Fußball

Als Reaktion auf Degradierung Reynas Eltern verrieten US-Coach an den Verband

Gregg Berhalter und Giovanni Reyna hatten mal eine enge Beziehung.

Gregg Berhalter und Giovanni Reyna hatten mal eine enge Beziehung.

(Foto: IMAGO/ANP)

US-Nationaltrainer degradiert BVB-Profi Giovanni Reyna vor der Fußball-Weltmeisterschaft zum Ergänzungsspieler, nach dem Turnier macht er einen Fehltritt Reynas öffentlich. Die Eltern des Spielers reagieren mit etwas, das man als Erpressungsversuch verstehen kann.

Gregg Berhalter, der als Coach die Fußball-Nationalmannschaft der USA bei der Weltmeisterschaft in Katar im Dezember ins Achtelfinale geführt hatte, legte Anfang der Woche ein öffentliches Geständnis ab: Als 18-Jähriger habe er seiner heutigen Ehefrau Rosalind bei einem Streit gegen die Beine getreten. Das ist 31 Jahre her, die Berhalters sind seit über 25 Jahren verheiratet.

Der 49-jährige Berhalter hatte daraufhin gemeinsam mit seiner Ehefrau den Gang an die Öffentlichkeit gewählt: "Im Herbst 1991 lernte ich meine Seelenverwandte kennen. Wir waren seit vier Monaten zusammen, als sich ein Vorfall ereignete, der die Zukunft unserer Beziehung prägen sollte", schrieb Berhalter: "Eines Abends, als wir in einer Bar etwas tranken, hatten Rosalind und ich einen heftigen Streit, der sich draußen fortsetzte. Es wurde handgreiflich und ich trat ihr gegen die Beine. Es gibt keine Entschuldigung für mein Handeln an diesem Abend. Es war ein beschämender Moment, den ich bis heute bereue."

Die späte Offenbarung des ehemaligen Bundesligaprofis (Energie Cottbus und 1860 München) wirft Fragen auf, die Berhalter in einem langen Statement selbst beantwortet: "Während der Weltmeisterschaft kontaktierte eine Person den US-amerikanischen Verband und sagte, dass er/sie Informationen besäße, die mich 'zu Fall bringen würden'."

" ... so schlimm war es"

Inzwischen ist klar, dass es sich bei der "Person" um Danielle Reyna handelt. Reyna ist die Mutter von US-Nationalspieler Giovanni Reyna, der während der WM kurz vor der Suspendierung stand - und nach dem Ausscheiden von Berhalter öffentlich - wenn auch ohne Nennung des Namens - kritisiert worden war. Wie Berhalter bei einer Rede vor einer Gesellschaft zur Förderung von Führungskräften berichtete, hatte es bei der WM im US-Team "einen Spieler" gegeben, "der unsere Erwartungen auf und neben dem Feld eindeutig nicht erfüllt hat". Er und sein Stab hätten "stundenlang zusammengesessen und beraten, was wir mit diesem Spieler tun. Wir waren bereit, ihm ein Flugticket nach Hause zu buchen, so schlimm war es", sagte er.

Giovanni Reyna hatte bei der WM nur in zwei Spielen für insgesamt 52 Minuten auf dem Platz gestanden. Der Profi von Borussia Dortmund räumte ein, er habe sich ein paar Tage von seinen Gefühlen leiten lassen, nachdem ihm Berhalter vor der WM nur geringe Spielzeiten in Aussicht gestellt habe. Das habe auch seine Trainingsleistungen und sein Verhalten beeinflusst. "Ich habe mich bei meinen Mannschaftskameraden und meinem Trainer dafür entschuldigt, und man hat mir verziehen." Er sei "enttäuscht, dass über diese Angelegenheit weiterhin berichtet wird und ich bin äußerst überrascht, dass jemand aus dem Stab der US-Männermannschaft dazu beiträgt."

