Ronaldo, Messi, Mbappé? Pelé! Katar-Superhelden bangen um Repräsentanten der Menschheit

Pelé ist überall.

Pelé ist überall.

(Foto: IMAGO/Fotoarena)

Auch beim WM-Spiel Südkorea gegen Brasilien ist der Übervater aller Weltmeisterschaften Pelé das große Thema. Dem 82-Jährigen soll es nicht gut gehen. Schon sind die ersten Nachrufe geschrieben, aber Pelé kämpft und die versammelten WM-Stars bangen mit ihm. Er ist der Übervater aller Superhelden.

Lange bevor die Welt der kurzen Videoclips Einzug hält, konservieren analoge Fotos die Vergangenheit, halten still einen flüchtigen Moment fest. Sie verewigen die Zeit, zeigen längst vergangene Straßen und Moden, zeigen Menschen, die in eine Zukunft blicken, die schon lange nicht mehr existiert. Sie sind Zeugen aller Leben, die jemals gelebt wurden.

Wer waren diese Menschen und was ist von ihnen geblieben? Pelé, das Nationalidol Brasiliens, kann sich noch gut an seine erste WM erinnern und an seine Träume als 17-Jähriger. Ein Foto zeigt ihn bei der WM in Schweden. Er ist jung, er ist unfassbar gut gekleidet und kurz davor, Geschichte zu schreiben: "1958 ging ich durch die Straßen und dachte darüber nach, das Versprechen zu erfüllen, das ich meinem Vater gegeben hatte", schreibt der 82-Jährige in den sozialen Medien: "Ich weiß, dass heute viele ähnliche Versprechungen gemacht haben und ebenfalls auf der Suche nach ihrer Weltmeisterschaft sind. Ich werde mir das Spiel im Krankenhaus ansehen und jeden von Euch anfeuern. Viel Glück."

Pelé ist der erste große Star der Fußball-Weltmeisterschaft. Er ist dieser Tage überall in Katar. Auf dem Aspire Tower, einem der höchsten Wolkenkratzer in der an Wolkenkratzern gewiss nicht armen Hauptstadt Doha, sind seit Tagen Genesungswünsche für ihn zu lesen. Auf der Pressekonferenz vor dem WM-Achtelfinale der Brasilianer gegen Südkorea geht es natürlich auch um Pelé. Nationaltrainer Tite erinnert sich an ein Treffen mit ihm, nennt ihn "den Repräsentanten der Menschheit." So sehr hängt das Land an ihm, aber eben nicht nur das Land, sondern die gesamte Fußballwelt. Er ist der Ausgangspunkt des Spiels, wie wir es kennen. Er ist der Übervater aller GOATS, aller Größten aller Zeiten, die sich bei dieser WM und bei früheren Turnieren duellierten. "Betet für den König", schreibt Kylian Mbappé auf Twitter.

Der Größte aller Zeiten

Der 23-jährige Franzose hat sich auf den Weg gemacht, den klassischen Weg zum Weltruhm zu beschreiten. Anders als die bei diesem Turnier abdankenden Dominatoren Lionel Messi und Cristiano Ronaldo hat er im Klubfußball noch keinen großen Titel gewonnen. Die mit dem Katar-Klub Paris Saint-Germain in Frankreich errungenen Meisterschaften zählen noch weniger als die Titel des FC Bayern München in Deutschland.

"Die französische Liga ist kein Maßstab. Sie existiert nicht", vernichtet zum Beispiel der ehemalige brasilianische Nationalspieler Walter Casagrande Junior kürzlich in einem Interview mit Javier Cáceres, der Edelfeder der "Süddeutschen Zeitung", die Ligue 1. Mbappé hat den immer noch amtierenden Superhelden des Spiels, hat Lionel Messi und Cristiano Ronaldo jedoch etwas Entscheidendes voraus: Er ist bereits Weltmeister. In Katar liegt er mit der Équipe Tricolore in diesem Jahr erneut mehr als gut im Rennen. Seine WM-Treffer acht und neun im Achtelfinale, in seinem insgesamt elftem WM-Spiel bringen ihn jetzt bereits in die Nähe der ersten Pelé-Marke.

