Salihamidžić lässt tief blicken "Schwierige Phase" zerrt massiv am FC Bayern
20.03.2022, 08:09 Uhr
Oliver Kahn muss sich in diesen Tagen verdammt oft rechtfertigen.
(Foto: IMAGO/MIS)
In der Fußball-Bundesliga ist der FC Bayern wieder in der Spur. Nach dem wilden Remis am vergangenen Spieltag gegen Hoffenheim wird Union Berlin nun amtlich aus der heimischen Arena gefegt. Natürlich auch dank Robert Lewandowski, der in München zum zehrenden Dauerthema wird.
Wäre der FC Bayern lediglich ein Hollywood-Film, dann würde man über seinen prominentesten Hauptdarsteller vermutlich Folgendes sagen: Dieser Robert Lewandowski ist ein verdammter Profi. Er erledigt jeden Auftrag. Und das mit bemerkenswerter Perfektion. Zum Beispiel an diesem Samstagabend. Als Union Berlin in der Münchner Arena zu Gast war, da schlug der Stürmer erneut gnadenlos zu. Gleich zweimal beim 4:0. Nach 27 Spieltagen steht er schon wieder bei 31 Toren in der Fußball-Bundesliga. Gut möglich, dass er seine Rekordmarke aus der vergangenen Saison am Ende dieser Spielzeit toppt. Da gelangen ihm 41 Treffer (in 29 Spielen!).
Was es über dieses Spiel zu sagen gibt? Nun: "Wir haben sehr gut gespielt, haben zusammengespielt - wir waren sehr effizient", urteilte der Münchner Kunstschütze Kingsley Coman, der über sein wunderbares Tor in der 16. Minute lächelnd sagte: "Das war Glück." Berlins Rani Khedira war bei Sky derweil arg enttäuscht über "drei Geschenke" an die Bayern. "Mit dem 3:0 ist das Spiel praktisch gelaufen." Und jetzt zurück zu Lewandowski.
Denn es scheint nach wie vor möglich, dass diese Saison die letzte ist, in der Robert Lewandowski im deutschen Oberhaus für pure Verzweiflung bei den Gegenspielern sorgt, die auch nach zwölf Jahren (vier davon für den BVB) immer noch keine permanente Lösung gefunden haben, um dieses Phänomen nachhaltig zu entschlüsseln. Die Sache ist nämlich so: Der Vertrag des mittlerweile 33 Jahre alten, aber nimmermüden Polen läuft Ende Juni 2023 aus (Ablöse gäbe es also nur noch in diesem Sommer), ebenso wie die Arbeitspapiere von Thomas Müller und Manuel Neuer. Wer sich mit dem FC Bayern ein wenig auskennt, der weiß: Das sind (bleiben wir doch in der Blockbuster-Sprache) verdammt wichtige Protagonisten.
Matthäus vs. FC Bayern
Faktisch lässt sich das natürlich auch unmittelbar belegen: Mit dem Erfolg gegen die Berliner hat Neuer einen Bundesliga-Rekord aufgestellt. Für den 35-Jährigen war es am Samstagabend der 311. Sieg in Deutschlands höchster Spielklasse. Trainer Julian Nagelsmann sprach von einem "Fabelrekord" des Kapitäns und versprach: "Er ist noch nicht am Ende." Neuer, der die ersten Liga-Siege seiner Karriere im Tor des FC Schalke 04 erzielt hatte, übertraf nun seinen aktuellen Vorgesetzten, den legendären Titan Oliver Kahn.
Jetzt hat sich in den vergangenen Wochen eine äußerst intensive Debatte um die Zukunft des Trios enthemmt. Der Meinungsführer der kritischen Beobachter: Lothar Matthäus. Die Gegenseite: Die Bosse des FC Bayern um Kahn und Hasan Salihamidžić. Der Kern der Auseinandersetzung: Warum zögern die Bosse bei den Verhandlungen mit Lewandowski und Co.? Die bislang bekannte Position der Münchner betonte Kahn am Samstagabend erneut im ZDF-Sportstudio: "Wir haben immer gesagt, dass wir uns zusammensetzen werden und dass das eine hohe Priorität bei uns hat. Das hat sich nicht verändert." Der 52-Jährige wies energisch den Vorwurf zurück, dass der Verein hinsichtlich der Gespräche mit den drei Routiniers "zögerlich" agiere.