Giovanni Reynas Vater Claudio, einst Bundesligaprofi und selbst Kapitän des US-Teams, hatte zuvor schon offenbart, dass er über die Degradierung seines Sohnes durch Berhalter äußerst enttäuscht gewesen sei. "Während ich in Katar war, habe ich meine Frustration über die WM-Erfahrung meines Sohnes mit einer Reihe von engen Freunden geteilt, darunter Earnie und Brian McBride (Geschäftsführer des US-Verbandes - Anm. der Red.). Ich habe jedoch zu keiner Zeit irgendjemandem gedroht und würde dies auch nie tun", sagte er in seiner Erklärung vom Mittwoch.

"So viel Schlimmeres getan"

Danielle Reyna machte gegenüber dem Verband deutlich, dass die Enthüllungen von Berhalters Gewaltausbruch mit der Situation rund um ihren Sohn zu tun haben: "Ich fand es besonders unfair, dass Gio, der sich für sein unreifes Verhalten in Bezug auf seine Spielzeit entschuldigt hatte, immer noch durch den Dreck gezogen wurde, während Gregg um Verzeihung für etwas so viel Schlimmeres im gleichen Alter gebeten und diese auch erhalten hatte."

Danielle Reyna war zum Zeitpunkt des Vorfalls an der University of North Carolina die Mitbewohnerin von Berhalters heutiger Ehefrau. "Ohne ins Detail zu gehen, verharmlosen die gestrigen Aussagen den Missbrauch in der fraglichen Nacht erheblich. Rosalind Berhalter war meine Mitbewohnerin, Mannschaftskameradin und beste Freundin, und ich habe sie durch das Trauma hindurch unterstützt."

Sie habe "lange gebraucht, um Gregg zu verzeihen und ihn zu akzeptieren, aber ich habe hart daran gearbeitet, ihm Gnade zu gewähren, und schließlich beide und ihre Kinder zu einem wichtigen Teil meines Familienlebens gemacht. Ich hätte mir gewünscht und erwartet, dass er Gio die gleiche Gnade entgegenbringt. Deshalb ist die jetzige Situation so verletzend und hart." Gegenüber dem Fox-Sports-Reporter Doug McIntyre bestand Reyna jedoch darauf, es sei nie die Absicht des Ehepaares gewesen, "dass Gregg gefeuert wird (...) Wir haben zu keiner Zeit Drohungen ausgesprochen noch weiß ich von irgendeiner anderen Art von Erpressungsversuch".

Jahrzehntelange Freundschaft

Im vergangenen Juni hatte Berhalter in der "Gab & Juls Show" über das Verhältnis der Familien Berhalter und Reyna noch berichtet: "Unsere Familien sind sich sehr nahe. Wir sind sehr gute Freunde, und bei Gio gibt es Momente, in denen ich ihn ansehe und mir vorstelle, ihn auf das Feld zu stellen oder so. Es ist so vertraut. Du schaust auf etwas, das dir so vertraut ist, und das ist ein tolles Gefühl. Es ist fast so, als würde man ein Familienmitglied ins Spiel bringen. Das hat wirklich Spaß gemacht." Reyna Senior und Berhalter kennen sich seit Jahrzehnten, sie spielten in der Jugend und auf der Highschool zusammen, ihre jeweiligen Karrieren in der US-Nationalmannschaft überschnitten sich von 1994 bis 2006.

Er habe damals bereits die volle Verantwortung übernommen und kein Geheimnis aus seiner Verfehlung gemacht, beteuerte der ehemalige Profi von Energie Cottbus und 1860 München: "Obwohl die Behörden nie in diese Angelegenheit involviert waren, suchte ich freiwillig eine Beratung auf, um zu lernen, zu wachsen und mich zu verbessern - eine der wertvollsten Entscheidungen, die ich je getroffen habe. Bis heute hat sich ein solches Verhalten nicht wiederholt."

Der US-Verband hatte eine unabhängige Untersuchung eingeleitet. Man verurteile "jede Art von Gewalt und nimmt solche Anschuldigungen sehr ernst". Die Zukunft Berhalters ist nach dem Auslaufen seines Vertrages unklar. Sportdirektor Earnie Stewart erklärte am Mittwoch, dass ein neues Engagement als Nationaltrainer nach Abschluss der Untersuchungen nicht ausgeschlossen sei.

(Dieser Artikel wurde am Donnerstag, 05. Januar 2023 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de

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