Der Brasilianer erzielte bei seinen vier Turnieren zwischen 1958 und 1970 zwölf Treffer in 14 Spielen. Unerreicht aber ist weiterhin eine andere Bestmarke: Drei Titel bei Weltmeisterschaften. Das ist nach Pelé noch niemandem gelungen. Mbappé kann dem zumindest nahekommen, könnte bereits am 18. Dezember 2022 seinen zweiten Titel gewinnen. Vielleicht sogar im Finale gegen Brasilien.

Der verwaiste Stuhl des Nationalhelden

Pelé wünscht sich das nicht. "Er wird sehen, wie Brasilien zum sechsten Mal Weltmeister wird", sagt sein Enkel, Arthur Arantes do Nascimento, dieser Tage im brasilianischen TV und ergänzt, dass sein Opa in den letzten Spielen Neymar vermisst habe. Der ist nun gegen Südkorea wieder zurück. Bislang hatte der 30-Jährige nur einen Auftritt in Katar. Die serbischen Eisenfüße treten ihn beim Auftakt im Lusail beinahe aus dem Turnier. "Ich habe eine schreckliche Nacht gehabt. Ich hatte so viele Gedanken. Ich dachte, ich würde bei dieser WM nicht mehr spielen", erinnert sich der Superstar nach dem 4:1 gegen Südkorea an diesen Abend. Alle Sorgen um Neymar sind mittlerweile vergessen. Die um Pelé jedoch nicht geringer. Gegen Südkorea orchestrierte der 30-Jährige gemeinsam mit dem überwältigenden Casemiro den Einzug ins Viertelfinale. Sein Treffer zum 2:0 macht ihn zum dritten Brasilianer nach dem echten Ronaldo und natürlich Pelé, der bei drei Weltmeisterschaften trifft. "Ich werde alles dafür tun, dass die Selecao gewinnt. Das ist meine Mission hier", sagt Neymar.

Es ist eine Mission, die natürlich auch mit Pelé zusammenhängt. Als Neymar seine Reise in die Welt der Superstars beginnt, sitzt er im Büro von Santos-Präsident Luis Alvaro. Santos, das ist auch der Heimatverein von Pelé und es ist in diesem Moment des Treffens der Verein, der versucht Neymar noch ein wenig in Brasilien zu halten. Chelsea buhlt bereits um ihn, aber Alvaro spielt, so schreibt "The Athletic" vor der WM, eine letzte Trumpfkarte aus. Er zeigt auf einen leeren Stuhl. "Das ist der Stuhl des großen brasilianischen Sporthelden", sagt der Präsident der Legende nach: "Seit Ayrton Sennas Tod ist er verwaist. Wenn Neymar das Angebot von Chelsea ablehnt, macht er den ersten Schritt, um irgendwann einmal auf diesem Stuhl zu sitzen." Er bleibt bei Santos, wechselt später in einem undurchsichtigen Deal zu Barcelona.

Nach dem 4:1 gegen Südkorea schlurft Neymar in Badelatschen über den Platz. Er ist dem leeren Stuhl ein gutes Stück nähergekommen. Noch aber ist der Weg lang. Neymar trägt ein Banner. "Pelé" steht dort geschrieben. Daneben wieder ein Bild. Der König auf der Spitze der Welt. Seine Träume sind in Erfüllung gegangen, er hat sein Versprechen eingehalten. Jetzt träumt ganz Brasilien. "Ich glaube an den sechsten Titel", sagt Lula, der zukünftige Präsident des Landes, in einem Video auf Instagram: "Eine Umarmung und Gesundheit für unser Idol Pelé."

Quelle: ntv.de

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