

Vogts moniert, dass sich die Ausbildung in den Akademien und bei den Trainern zu sehr in der Theorie verliere. "Wir brauchen dringend echte Praktiker, Spieler, die auf internationalem Niveau aktiv waren und dabei erlebt haben, wie Fußball ist", schrieb der Weltmeister von 1974.

Vogts, der als Trainer 1996 auch Europameister wurde, fordert dafür eine intensivere Einbindung von ehemaligen Nationalspielern in die Verbandsarbeit: "Wo ist Lothar Matthäus? Wo ist Michael Ballack? Wo ist Bastian Schweinsteiger? Wo sind all die anderen?" Sie wären mit ihrer Sachkenntnis tolle Trainer, meinte der 77-Jährige.

Zudem sollten nach Ansicht von Vogts Auslandshospitationen in der Trainerausbildung zur Pflicht werden. "Ich selbst war sechs Wochen bei Alex Ferguson bei Manchester United - ich habe da unglaublich viel gelernt", erinnerte er. Es sei nicht schädlich, von den Besten zu lernen. "Und das sind im internationalen Fußball nicht mehr wir, sondern die anderen."

Quelle: ntv.de, dbe/dpa

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