Bundesliga finanziell abgehängt Bayern-Boss Kahn klagt über fehlende Einnahmen
23.03.2022, 08:41 Uhr
Oliver Kahn vor einem Bild von Superstar Robert Lewandowski.
(Foto: picture alliance / SvenSimon)
Vorstandschef Oliver Kahn hat die mangelnden Einnahmen der Bundesliga aus internationalen TV-Verträgen gegenüber der englischen Premier League beklagt. Dabei gehört Rekordmeister Bayern München weiterhin zu den umsatzstärksten Klubs Europas und ist allen anderen Bundesligisten längst enteilt.
Bayern-Boss Oliver Kahn hat sich in einem Zeitungsinterview über die ausbleibenden Einnahmen aus der Bundesliga-Auslandsvermarktung beklagt. Er sieht dadurch gravierende finanzielle Nachteile für die deutschen Vereine. "Hier ist ein erdrutschartiges Missverhältnis entstanden, und dafür braucht es Lösungen vonseiten der Bundesliga, wie diese gewaltige Differenz wieder verringert werden kann", sagte der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern München dem "Münchener Merkur" mit Blick auf die Differenz zur englischen Premier League.
"Aktuell betragen die jährlichen Einnahmen aus den internationalen TV-Verträgen der Bundesliga weniger als 150 Millionen Euro pro Jahr - die Premier League kassiert im gleichen Zeitraum mehr als zwei Milliarden Euro", erklärte Kahn. Nach neuen Abschlüssen mit NBC für die USA und NENT für Skandinavien erhält die Premier League für die Rechteperiode zwischen 2022 und 2025 insgesamt 5,3 Milliarden Pfund, also rund 6,41 Milliarden Euro. Erstmals in der Geschichte der Premier League, und auch erstmals in der Geschichte des Fußballs, übersteigen damit die Einnahmen aus der Auslandsvermarktung die Einnahmen aus den nationalen TV-Rechten einer Liga. Der im Februar veröffentliche UEFA Benchmark Report zeigt, dass die Bundesliga im Ausland nur 15 Prozent vom Inlandswert erzielt.
Der fehlende Wettbewerb an der Spitze, zahlreiche unattraktive Vereine für das Auslandspublikum, die beinahe vollkommene Abwesenheit von Superstars in der Bundesliga, der internationale Fokus auf die Champions League und die Premier League macht der deutschen Liga finanziell zu schaffen. "Die Premier League profitiert nun davon, dass sie schon in den 1990er-Jahren die ausländischen Märkte erschlossen hat", sagte im Februar Kieran Maguire, ein Fußballfinanzanalyst, der englischen "Times": "Die Premier League ist mit Abstand die populärste Liga der Welt."
Bayern gesteht Finanzprobleme
Dass der Rekordmeister sich inmitten der auslaufenden Pandemie einschränken muss, legten Aussagen von Bayern München Sportvorstand Hasan Salihamidžić nahe. Der hatte sich am vergangenen Wochenende zu den eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten im Rahmen der stockenden Vertragsverlängerungen der drei Vereinslegenden Manuel Neuer, Thomas Müller und Robert Lewandowski geäußert. "Wir müssen schauen, dass unsere Qualität in der Mannschaft und die wirtschaftliche Komponente zusammenpassen. Wir haben natürlich Pandemie, die ist immer noch. Wir haben immer noch nicht ein volles Stadion. Wir haben eine schwierige Phase, finanziell. Wir werden versuchen, unseren Weg zu gehen", hatte der Bosnier auf Sky gesagt.
Trotzdem fällt Bayern München vergleichsweise weich: Laut einer Analyse des seriösen Finanz-Blogs Swiss Ramble hat der FC Bayern München in der laufenden Saison der UEFA Champions League bereits 107 Millionen Euro eingenommen. Alle anderen deutschen Teilnehmer sind bereits ausgeschieden und kommen auf signifikant weniger Einnahmen. Demnach hat Borussia Dortmund 61 Millionen Euro, RB Leipzig 44 Millionen Euro und der VfL Wolfsburg 35 Millionen Euro verdient. Die Gelder setzten sich aus den Faktoren Antrittsprämien, Siegprämie, UEFA-Koeffizient und TV-Rechte zusammen.
England weit vorne
Neben dem sportlichen Erfolg, der Bayern München mit 38,3 Millionen Euro bislang beinahe 30 Millionen Euro mehr als Borussia Dortmund mit 9 Millionen Euro einbrachte, profitieren die Bayern von ihrem guten UEFA-Koeffizienten und höheren Einnahmen aus dem TV-Pool, der nach Abschlussplatzierung in der Bundesliga verteilt wird. Der Meister der vergangenen Saison erhält 40 Prozent der Antrittsgelder der TV-Veranstalter, der viertplatzierte Klub nur noch 10 Prozent.
Durch die jahrelange sportliche Konstanz und die neun Meisterschaften in Folge zählt Bayern München als einziger Bundesliga-Klub zur europäischen Finanz-Elite. Im erst diese Woche veröffentlichten Deloitte-Ranking zu den umsatzstärksten Fußball-Klubs Europas belegt Bayern München mit einem Umsatz von 611 Millionen Euro in der Saison 2020/2021 den dritten Platz, nur knapp hinter Manchester City (645 Mio.) und Real Madrid (641 Mio.).
Mit Borussia Dortmund befindet sich nur ein weiterer Klub unter den Top 20. Der ewige Liga-Zweite aus dem Ruhrgebiet konnte in der vergangenen Spielzeit 338 Millionen Euro umsetzen. Auch aufgrund der TV-Einnahmen befinden sich mit City, Manchester United, Liverpool, Chelsea, Tottenham, Leicester City, West Ham United, Wolverhampton Wanderers, Everton und Aston Villa gleich zehn Vereine unter den ersten 20 Klubs. Mit Newcastle United belegte ein zukünftiges finanzielles Schwergewicht im europäischen Fußball in der letzten Saison vor dem Einstieg Saudi-Arabiens nur Platz 28.
Quelle: ntv.de, sue