Macht Brasiliens Star weiter? Neymar will jetzt erstmal "jammern und leiden"

Was die Zukunft wohl für Neymar bringt?

Was die Zukunft wohl für Neymar bringt?

(Foto: picture alliance / abaca)

Was wird aus der "verhexten Generation"? Seit 20 Jahren wartet Brasilien auf den sechsten Titel bei einer Fußball-Weltmeisterschaft. Superstar Neymar sollte der wartenden Nation diesen Traum erfüllen. Doch auch mit ihm klappt es nicht. Im Tal der Traurigkeit will er sich nicht dazu äußern.

Erst zweieinhalb Stunden nach dem nächsten schmerzhaften K.o. verließ Neymar mit seiner "verhexten Generation" den Ort der Schmach. Als die vorerst letzte Träne getrocknet war, trottete Brasiliens Superstar aus der Kabine des WM-Stadions in Ar-Rayyan - und wollte noch nicht verkünden, ob er noch einmal das Gelbe Trikot des Rekordweltmeisters überziehen wird. "Ehrlich gesagt: Ich weiß es nicht", antwortete der 30-Jährige, der beim niederschmetternden Viertelfinal-Aus gegen Kroatien innerhalb weniger Minuten höchstes Glücksgefühl und tiefste Enttäuschung erlebt hatte.

"Es ist schwer, alles zu verarbeiten, was passiert ist. Es erscheint wie ein Albtraum", gab Neymar zu, "ich kann nicht glauben, was passiert ist. Diese Niederlage wird noch lange schmerzen." Er wolle jetzt "nach Hause fahren", "jammern und leiden". Erst dann will er über seine Zukunft in der Selecao nachdenken: "Ich will nichts in der Hitze des Gefechts sagen. Ich schließe die Türen nicht, ich sage nicht zu 100 Prozent, dass ich zurückkomme."

Sollte er sein Idol Pelé um Rat fragen, würde er vor allem die Aufforderung zum Weitermachen hören. Denn schon nach dem tragischen 2:4 im Elfmeterschießen hatte sich Brasiliens kranke Fußballlegende über Instagram mit aufmunternden Worte geäußert. "Dein Vermächtnis ist noch lange nicht zu Ende. Inspiriere uns weiter!", ließ der 82-Jährige verbreiten und beglückwünschte Neymar zum historischen Tor in der Verlängerung: Mit seinem 77. Länderspieltreffer hatte der Angreifer von Paris St. Germain Peles Torrekord in der Selecao eingestellt. "Mein Rekord wurde vor fast 50 Jahren aufgestellt, und niemand konnte sich ihm bis heute nähern. Du hast es geschafft, Junge."

Bleibt es die verhexte Generation?

Zum Halbfinaleinzug reichte das 1:0, das Neymar in typischer Pelé-Pose bejubelt hatte, aber nicht. Nach dem späten Ausgleich durch den einzigen kroatischen Torschuss, einen abgefälschten Versuch von Bruno Petkovic, platzte der Traum vom "Hexa", dem sechsten WM-Titel, weil Jungstar Rodrygo und Innenverteidiger Marquinhos ihre Elfmeter verschossen. Neymar, als fünfter Schütze vorgesehen, kam gar nicht mehr zum Zug.

Kritik dafür gab es vom ehemaligen deutschen Bundestrainer, Jürgen Klinsmann. "Dieser erste Mann hätte Neymar sein müssen", schrieb er in seinem BBC-Newsletter. Mit Neymar den vermeintlich besten Schützen zuletzt schießen zu lassen, sei ein veraltetes Modell, so Klinsmann. "Das Denken im Fußball hat sich schon vor Jahren geändert. Jeder hat erkannt, dass der erste Elfmeter der wichtigste von allen ist. Man will den Ton angeben, und Brasilien hat das Gegenteil getan."

Auch daheim war die Kritik groß. "Die verhexte Generation von Neymar steht weiter mit leeren Händen da. Der sechste Stern scheint unerreichbar zu sein", bilanzierte die Tageszeitung Folha de São Paulo. Und Zero Hora klagte: "Ein Schlag auf die Seele. Der Film, der seit 2006 läuft, wiederholt sich erneut."

Seit dem Finaltriumph 2002 gegen Deutschland jagt Brasilien vergeblich den Titel, in Katar verlor die Selecao auch ihr seither sechstes K.-o.-Spiel gegen ein europäisches Team. Beendet ist jedenfalls die Ära von Tite. Der 61-Jährige, seit 2016 im Amt, bestätigte nach dem Aus das Ende seiner Zeit als Nationaltrainer, immerhin die zweitlängste in der Geschichte des Rekordweltmeisters.

"Wir sollten kein Drama daraus machen", sagte der "Professor": "Ich habe es lange angekündigt. Es gibt genug Leute, die mich ersetzen können." Die brasilianischen Fans hätten laut Onlineumfragen gerne Startrainer Pep Guardiola als Nachfolger. Darüber will der Verband aber frühestens im Januar entscheiden. Ob dann Neymar schon weiß, was er will, ist fraglich. Obwohl es eher so klang, als wolle er die aktuelle Mannschaft mit zahlreichen jungen Talenten noch nicht verlassen: "Es ist eine sehr geschlossene Gruppe, eine fröhliche, glückliche Gruppe, aber heute war kein Tag der Freude, sondern der Traurigkeit."

Quelle: ntv.de, ses/sid/dpa

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