Fußball

DFB-Team startet die EM-Mission Aber warum eigentlich in Seefeld?

Löw ist in Seefeld eingetroffen.

Löw ist in Seefeld eingetroffen.

(Foto: dpa)

Die deutsche Nationalmannschaft macht es wie einst die Niederländer, die Japaner und natürlich die Österreicher. In der Höhe der Tiroler Gemeinde Seefeld bereiten sich Bundestrainer Joachim Löw und sein Kader auf die anstehende Europameisterschaft vor. Allerdings unter ganz besonderen Bedingungen. Grund dafür ist natürlich die Corona-Pandemie. Für die Gemeinde ist das ein kleiner Makel: Fan-Feste wird es nicht geben, ebenfalls keinen Kontakt zur Mannschaft. Wie es vor Ort aussieht und warum sich Seefeld trotzdem auf die Fußballer aus Deutschland freut, erzählt Tourismuschef Elias Walser.

ntv.de: Herr Walser, Seefeld hat sich einen Namen gemacht. Nicht mehr nur als Wintersport-Destination, als Austragungsgemeinde für Weltcups und Weltmeisterschaften, sondern als Wohlfühlort für Fußball-Mannschaften. Wie konnte das eigentlich passieren?

Elias Walser: Das hat tatsächlich mittlerweile eine lange Geschichte. Begonnen hat das etwa vor 25 bis 20 Jahren mit italienischen Mannschaften. Da waren zum Beispiel die AS Rom zu Gast. Oder auch Lazio. Es hat sich dann rumgesprochen, dass wir einen tollen Fußballplatz haben, für den wir allerdings auch sehr viel Aufwand betreiben, der sich für uns aber lohnt. Und natürlich haben wir in den vergangenen Jahren durch die Austragung der nordischen Ski-Weltmeisterschaft auch einiges in die umliegende sportliche Infrastruktur investiert.

Aber wie kam es denn eigentlich dazu? Wer hat Seefeld für den Fußball entdeckt? Oder wie haben Sie in Seefeld um den Fußball geworben?

Ne, wir hatten damals einen Mitarbeiter, den Ottmar Sommer, der war sogar bei uns angestellt und hat das dann als Agentur betrieben. Er ist durch Europa gereist und hat uns präsentiert. So waren die Anfänge. Mittlerweile werden wir aber von einer Fußball-Agentur betreut, die sich darauf spezialisiert hat, Trainingslager zu veranstalten. Die stellen für uns die Kontakte her.

Und nun kommt Deutschland als nächste große Nation zu ihnen…

Ja, wir hatten schon die Niederlande zu Gast, die Japaner und natürlich die Österreicher. Aber Deutschland ist schon die absolute Krönung. Das ist für uns unbestritten. Aber wir hatten auch schon große Vereine hier, unter anderem Manchester City und RB Leipzig. Und ich glaube ja, dass die gute Arbeit mit RB mit dafür verantwortlich war, dass sich der DFB für uns entschieden hat. Denn die Leipziger, das weiß man ja, gehen null Kompromisse bei der Vorbereitung ein. Wenn es nicht passt, kommen sie nicht. Da kann man sich nichts erkaufen.

Dann kam der Kontakt über die RB-Schiene in Salzburg zustande, oder wie?

Nein, das kam tatsächlich direkt aus Leipzig. Über Ralph Hasenhüttl, der damals noch der Trainer war. Er kennt die Region und ist oft hier. So ist da eine kleine Tradition entstanden. RB war mit allen Trainern hier, zuletzt auch noch mit Julian Nagelsmann.

Wie bitter fühlt es sich als Tourismuschef eigentlich ein, dass Deutschland kommt und sich komplett abschottet, abschotten muss?

Das ist natürlich schade. Wir mussten unser ursprüngliches Konzept verwerfen. Aber ich habe in den vergangenen Tagen mit vielen Gästen und Fans gesprochen, das Verständnis ist groß. Und die meisten freuen sich einfach, dass es überhaupt etwas gibt, das war vor zwei, drei Monaten noch nicht unbedingt zu erwarten.

Aber für die Region muss es sich doch einfach richtig bitter anfühlen, da hat man die Mannschaft vor Ort und keine Möglichkeiten daraus etwas zu machen …

Klar, man kennt ja noch die Bilder aus Südtirol vor dem letzten Turnier. Das war schon fast ein Volksfest. So etwas Ähnliches hätten wir uns auch erwartet. Wir sind schließlich direkt hinter der Grenze. Da wäre sicher ein großes Potenzial gewesen. Aber ich sag's Ihnen ganz ehrlich. Nach sechs Monaten ohne Tourismus sind wir jetzt wieder von null auf 100 gestartet und freuen uns einfach über alles was gibt und denken nicht an ein "Was-wäre-wenn …".

Welchen Aufwand mussten Sie eigentlich betreiben, um der Nationalmannschaft die Bedingungen zu schaffen, um sich unter dem Einfluss der Pandemie entsprechend auf die EM vorbereiten zu können?

Klar, die Fußballplätze sind natürlich gesperrt. Und das schon seit dem Winter. Da müssen wir uns auch noch mal ganz herzlich beim FC Seefelder Plateau bedanken, die aber zum Glück auf andere Plätze in der Region ausweichen konnten.

Moment, kurze Nachfrage: Die Plätze waren seit Winter komplett gesperrt? Wegen Corona? Oder um sie für die Nationalmannschaft zu schonen?