Vertragsverhandlungen könne man aber nicht "mal kurz im Vorbeilaufen regeln", sagte Kahn. Auch die Spieler hätten gewisse Vorstellungen. Es sei darum "ein Prozess der Annäherung" nötig. Damit kommt man den Dingen in München noch etwas konkreter auf die Spur. Es ist alles nicht so leicht. Das hatte Salihamidžić bereits am späten Nachmittag, vor dem Anpfiff gegen Union, bei Sky verraten. Und das in seltener Deutlichkeit. "Wir müssen schauen, dass unsere Qualität in der Mannschaft und die wirtschaftliche Komponente zusammenpassen. Wir haben natürlich Pandemie, die ist immer noch. Wir haben immer noch nicht ein volles Stadion. Wir haben eine schwierige Phase, finanziell. Wir werden versuchen, unseren Weg zu gehen."
"Werden schon unseren Job machen"
Das ikonische Trio Lewandowski, Müller und Neuer zählt zu den Topverdienern im Münchner Kader. Eine Verlängerung über 2023 hinaus um jeweils zwei Jahre könnte den FC Bayern im Gesamtpaket womöglich bis zu 150 Millionen Euro kosten. Ob es ungeachtet der finanziellen Rahmenbedingungen bereits Gespräche gegeben hat, wollte Salihamidžić nicht verraten. "Wir werden schon unseren Job machen."
Unter der Woche hatte Matthäus die Bayern-Verantwortlichen für ihr Vorgehen kritisiert. Er sei verwundert, dass "nichts vorangeht", sagte der Rekord-Nationalspieler und schärfte die Debatte nochmal amtlich nach: "Den Umgang mit ihm verstehe ich nicht. Wenn man bis jetzt nicht mit Lewandowskis Seite Kontakt aufgenommen hat, finde ich das respektlos. Das wäre unter Uli Hoeneß oder Kalle Rummenigge undenkbar gewesen. Das Zwischenmenschliche ist nicht mehr so vorhanden wie früher!" Der FC Bayern könne sich glücklich schätzen, dass Robert Lewandowski so einen super Charakter habe und ein Vollprofi sei. "Er lässt sich nicht gehen."
Für seine verbale Attacke via "Sport Bild" war Matthäus von Kahn über den "Münchner Merkur" und der "tz" hart angegangen worden. "Lothar hat nach seiner Spieler- und Trainer-Karriere noch nie einen Verein geführt. Leider interpretiert er seine Rolle als guter Fußballexperte zuletzt immer mehr als Schlagzeilenlieferant. Er wäre gut beraten, nicht über Themen zu sprechen, für die ihm jede Innensicht fehlt." Und die sieht in der Welt von Kahn übrigens so aus: "Es gibt keinen Grund, den FC Bayern München zu verlassen, hier hat man alle Möglichkeiten. Die Spieler wissen, was sie am Klub haben."
Sie sind halt verdammte Profis...
Aber auch ungeachtet der Alphatier-Streitigkeiten gärt und zerrt vor allem das Thema an Lewandowski. Er möchte gerne wissen, wie es für ihn in München weitergeht. Zumal sich die Gerüchte über ein Interesse (und einen möglichen Transfer im Sommer) an Dortmunds Tormaschine Erling Haaland einfach nicht endgültig abwischen lassen. Der Pole soll Medienberichten zufolge zwischenzeitlich sehr überrascht über das Verhalten der Bosse gewesen sein. Er sei wegen der anhaltenden Funkstille sogar "ziemlich angefressen", hieß es etwa zuletzt im "Bild"-Podcast "Stammplatz". Auf ein Gesprächsangebot seines mächtigen Beraters, Pini Zahavi, sei die Vereinsführung bislang nicht eingegangen. Der Klub müsse "verdammt aufpassen", ihm drohe womöglich ein neuer Fall Alaba.
Trainer Julian Nagelsmann bekräftigte am Samstagabend erneut, dass sich alle im Verein "wünschen, dass die Spieler bleiben". Er habe auch keine gegenteiligen Signale von seinen drei Kapitänen erhalten. Sie sind eben verdammte Profis. Und ihretwegen ist der FC Bayern nach dem wilden Remis gegen Hoffenheim zuletzt (1:1) wieder in der Spur und hat im Titelduell mit seinem neuen, alten Verfolger Borussia Dortmund vorgelegt. Ob der BVB kontern kann? Sie erfahren es ab 19.30 Uhr in unserem ntv.de-Liveticker!
Quelle: ntv.de, tno