Fußball

Brisantes Wertschätzungs-Detail Alaba lernt, was er dem FC Bayern bedeutet

Steffen Freund.JPG

Dass David Alaba den FC Bayern verlässt, das wirkt wahrscheinlicher denn je. Aber beschlossen ist ein Abschied freilich noch lange nicht. Denn auch wenn der Rekordmeister aus München sein Angebot zurückgezogen hat, ist die Tür an der Säbener Straße nicht geschlossen.

David Alaba spürt in diesen für ihn so turbulenten Tagen noch Freude. Trotz aller Gierhals-Anfeindungen in Experten-Kolumnen sowie sozialen Netzwerken und trotz eines überraschend nicht mehr existenten Vertragsangebots seines Arbeitgebers FC Bayern ist seine Stimmung nicht getrübt, wenn er den Blick auf das verengt, was der 28-Jährige am liebsten tut und am besten kann. Wenn er also seinen Blick auf den Fußball verengt. Für den Österreicher geht es mit seinem (Noch)-Arbeitgeber am Abend bei RB Salzburg zum dritten Mal in dieser Saison um Punkte für das Gruppenphasen-Konto in der Champions League.

In seinem 85. Spiel in der Königsklasse des Fußballs spielt Alaba nun erstmals gegen ein Team aus Österreich. "Die Vorfreude ist natürlich riesig. Es ist immer schön, in die Heimat zu fahren", sagte er am Montag in einer Medienrunde vor dem Spiel. Tatsächlich ging es in dieser Runde aber vor allem um das zurückgezogene Angebot des FC Bayern und darum, wie es nun weitergeht. Zur Zukunft gab es wenig Erhellendes, dafür bekannte Alaba eine mächtige Enttäuschung. Ob dieses so heftig nachwirkt, dass es am Ende dieser Saison, wenn sein Vertrag ausläuft, zur Trennung kommt? Kaum eine Frage beschäftigt den Fußball (im Schatten der Corona-Krise freilich) derzeit so emotional.

Die Hintertür sofort geöffnet

Es ist eine Frage, die den Fußball, zumindest im gewaltigen Dunstkreis der Säbener Straße, noch reichlich lange beschäftigen wird. Denn selbst wenn ein Abgang des Abwehrchefs nun wahrscheinlich denn je wirkt, so ist dieser längst nicht beschlossen. Präsident Herbert Hainer, der den Alaba-Tsunami am Montagabend in der Sendung "Blickpunkt Sport" ausgelöst hatte, hatte eine mögliche Entspannung der Situation, eine doch mögliche Einigung über eine weitere Zusammenarbeit, direkt in die Hände es Österreichers gelegt. Und wie die "Bild"-Zeitung nun berichtet, ist eine Verlängerung des Vertrags nach wie vor eine Option für den FC Bayern. Allerdings haben sich die Münchner mit Hainers Schachzug - von dem Hansi Flick übrigens nicht begeistert war, wie er am Montag etwas verklausuliert ausgedrückt hatte - die Hoheit erkämpft.

Laut "Bild"-Zeitung müssen Alaba und seine Berater fortan ihre Forderungen deutlich herunterschrauben. Was das konkret bedeutet, das bleibt vorerst mal unklar. Womöglich "nur" auf das letzte (zurückgezogene) Angebot, das bei elf Millionen Euro Grundgehalt plus sechs Millionen an möglichen Prämien gelegen haben soll? Wie Sport1 berichtet, will Pini Zahavi, der Berater von Alaba, den Uli Hoeneß zuletzt als geldgierigen Piranha angegangen hatte, derzeit aber keine Gespräche führen. Dass sich der Berater-Raubfisch nun zunächst ins trübe Wasser zurückzieht, ist mutmaßlich die beste Idee in einer Situation, die von gegenseitigem Unverständnis geprägt und so verfahren ist.

Matthäus sieht Alaba nicht im Topzirkel

Denn Alaba hatte es am Montag nicht dabei belassen, seine Enttäuschung in der Medienrunde zu äußern. In einem Interview mit Sky vertiefte er die Gründe für sein derzeit ablehnendes Verhalten. In "einer Zeit, wo Corona noch sehr weit weg war", sagte Alaba, "wurde mir ein Vertrag hingelegt, wo die Anerkennung und die Wertschätzung mir jetzt wirklich nicht gegeben wurde". Und darum geht es. Immer wieder hieß es, dass der Österreicher (auch finanziell) in der Wertschätzung in den elitärsten Zirkel der Top-Stars um Manuel Neuer, Thomas Müller und Robert Lewandowski aufsteigen wolle. Doch diesen Aufstieg wollen ihm die Münchner offenbar nicht gewähren. Eine Entscheidung, die Lothar Matthäus gut nachvollziehen kann. In seiner Sky-Kolumne schreibt er: "Sie sind ein Stückchen wichtiger und deshalb im Gehaltsgefüge über ihm. David ist schwer zu ersetzen. Müller, Lewy und Neuer sind gar nicht zu ersetzen."

Dazu passt ein weiteres durchaus brisantes Detail aus dem Sky-Interview: Offenbar bot der FC Bayern ihm einen Wechsel zu Manchester City an. "Ich habe einen Anruf erhalten und wurde gefragt, ob ich mir einen Tausch (Anmerk. d. Red.: womöglich gegen Leroy Sané?) vorstellen könne. Das war für mich ein Schlag ins Gesicht", sagte Alaba. Unklar allerdings bleibt, woher der Anruf kam, ob vom FC Bayern, der einmal vorfühlen wollte, was sein Spieler so denkt. Oder vom Berater, der seinem Klienten einen Ausweg aus der wenig verheißungsvollen Verhandlung bieten wollte.

Über die Unverzichtbarkeit (oder eben nicht) des Österreichers ist vor allem in den sozialen Medien eine wilde Diskussion entbrannt, mit der bemerkenswerten Erkenntnis: Ja, nein, jein. Zumindest ist es mal so: Sollte Alaba den Verein im Winter verlassen, dann würde er noch ein letztes Mal (aktueller Stand) Geld bringen, wäre der Klub (aktueller Stand) nicht in der dringenden und zwingenden Notwendigkeit, einen Nachfolger zu verpflichten. Mit Niklas Süle, Jérôme Boateng, Lucas Hernández und den beiden Top-Talenten Chris Richards und Tanguy Nianzou ist das Zentrum gut bis sehr gut aufgestellt. Zudem könnten Allrounder Javi Martínez und Rechtsverteidiger Benjamin Pavard bei Bedarf aushelfen.

Noch sind das Szenarien, mit denen sich Hansi Flick nicht beschäftigen muss. Noch kann er mit Alaba sein fußballerisches "Herzstück" als Abwehrchef aufstellen - und wird dies auch (am Abend) tun. Noch kann er seinen Fokus auf die sportlichen Herausforderungen richten, auf RB Salzburg. Und diese Herausforderung stuft der 55-Jährige also durchaus groß ein. "Die machen es schon über Jahre hinweg hervorragend. Sie haben eine moderne Spielidee und viele junge, tolle Spieler", lobte Flick das Modell seines ehemaligen Kurz-Arbeitgebers. 2006 arbeitete er mal für wenige Wochen unter Giovanni Trapattoni und mit Lothar Matthäus im Salzburger Trainerstab, ehe ihn der Lockruf von Bundestrainer Joachim Löw ereilte, doch sein Assistent zu werden. Eine gute Entscheidung. Eine erfolgreiche Geschichte. Das gilt auch (noch) für Alaba und den FC Bayern. Zumindest der Teil mit der erfolgreichen Geschichte.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen