Fußball

Wirbel um bizarre Abstoßszene Arsenals "Kinderfehler" macht den FC Bayern fassungslos

Thomas Tuchel versteht die Welt nicht mehr.

Thomas Tuchel versteht die Welt nicht mehr.

(Foto: IMAGO/Sports Press Photo)

In der Champions League zeigt der FC Bayern, was in ihm steckt: Beim FC Arsenal liefert die Mannschaft eine starke Leistung ab und erarbeitet sich eine glänzende Position für das Viertelfinal-Rückspiel. Trainer Thomas Tuchel lobt seine Spieler und schimpft auf den Schiedsrichter.

Unmittelbar nach dem Abpfiff hatte Thomas Tuchel gute Laune. Im Gespräch mit Leroy Sané und Gabriel Jesus konnte er nicht verbergen, wie gut ihm dieser Abend im Emirates Stadium gefallen hatte. Nach der Blamage in der Fußball-Bundesliga bei Aufsteiger 1. FC Heidenheim (2:3) hatte sich sein FC Bayern mächtig geschüttelt und in der Champions League plötzlich wieder das Spitzenteam-Gen in sich entdeckt. Das erste Duell mit dem FC Arsenal endete 2:2 (1:2), eine gute Ausgangsposition für das Viertelfinalrückspiel am nächsten Mittwoch (21 Uhr/DAZN und im ntv.de-Liveticker). Der Traum von einem versöhnlichen Ende der turbulenten Beziehung zwischen Tuchel und seinem Klub lebt weiter.

Und die Lage hätte für die sehr robusten und während des Spiels immer selbstbewussteren Münchner noch viel besser sein können. Wenn Kingsley Coman in der Nachspielzeit nicht nur den Pfosten getroffen hätte. Und wenn der auf diesem Niveau noch unerfahrene Schiedsrichter Glenn Nyberg in der zweiten Halbzeit einen weiteren Elfmeter für den FC Bayern gepfiffen hatte. Den ersten hatte es nach 32 Minuten gegeben. Leroy Sané war nach einem herausragenden Solo regelwidrig von William Saliba gestoppt worden. Harry Kane nutzte die Chance und stellte mit seinem 15. persönlichen Treffer gegen die "Gunners" auf 1:2. Das Spiel war gedreht.

Zunächst hatte Bukayo Saka mit einem tollen Treffer vorgelegt (12.), Serge Gnabry glich wenig später nach einem überragenden Konter der Münchner aus. Zwischendurch verhinderte Manuel Neuer gegen den freistehenden Ben White das mögliche 0:2. Was dann passiert wäre, möchte sich wohl kein Münchner ausmalen. So kippte das Spiel in Richtung der Gäste, die ohne Fans anreisen mussten. Diese waren nach mehreren Pyro-Vergehen für das Duell von der UEFA gesperrt worden. Von den zuvor hoch gehandelten "Gunners", Tabellenführer in der Premier League, kam danach offensiv nicht mehr viel. Fast all ihrer Bemühungen zerschellten an der bayrischen Mauer, die von Tuchel tief in der eigenen Hälfte aufgebaut worden war. Entsprechend zufrieden war der Coach mit der Leistung. Ein bisschen auch mit dem Ergebnis, aber gar nicht mit dem Schiedsrichter.

"Ganz neue Form der Regelauslegung"

Seine Mannschaft habe einen "glasklaren Handelfmeter" nicht bekommen, klagte Tuchel bei Prime Video. Er bezog sich auf eine Szene in der zweiten Halbzeit, in der Arsenal-Torwart David Raya einen Abstoß zu dem am Fünfmeterraum postierten Gabriel spielte. Der Brasilianer nahm den Ball mit der Hand auf, legte ihn wieder auf den Rasen und spielte ihn zu Raya zurück, das Spiel ging weiter. Die Bayern-Spieler schauen fragend zum Schiri, breiten ihre Arme aus, sind fassungslos. Was war da nur los?

Der Schiedsrichter hatte kurz vor der Ausführung des Abstoßes angepfiffen. Nyberg habe den Spielern gesagt, das sei ein Anfängerfehler ("kids mistake") gewesen und das pfeife er nicht in einem Viertelfinale, sagte Tuchel. "Das ist ja eine ganz neue Form der Regelauslegung. Es war ein hundertprozentiger Elfmeter, den wir nicht gekriegt haben. Einfach unglaublich." Auch bemängelte der sehr emotionale Coach, dass die Arsenal-Profis reklamieren konnten, "wie sie wollen". Nahezu alle "Kleinigkeiten gingen in eine Richtung, Körperkontakte wurden abgepfiffen". Die Entscheidungen des Schiedsrichters täten "auf diesem Niveau weh."

"Der klarste Elfmeter, den ich je gesehen habe"

Der ehemalige Bundesliga-Schiedsrichter und Amazon-Experte Lutz Wagner hielt bei der Einschätzung zur Hand-Szene dagegen. "Der Schiedsrichter hat in die Ausführung hinein gepfiffen. Er muss diesen Anstoß nicht pfeifen, hat es aber getan." Dieser Pfiff habe zur Irritation der Spieler beigetragen. Gabriel hätte den Ball mutmaßlich sonst niemals in die Hand genommen. Der Schiedsrichter habe dann die missverständliche Aktion schließlich zurückgenommen und noch mal ausführen lassen. Es sei zwar eine regelwidrige Szene gewesen, doch "so einen Strafstoß will der Fußball nicht", befand Wagner. Er erklärte, dass die Unparteiischen Abstöße nicht anpfeifen müssten. "Das ist vom Regelwerk so vorgeschrieben." Joshua Kimmich sah das anders, für ihn sei es kein "Kinderfehler, am Ende ist es spielentscheidend und bitter, dass wir ihn nicht bekommen haben". Noch deutlicher wurde Kane: "Das ist der klarste Elfmeter, den ich je gesehen habe."

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Auf Seite der Bayern war der andere späte Aufreger, als Bukayo Sako im Strafraum nach einem Kontakt mit Manuel Neuer in der Nachspielzeit im Strafraum zu Fall kam, nicht in diesem Maße ein Gesprächsthema. Nyberg entschied sich sichtbar klar gegen einen Elfmeter - und beendete die Partie wenig später recht abrupt. Diesen Elfmeter hätten die Gastgeber eine Woche vor dem Rückspiel in München wiederum sehr gerne gehabt. Tuchel sah das anders: "Ich habe einen Kontakt gesehen, aber viel zu spät. Der Ball war weg. Keine Chance mehr und er läuft in das Bein von Manu rein." Der Bayern-Trainer gestand aber ein, dass er aus der Distanz von 60 Metern zum Geschehen "auch falsch liegen" könne.

Hätte sich Nyberg die Szene nicht noch mal anschauen müssen? Er griff sich ans Ohr, erhielt aber offenbar kein Signal. Pikant: In der schwedischen Liga gibt es keinen VAR - womöglich fehlte die Erfahrung und Abstimmung mit Videoassistent Pol van Boekel, einem Niederländer. Kane sprach salomonisch von einer "fifty-fifty-Entscheidung" und ergänzte mit einem Schmunzeln: "Wenn das mein Team ist, würde ich den Elfmeter gerne haben wollen."

Quelle: ntv.de, tno

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