Ja, wir haben die Plätze für die Nationalmannschaft geschont. Das war auch eine Bedingung des DFB, aber von uns auch so gewollt, um einfach die perfekten Bedingungen zu schaffen. Man muss das auch vor dem Hintergrund verstehen, dass die Zeit zwischen Winter und Sommer bei uns auf 1200 Metern Höhe sehr kurz ist. Aber wir haben da ein gutes Verständnis von den lokalen Kids, die sich darüber freuen, dass auf ihrem Rasen nun Thomas Müller und die besten Fußballer der Welt trainieren.

Kommen wir zurück zu den Einschränkungen. Was mussten Sie noch tun?

Zaun, soweit das Auge reicht.

Zaun, soweit das Auge reicht.

(Foto: imago images/Schüler)

Wir mussten natürlich Schutzzäune um die Plätze bauen, dass niemand zu nah rankommt. Da gibt es auch einen Sichtschutz, einfach um zu vermeiden, dass sich da plötzlich 100 Leute versammeln, da bekämen wir sonst Ärger mit den lokalen Behörden. Wir mussten dafür auch zwei Wanderwege umleiten, das ist kein großer Eingriff, aber immerhin. Und Teile unserer beliebten Skirollerstrecke mussten gesperrt werden. Aber für die Profis, die da auch trainieren ist das zum Beispiel kein Problem, sie können für die paar Tage auf eine umliegende Strecke ausweichen. Klar, der eine oder andere findet das nicht so toll. Aber von den meisten erhalten wir große Zustimmung. Da kommt schließlich nicht irgendeine Mickey-Mouse-Mannschaft, sondern ein ehemaliger Weltmeister. Das passt schon.

Es gab auch Berichte, dass Sie eine Webcam in der Nähe der Plätze abgeschaltet haben …

Nein, nein, das stimmt so nicht. Wir mussten sie vorübergehend abschalten, weil wir Probleme mit der Internetleitung hatten, die haben die ganzen TV-Sender in Anspruch genommen. Das Problem haben wir aber gelöst, die Kamera läuft wieder. Aber wir haben dem DFB versprochen, dass wir sie während der Trainingseinheiten abschalten.

Nochmal kurz zu den Sichtschutzzäunen: Würde es diese auch geben, wenn es Corona nicht gäbe?

Nun, der DFB ist sich schon bewusst, dass er bei uns in den Bergen ist und dass derjenige, der unbedingt will, von einem Hochsitz mit einem Fernrohr zuschauen könnte. Von daher wäre eh nicht alles abzusperren gewesen.

Alle Fußball-Teams, die in Seefeld zu Gast zu sind, besuchen immer das gleiche Hotel? Warum eigentlich?

Nun, ich glaube die Größe des Hotels passt perfekt. Und alle Zimmer sind nach Süden raus, da gibt es dann zwischen den Spielern keinen Streit (lacht). Aber es ist einfach so: Die Wege zu den Trainingsplätzen sind optimal. Ich muss nicht durch die Stadt, stehe nicht im Stau, bin in drei Minuten mit dem Auto vor Ort. Ich denke, das gibt einfach den Ausschlag.

Wie sieht es bei Ihnen derzeit mit Lockerungen aus? Man weiß ja, dass das DFB-Team in der Vorbereitung auch gerne mal mit dem Mountainbike unterwegs ist …

Bei uns ist wieder einiges möglich. Der Tourismus läuft, der Handel ist schon länger offen. Es gibt zwar immer noch strikte Vorkehrungen, aber Besuche im Restaurant und in einer Bar sind wieder erlaubt. Nur bei der Gruppengröße, da gibt es noch stärkere Einschränkungen. Ich gehe davon aus, dass auch die Nationalmannschaft Ausflüge machen wird. Dass sie aufs Rad steigt, oder laufen geht. Aber das wird natürlich alles geheim stattfinden. Und ohne Kontakte.

Österreich hat Großbritannien wegen der indischen Mutation wieder zum Risikogebiet erklärt, das hat für mehrere deutsche Nationalspieler ja Auswirkungen auf Einreise- und Quarantäneregeln. Betrifft sie das auch als Gemeinde?

Einen Blick zu erhaschen, ist schwer.

Einen Blick zu erhaschen, ist schwer.

(Foto: dpa)

Nein, das verhandelt der DFB mit Wien. Das wird mit dem zuständigen Gesundheitsamt besprochen. Da haben wir keinen Einfluss. Aber ich denke mal, dass da eine generelle Regel für die Fußballer während der EM getroffen wird. Nach der deutschen Nationalmannschaft kommen ja auch unsere Österreicher noch zu uns. Und die haben ein EM-Spiel in England. Da wird es mutmaßlich irgendwelche Sondergenehmigungen geben müssen.

So, Sie haben vorhin gesagt, dass der Besuch der deutschen Nationalmannschaft die Krönung ist. Für wen schlägt denn bei der EM Ihr Herz? DFB-Team oder Österreich?

Im Optimalfall treffen sich beide Mannschaften irgendwo nach der Gruppenphase im Turnier.

Und dann?

Ich würde mir das Spiel im Fernsehen schon mit einem Deutschland-Trikot anschauen.

Dann aber wohl alleine …

Nein, schon mit meinen besten Freunden. Aber die Sprüche, die dann kommen, die halte ich aus.

Mit Elias Walser sprach Tobias Nordmann.

Quelle: ntv.de

Social Networks
Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen